Zwergenblut: Roman
Thir-Ailith aufnehmen, daran änderte auch die Unterstützung der Elben nichts. Selbst deren Krieger hatten viel von ihrer Überheblichkeit verloren, seit sie nun zum ersten Mal mit ihren finsteren Brüdern zusammengetroffen waren und erlebt hatten, welch schreckliche Gegner diese waren, ihnen selbst zumindest ebenbürtig.
Langsam, fast widerwillig nickte Nariala.
»Ich fürchte, das ist alles, was wir machen können. Aber dies ist weder der Ort noch die Zeit, dies zu besprechen, sondern wir werden unser weiteres Vorgehen später mit Königin Tharlia beratschlagen. Jetzt haben wir einen Auftrag zu erfüllen. Oder wollt Ihr Euch weigern, mir weiterhin zu folgen, Lhiuvan?«
Einen Moment lang zögerte der Elbenkrieger und warf einen Blick auf Aliriels Leichnam, dann schüttelte er den Kopf und trat einen Schritt zurück.
»Nein«, sagte er leise und verneigte sich. »Ich werde Euren Anweisungen gehorchen, Herrin.« Er zögerte erneut einen Augenblick, dann richtete er noch einmal das Wort
an die Magierin: »Aber wir können nicht einfach so weitergehen. Was ist mit unseren Brüdern und Schwestern an der Oberfläche? Auch sie schweben in Gefahr, wenn die Abtrünnigen sich sehr wohl fremden Blicken zu entziehen vermögen. Sie müssen gewarnt werden.«
»Das werden sie, obwohl ich befürchte, dass sie dieses Wissen bereits auf weit schlimmerem Wege erhalten haben.« Nariala wechselte einige Worte mit den anderen Magiern und den Verwundeten, die sich inzwischen wieder erhoben hatten. »Calerion und Gahliran sind zu stark verletzt, um uns bei unserer Mission noch von Nutzen zu sein. Sie werden umkehren und berichten, was geschehen ist. Es muss sofort eine Suche nach entkommenen Thir-Ailith gestartet werden.«
Durch den Streit mit den Elben war Thilus noch gar nicht dazugekommen, über das nachzudenken, was geschehen war, und welche Konsequenzen es hatte. Dass im Gegensatz zu Barloks Erfahrungen auch die Dunkelelben von Zarkhadul die Fähigkeit besaßen, sich unsichtbar zu machen, war ihm bislang lediglich als eine zusätzliche Schwierigkeit bei ihrer Mission erschienen. Erst in diesem Moment begann er zu begreifen, was es bedeutete, dass während und nach der Schlacht der Zugang nach Zarkhadul stundenlang offen und unbewacht gewesen war.
»Ich glaube nicht, dass der Dunkelelb Euch willkürlich angegriffen hat, Majestät«, sagte Warlon. »Er wusste genau, wer Ihr seid, und hat ganz gezielt Euch als Opfer ausgewählt. Das zeigt die gesamte Art seines Vorgehens. Er hat hinter Eurem Zelt gelauert und darauf gewartet, dass Ihr es betretet.«
»Traut Ihr diesen Ungeheuern damit nicht ein bisschen
zu viel zu?«, entgegnete Tharlia. »Sie sind zweifellos schreckliche Krieger, die in der Schlacht ohne jede Rücksicht auf ihr eigenes Leben kämpfen, aber von besonders großer Planung und Intelligenz scheint mir ihr Verhalten nicht zu zeugen.«
»Ich habe nicht das Gefühl, dass ihre Intelligenz während der Zeit ihrer Verbannung gelitten hat. Obwohl sie sich verändert und dem Leben unter der Erde angepasst haben, sind sie immer noch Elben. Nichts für ungut, das soll keine Kränkung darstellen.« Warlon machte eine beschwichtigende Geste in Richtung der beiden Elbenmagierinnen und des Elbenkriegers Thularan, die neben der Königin und ihm selbst, Barlok, Vizegeneral Nagaron als Oberbefehlshaber des Menschenheeres sowie dem Kriegsmeister und Mitglied des Hohen Rates Loton an der Beratung teilnahmen. Sutis, das zweite Ratsmitglied der Kriegerkaste, organisierte derweil die Suche nach weiteren Dunkelelben. Von jeweils einer Priesterin begleitete Kriegertrupps hatten bereits damit begonnen, das gesamte Feldlager zu durchkämmen.
»Jedenfalls beweist das Verhalten des Dunkelelben, der unserer Expedition gefolgt ist, ein sehr planvolles Vorgehen«, fuhr Warlon fort. »Die Thir-Ailith hassen nichts mehr als das Volk der Hochelben, dem sie ihre Gefangenschaft verdanken. Sie trachten unter allen Umständen nach Rache, und dieser Dunkelelb hatte erkannt, dass wir nach dem goldenen Tal suchten. In der Hoffnung, dass wir ihn geradewegs zu den Feinden seines Volkes führen, hat er uns nicht angegriffen, sondern sich darauf beschränkt, uns im Verborgenen zu folgen, und hat unsere Mission sogar begünstigt. Als Malcorion seine Familie nicht verlassen wollte und sich weigerte, uns zu führen, hat der Dunkelelb seine Frau und seine Kinder ermordet. Sonst wäre unsere Expedition
vermutlich gescheitert, und wir säßen jetzt nicht hier,
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