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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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es jedoch geschehen sollte, dann wollte er vor Ort sein und mithelfen, sie zurückzuschlagen, um als Held in die Geschichte seines Volkes einzugehen.
    Diese Möglichkeit aber war ihm durch den wöchentlichen Wechsel der Besatzung des Militärpostens genommen worden, und es würde mindestens einen Monat dauern, bis er wieder dorthin durfte. Bis dahin war er dazu verurteilt, stattdessen hier Wache zu schieben und - wenn überhaupt - höchstens ein paar Raubtiere zu verscheuchen, was wenig Ehre versprach.
    Missmutig starrte er zu den Luanen hinüber, die auf ihrer von einem schlichten Holzzaun umgebenen Weide grasten oder vor sich hin dösten und in der Dunkelheit nur als undeutliche schwarze Flecken zu erkennen waren.
    Leise Stimmen drangen an sein Ohr und näherten sich. Eine der Patrouillen, die zusätzlich zu den fest stationierten Wachen ihre Runden drehten. Die Glücklichen waren wenigstens zu zweit, aber auch Orwan freute sich jedes Mal, auf diese Art wenigstens kurz von seiner Langeweile befreit zu werden. Eine vorbeikommende Patrouille bot die einzige Abwechslung während der Wache. Er stand auf und ging den beiden Schemen, die sich vor ihm aus der Dunkelheit schälten, ein paar Schritte entgegen.
    »Na, tun euch nicht allmählich die Füße weh?«, scherzte er.
    »Und dir dein Hintern vom faul herumsitzen?«, gab einer der Krieger zurück. »So gut wie du hätten wir es auch gerne.«

    Orwan lachte pflichtschuldig. Auch die Patrouillengänger schoben in regelmäßigen Abständen allein Wache und wussten, wie lang und vor allem langweilig es werden konnte. Meist nahmen sie sich deshalb einen Moment Zeit für eine kurze Plauderei, ehe sie zum nächsten Posten weiterzogen.
    »Morgen könnt ihr euch dafür ausruhen, während ich laufen muss«, scherzte er.
    »Das können wir allerdings, und sogar noch wesentlich gemütlicher als du heute, denn morgen haben wir frei«, bekam er grinsend zur Antwort.
    Orwan verzog das Gesicht. Sie wechselten noch einige Worte miteinander, dann zogen die beiden Krieger weiter, und er blieb wieder allein zurück. Er blickte ihnen noch nach, bis sie im Dunkel der Nacht verschwunden waren, ehe er den friedlich vor sich hin dösenden Luanen einen fast hasserfüllten Blick zuwarf und sich erneut setzte. Seine Schicht war noch nicht einmal zur Hälfte vorbei, und es würde nun gut eine Stunde dauern, bis die nächste Patrouille vorbeikam und etwas Abwechslung brachte.
    Wenn wenigstens in der Ferne ein paar Wölfe heulen würden oder einige der grauen Biester so dumm wären, sich in die Nähe der Weide zu trauen! Aber nein, es herrschte nahezu Totenstille, und keinerlei Hinweis auf eine noch so geringe Gefahr wollte sich zeigen.
    Sehnsüchtig blickte Orwan nach Süden, wo einen knappen Tagesmarsch entfernt der nun vom Mantel der Nacht verborgene Tharakol aufragte. Der wöchentliche Wechsel der im Militärposten stationierten Truppen war eigentlich ein Entgegenkommen an die Soldaten, damit sie in dieser schwierigen Zeit nicht zu lange von ihren Familien getrennt waren. Für die meisten mochte dies auch zutreffen, nicht jedoch für ihn, da er weder eine Frau noch Kinder und zurzeit sogar nicht einmal eine Gefährtin hatte, zu der es ihn hinzog.
    Und was seine Verwandten aus dem Hause Terenis betraf, so begegnete er sogar lieber einem Dunkelelben, als dass er es mit
ihnen zu tun bekam. Deshalb hielt er sich in seiner freien Zeit auch wesentlich lieber in den Kasernen auf als im neuen, derzeit noch teilweise im Bau befindlichen Stammsitz seiner Familie. Wenn er eines Tages heiratete, würde er Terenis noch am gleichen Tag den Rücken kehren und ein eigenes Haus gründen. Trotz - oder gerade wegen - des großen Einflusses seiner Familie waren die meisten seiner Verwandten in seinen Augen kaum besser als die Wölfe hier an der Oberfläche. Sie strebten nur nach immer größerer Macht, hatten selbst in Zeiten wie diesen lediglich ihren eigenen Vorteil anstelle des Gemeinwohls im Auge. Das hatten sie während der Evakuierung von Elan-Dhor bewiesen, als sie ebenso wie die Angehörigen der anderen großen Häuser nur darauf bedacht gewesen waren, möglichst viel von ihrem Besitz in Sicherheit zu bringen, wohingegen die überwiegende Zahl der Bewohner Elan-Dhors den allergrößten Teil ihrer Habe hatte zurücklassen müssen und nun noch bedeutend ärmer als vorher war.
    Nein, Sehnsucht nach seiner Familie verspürte Orwan kein bisschen. Er hatte sogar ausdrücklich darum gebeten, länger am Tharakol

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