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Zwergenbann: Roman

Zwergenbann: Roman

Titel: Zwergenbann: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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unmittelbare Gefahr einer Hungersnot für Elan-Tart abgewehrt, aber für sie selbst wurde die Lage dadurch noch schwieriger.

    Da es den Tätern nicht darum gegangen war, sich an dem Vieh zu bereichern, handelte sich nicht um einen Diebstahl, der sich mit Unterstützung von Clairborns Bürgermeister Lavinion und der Stadtgarde vermutlich schnell hätte aufklären lassen. Anscheinend waren die Unbekannten klug genug gewesen, diese Möglichkeit einzuplanen.
    Die logische Folgerung war, dass es sich um einen reinen Sabotageakt handelte. Sie hatten sich nicht bereichern, sondern dem Zwergenvolk einfach schaden wollen. Das würde es nicht nur ungleich schwieriger machen, die Täter zu ermitteln - die psychologische Wirkung der Tat war auch eine viel schlimmere. Verbrechen kamen bei den Menschen häufig vor, in seltenen Fällen sogar innerhalb der Zwergengemeinschaft. Tharlia brauchte nur an Lokin zu denken, den Dieb und Schmuggler. Hätte es sich um einen simplen Raub gehandelt, würde sich die Kriegerkaste und auch der Rest des Volkes vielleicht damit zufriedengeben, wenn Lavinion die Täter entlarvte, und sie durch ein Gericht der Menschen verurteilt würden, womit der Gerechtigkeit Genüge getan wäre.
    So jedoch handelte es sich bei der Tat um eben das, was Loton von Anfang an vermutet hatte: einen kriegerischen Angriff auf Elan-Tart. Die Kriegerkaste würde sich nicht damit begnügen, dass die Täter in ein Gefängnis in Clairborn gesteckt und womöglich schon bald wieder freigelassen wurden. Sie würde verlangen, dass sie getreu den alten Gesetzen durch ein Militärtribunal der Zwerge abgeurteilt wurden, vor allem, falls Orwan sterben sollte.
    Trotz der Bemühungen der Heiler stand es nicht gut um ihn. Sein Schlüsselbein war zertrümmert, vor allem aber war seine Schädeldecke durch einen harten Hieb mit einer Waffe gebrochen. Selbst wenn er überlebte, würde er an den Folgen dieser Verletzungen sein Leben lang leiden. Das konnte nur mit dem Blut derer gerächt werden, die ihm dies angetan hatten.
    Früh am nächsten Morgen machte sich Tharlia auf den Weg
nach Clairborn. Diesmal jedoch begnügte sie sich nicht mit einer kleinen Leibwache, sondern in ihrer Begleitung befand sich eine Eskorte aus dreißig Zwergenkriegern, ausschließlich altgedienten Veteranen, von denen man anders als bei jungen Heißspornen erwarten konnte, dass sie auch in einer schwierigen Situation Ruhe bewahrten. Alle waren bis an die Zähne bewaffnet und mit Kettenhemden und stählernen Harnischen gepanzert, als würden sie in den Krieg ziehen; eine gezielte Demonstration von Stärke.
    Erneut hatte sie Thilus das Kommando übertragen. Bei ihrem letzten Besuch in Clairborn hatte sie ihn damit für seine Tapferkeit am Tharakol belohnen wollen, doch sein besonnenes Handeln während des Eklats auf dem Markplatz hatte sie beeindruckt. Das war umso erstaunlicher, da bei Erkundigungen, die sie über ihn eingeholt hatte, Ruhe und Zurückhaltung nicht zu den Eigenschaften gehörten, mit denen man ihn beschrieben hatte. Ganz im Gegenteil galt er als aufbrausend und jähzornig, vor allem, wenn er sich wegen seiner Behinderung zurückgesetzt fühlte, aber anscheinend hatte er sich geändert.
    Tharlia vertraute jedoch eher ihrem eigenen Urteilsvermögen und dem, was sie selbst erlebt hatte, als den Worten anderer, und so war sie zu dem Schluss gekommen, dass Thilus genau der Richtige für diese Aufgabe war. Trotz des martialischen Aufzugs ihrer Eskorte war ihre heutige Mission äußerst heikel. Sie musste einerseits Stärke zeigen, durfte aber trotzdem keine Gewalttätigkeiten provozieren, deshalb brauchte sie jemanden wie ihn, der sein Temperament zügeln und notfalls auch die anderen Krieger im Zaum halten konnte.
    Sie ging nicht nach Clairborn, um einen Krieg zu beginnen, sondern um ihn zu verhindern.
    Wie üblich wurde das Tor von zwei Männern der Stadtgarde bewacht. Träge stützten sie sich auf ihre Hellebarden, die zu diesem Zweck ungleich besser zu taugen schienen als zur Abschreckung. Als sie die heranrückenden Zwerge entdeckten, war
es mit ihrer Ruhe jedoch schlagartig vorbei. Einige Sekunden lang rissen sie ungläubig die Augen auf, dann drehte sich einer von ihnen um und hastete durch das offene Tor, vermutlich, um Alarm zu schlagen. Knapp eine Minute später folgte ihm auch der zweite Posten, bevor sich die Torflügel knarrend schlossen.
    Tharlia hatte nichts anderes erwartet. Ihre schwer bewaffnete Eskorte zeigte überdeutlich, dass sie

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