Zwergenbann: Roman
verstaut worden waren, fügte sie hinzu: »Wie Ihr seht, waren wir erfolgreich. Ich danke Euch für Eure Sorge um uns.«
Das war streng genommen keine Antwort auf die Frage, registrierte Thilus. Auch der Bürgermeister runzelte die Stirn. Er warf einen bezeichnenden Blick auf den Pfosten des Mehlstandes, an dem zähflüssig das Innere des geschleuderten Eis herabrann, und den beschmutzten Arbeiter.
»Das … freut mich«, sagte er zögernd, aber so laut, dass auch alle Umstehenden ihn hören konnten. »Es wäre mir äußerst unangenehm, wenn Ihr einen schlechten Eindruck von der Gastfreundschaft unserer kleinen Stadt erhalten würdet.«
»Sie kaufen alles auf, was wir ebenfalls dringend benötigen, und unsere Leute haben das Nachsehen«, ertönte ein Ruf aus der Menge. Ohne große Überraschung stellte Thilus fest, dass es sich um den Rothaarigen handelte, der schon von Anfang an versucht hatte, die Stimmung aufzuheizen.
»Satulo, natürlich, ich hätte mir denken können, dass du Nichtsnutz in diese Sache verwickelt bist. Komm her und sag mir ins Gesicht, was du vorzubringen hast«, befahl Lavinion.
Mit trotziger Miene trat der Rothaarige vor, aber auf einmal wirkte er wesentlich kleinlauter als bisher. Ohne den Schutz der Menge schien sein Mut ihn verlassen zu haben. Er hielt den Kopf gesenkt und vermied es, jemanden anzusehen. Es fiel Thilus schwer, das Alter von Menschen zu schätzen, aber es handelte sich auf jeden Fall um einen noch ziemlich jungen Mann, vielleicht trotz seiner Größe noch nicht einmal erwachsen.
»Also?«, fuhr der Bürgermeister ihn an. »Was hast du zu sagen?«
»Diese Zwerge … Sie kaufen den halben Markt leer«, stieß der Rothaarige hervor, noch immer intensiv in das Betrachten seiner eigenen Schuhe vertieft. »Und deshalb wird für uns alles teurer. Wenn sie überhaupt noch etwas übrig lassen, heißt das natürlich.«
»Wir haben das gleiche Recht, hier einzukaufen wie jeder andere auch«, sagte Tharlia.
»Aber nicht, wenn es zu unseren Lasten geht. Ist es da ein Wunder, dass wir sie nicht gerade mit Hochrufen begrüßen? Dies ist unsere Stadt!«
»Und was ist alles teurer geworden, wenn du doch so den Durchblick hast?«, erkundigte sich Lavinion.
»Ich, nun … Dafür gibt es viele Beispiele. Das Mehl hier beispielsweise. Bäcker Lartil erwähnte vorhin erst, dass es vor zwei Monaten nur acht Heller pro Sack gekostet hat, und jetzt hat er nicht mal für zwölf welches bekommen.«
»Dämlicher Bengel! Wenn du dich schon für so klug hältst, hast du dann auch mal daran gedacht, dass vor gerade drei Monaten das Frühgetreide geerntet wurde und es deshalb ein besonders großes Angebot gab, was den Preis nach unten gedrückt hat? Aber nein, du plapperst nur dummen, unausgegorenen Mist nach, den du irgendwo aufgeschnappt hast.«
»Trotzdem, das ist unsere Stadt«, beharrte Satulo nun mit einem Gesicht, das noch röter als seine Haare war, und mit deutlich mehr Trotz in der Stimme. »Wir brauchen keine Fremden hier, und schon gar keine Zwerge! Haben Sie uns etwa nicht schon genug angetan?«
Zustimmendes Gemurmel der Umstehenden wurde laut.
»Früher war Clairborn die größte und reichste Stadt in weitem Umkreis«, fuhr der Rotschopf mit seiner Tirade fort, durch die Zustimmung der Menge wieder etwas selbstsicherer geworden. »Und heute? Heute sind wir nur noch ein vergessenes Provinzkaff, seit diese Zwerge alle Karawanen, die früher in unsere Stadt kamen, vergrault haben.«
Thilus starrte ihn fassungslos an, konnte nicht glauben, was er da hörte. Heißer Zorn wallte in ihm auf, den er nicht zu unterdrücken vermochte.
»Das … das ist ja wohl der größte Blödsinn, den ich je gehört habe«, platzte er heraus und erntete dafür einen mahnenden Blick Tharlias, doch er war so empört, dass er nicht mehr länger an sich halten konnte. »Clairborn wurde doch überhaupt nur wegen seiner Nähe zu Elan-Dhor so reich, weil die Karawanen hier rasteten, die zu uns unterwegs waren. Und dass sie heute nicht mehr kommen, liegt sicherlich nicht daran, dass wir sie vergrault haben, sondern daran, dass unsere Minen nahezu erschöpft sind. Wir haben bestimmt nicht aus böswilliger Absicht, nur um Clairborn zu schaden, auf unseren eigenen Wohlstand verzichtet. Es kann ja wohl niemand so dumm sein, so etwas Idiotisches zu glauben!«
Bereits während er sprach, ertönten missbilligende Pfiffe und Schmährufe, die sich jetzt noch steigerten und erst wieder verstummten, als auf einen
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