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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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sich ihnen bot.
    Vor ihnen öffnete sich der Wald zu einer kreisrunden, bestimmt eine halbe Meile durchmessenden Lichtung, gleichmäßig gewölbt wie eine Eierschale. Ringsum erstreckten sich Wald und Unterholz wie eine glatte Mauer, doch auf dem Hügel wuchs kein einziger Grashalm, geschweige denn anderes Unkraut, sondern nur samtiges, dunkelgrünes Moos.
    Auf der Kuppe des Hügels erhoben sich drei gewaltige, offenkundig bereits uralte Bäume mit glatter, sehr heller Rinde und Stämmen, die so gleichmäßig gewachsen waren, dass sie fast wie künstlich geschaffene Säulen wirkten. Und in gewisser Weise besaßen sie auch genau diese Funktion, denn sie bildeten die Stützpfeiler eines zwischen ihnen errichteten runden Turms, in dessen Außenmauern sie eingearbeitet waren.
    Etwas Vergleichbares hatte Warlon noch niemals gesehen und auch gar nicht für möglich gehalten. Wie konnte man etwas Lebendes wie Bäume, die wuchsen und ihre Form veränderten, in ein Bauwerk einarbeiten? Und doch war genau das geschehen. Bei allen drei Bäumen zweigten die Äste in gleicher Höhe ab und strebten einander entgegen, sodass sie sich miteinander verflochten und auf den ersten Blick fast wie Balken in einem Fachwerk wirkten, die das Mauerwerk aus weißem Stein trugen. Auch Steine wie diese hatte Warlon noch nie zuvor gesehen.
    »Das … das ist unglaublich«, murmelte er.
    »Wunderschön«, ergänzte Ailin, und damit hatte sie ebenfalls recht.
    Die scheinbar fugenlos zusammengefügten Steine waren nicht einfach nur glatt, sondern mit zahllosen Reliefs verziert, außerdem gab es einige kleine Erker und mehrere Rundbogenfenster. Der obere Teil des Turms wurde von den Strahlen der bereits tief über dem Horizont hängenden Sonne rötlich-golden gefärbt und seine Spitze von den ineinander gewachsenen Blätterkronen der drei Bäume wie von einem Dach überschattet.

    Ein sanfter Wind strich über die Lichtung. Nach der stickigen Schwüle im Wald kam die Luft Warlon doppelt frisch und klar vor. Tief atmete er ein.
    »Wer hat diesen Turm erbaut?«, wollte Lokin wissen. Er blickte sich um. »Wohnt jemand darin, oder wer sonst hält das alles hier in Ordnung?«
    »Niemand hält es in Ordnung«, behauptete Malcorion. »Dieser Platz wurde einst von den Elben angelegt, und etwas von ihrer Magie ist hier immer noch wirksam. Dies ist Elem-Tenit, der Turm des Waldes. Eines der wenigen Bauwerke der Elben, das noch in seinem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist, eine Erinnerung an die Glanzzeit dieses einst so mächtigen Volkes.«
    »Und was …«, begann Lokin, doch Malcorion fiel ihm ins Wort:
    »Später, uns bleibt nicht mehr viel Zeit, bis es dunkel wird. Wenn wir heute Nacht ein Feuer haben wollen, müssen wir Brennholz suchen. Ich schlage vor, dass du und Warlon das erledigt. Ailin und ich werden in der Zwischenzeit alles vorbereiten. Lasst eure Rucksäcke hier, wir kümmern uns darum.«
    »Wird gemacht.« Warlon ließ seinen Rucksack auf den Boden gleiten und klopfte auf den Stil seiner Axt. »Das wird nicht länger als ein paar Minuten dauern.«
    »Auf keinen Fall!«, rief der Waldläufer erschrocken. »Ihr dürft eure Äxte unter keinen Umständen benutzen. Es … würde euch nicht gut bekommen. Sammelt nur totes Holz auf, das am Boden liegt, hört ihr? Ihr dürft auf keinen Fall eure Äxte an einen Baum legen, nicht einmal, um einzelne Äste abzuschlagen!«
    »Also gut, wenn du darauf bestehst …« Warlon zuckte verwundert die Achseln, drehte sich um und kehrte zusammen mit Lokin in die grüne Hölle zurück. »Verstehst du, was er damit meint?«
    »Nein«, erwiderte Lokin. Er klang verärgert. »Aber das ist nur eine von vielen Fragen, die er uns hoffentlich nachher beantworten wird.«

    Der Ausblick von der Spitze des Turms war atemberaubend. Er überragte sämtliche Bäume außerhalb der Lichtung, so dass man einen freien Blick in alle Richtungen hatte, doch was er zu sehen bekam, deprimierte Warlon auch ein wenig. Wie ein gewellter Teppich breitete sich im letzten Licht der bereits halb versunkenen Sonne das Blätterdach des Waldes scheinbar endlos in nördlicher, westlicher und östlicher Richtung vor ihm aus und verschmolz in der Ferne mit dem Horizont. Vereinzelt stieg Nebel wie weißer Rauch daraus auf.
    Lediglich im Süden, der Richtung, aus der sie gekommen waren, war jenseits der Baumwipfel noch freies, flaches Land zu sehen. Aus der Höhe betrachtet kam ihm der Streifen Wald, den sie mit einem Gewaltmarsch an einem

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