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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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endlos langen Tag bewältigt hatten, geradezu kümmerlich vor. Gleichzeitig ließ ihn die unglaubliche Weite um ihn herum, an die sich wohl niemand jemals gewöhnen konnte, der sein ganzes bisheriges Leben in Felshöhlen unter der Erde verbracht hatte, schaudern.
    »Steigen wir wieder hinunter«, sagte er beklommen. Lokin nickte nur stumm, und hintereinander begannen sie, die gewundene Treppe im Inneren des Turms hinabzugehen.
    Während sie Holz gesammelt hatten, war Malcorion bereits mit Ailin auf den Turm gestiegen. Auch die beiden Zwerge hatten es sich nach ihrer Rückkehr nicht nehmen lassen, den Ausblick zu genießen, aber jetzt freute sich Warlon darauf, sich endlich ausruhen zu können.
    Als sie den runden, knapp ein halbes Dutzend Schritte durchmessenden Raum am Fuß der Treppe, die den einzigen Zugang darstellte, wieder erreichten, hatte Malcorion bereits ein munter flackerndes Feuer im Kamin entfacht. An einem Stock hing darüber ein Topf, aus dem der Duft einer würzigen Suppe aufstieg. Vor dem Kamin lagen Tierfelle auf dem Boden.
    »Früher habe ich des Öfteren hier übernachtet und deshalb einiges hergeschafft, das mir den Aufenthalt angenehmer gemacht hat«, berichtete der Waldläufer lächelnd, als er Warlons überraschten
Blick bemerkte. »Kommt, setzt euch, nach dem anstrengenden Marsch wird euch eine heiße Suppe gut tun und eure Lebensgeister wieder stärken. Sie ist bald fertig.«
    »Du hast mehrere seltsame Andeutungen über den Wald gemacht, die du uns näher erklären wolltest«, erinnerte Lokin, nachdem er genau wie Warlon neben Ailin und dem Waldläufer auf den Fellen Platz genommen hatte. »Warum durften wir nicht einfach ein paar Äste von den Bäumen abhacken, sondern sollten mühsam totes Holz zusammensuchen? Und jetzt sag nicht, weil es besser brennt.«
    »Nein, darum geht es nicht, auch wenn es ebenfalls zutrifft«, erwiderte Malcorion bedächtig, holte seinen Tabakbeutel heraus und begann eine Pfeife zu stopfen. »Es ist schwierig zu erklären. Elem-Laan ist … ein besonderer Wald und nicht mit anderen Wäldern zu vergleichen. Er ist nicht nur groß und alt, er ist der mit Abstand größte und älteste Wald in der bekannten Welt, und es gibt so viele Mythen über ihn, dass niemand mehr genau weiß, wo die Grenze zwischen Legende und Wahrheit verläuft. Man sagt, er hätte eine eigene Seele und einen eigenen Willen. Manche behaupten sogar, dass die Bäume sich bewegen.«
    »Bewegen?«, wiederholte Warlon ungläubig und runzelte die Stirn. »Aber das ist …«
    »... Unsinn, natürlich«, vollendete Malcorion den Satz. »Kein Baum kann seine Wurzeln so einfach aus der Erde ziehen und sich aus eigener Kraft an einen anderen Ort verpflanzen. Die Geschichten über Bäume, die ihre Position verändern, um Wanderer in die Irre zu locken, oder sie gar mit ihren Zweigen umschlingen und töten, sind ebensolche Ammenmärchen wie die von riesigen, pflanzenähnlichen Baumhirten, die durch die Wälder streifen. Hübsche Geschichten, um sie am Lagerfeuer zu erzählen, aber eben auch nicht mehr, also habt keine Angst.«
    »Aber wenn die Bäume uns nichts tun können, warum hätte es uns dann schlecht bekommen können, wenn wir Zweige für Brennholz abgehackt hätten?«, hakte Warlon nach.

    Malcorion nahm einen brennenden Span aus der Feuerstelle und entzündete seine Pfeife damit.
    »Die Sache ist nicht ganz so einfach, wie sie vielleicht aussieht. Ein einzelner Baum besitzt kein Bewusstsein und kann niemandem etwas antun, aber wenn so ungeheuer viele zusammenkommen wie hier im Finsterwald … Ihr mögt darüber lächeln, aber Elem-Laan besitzt tatsächlich so etwas wie einen eigenen Willen. Ihr habt gefragt, ob es keine Straßen hindurch gibt. Natürlich hat man oft genug versucht, welche anzulegen, um die langen Umwege zu vermeiden, aber jeder Versuch ist gescheitert. Man hat Bäume gefällt, um breite Schneisen zu schlagen, aber wo immer dies geschah, begann schnell wachsendes Unterholz so dicht zu wuchern, dass der Anfang der Schneisen bereits wieder zugewachsen war, kaum dass man sie ein paar Meilen weit getrieben hatte. Und selbst wenn es gelänge, eine Schneise durch die gesamte Breite des Waldes zu schlagen, wären Hunderte Holzfäller jeden Tag allein damit beschäftigt, die Straße frei von Dickicht zu halten. Alle entsprechenden Bemühungen wurden schließlich aufgegeben.«
    »Aber es sind doch nur Pflanzen!«, stieß Lokin hervor. »Du hast selbst gesagt, dass sie kein eigenes

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