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Zwergenfluch: Roman

Zwergenfluch: Roman

Titel: Zwergenfluch: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Rehfeld
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verstand.
    Schon nach nur zwei Schritten verharrte er jedoch wieder. Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen wurde er Zeuge, wie ein nur für einen Sekundenbruchteil durch ein Aufblitzen vage sichtbares Schwert auf den Thronfolger zuraste. Es trennte ihm mit solcher Wucht den Kopf von den Schultern, dass dieser noch meterweit durch die Luft gewirbelt wurde, ehe er schließlich zu Boden fiel.

7
    DER UNSICHTBARE TOD
    »Bist ein braves Tier«, murmelte Toluran und kraulte die Luane, die ihn immer wieder auffordernd mit ihren Nüstern anstieß, hinter den Ohren. »Aber jetzt ist es genug. Geh und friss etwas Gras. In ein paar Stunden ist es Zeit zum Melken.« Er versetzte dem Tier einen letzten Klaps, und gehorsam trottete es davon. Toluran blickte ihm lächelnd nach.
    Aufgrund seiner Ansichten betrachtete er sich als einen völligen Außenseiter innerhalb der Zwergengemeinde - eine Einschätzung, die auch von denen, die ihn kannten, geteilt wurde. Er besaß keine Freunde, und selbst innerhalb des Hauses Walortan wurde er weitgehend gemieden, als wäre er ein Aussätziger. Allerdings machte ihm dies nicht das Mindeste aus. Im Gegenteil, er war sogar stolz darauf und würde es gar nicht anders wollen. Toluran hätte nicht einmal gewusst, worüber er sich mit anderen unterhalten sollte.
    Anders als offenbar sämtliche übrigen Bewohner Elan-Dhors, zumindest die männlichen und ganz besonders die Mitglieder der Arbeiterkaste, der auch er selbst angehörte, machte er sich nichts aus toten Dingen. Felsen, die verschiedenen Gesteinsarten, Erze, Metalle und sogar Edelsteine ließen ihn ebenso kalt wie ihre Verarbeitung zu Schmuckstücken, Waffen und dergleichen mehr.

    Sicherlich, sie bildeten die Grundlage des Staatsgefüges, in dem er lebte. Dennoch konnte er all dem nichts abgewinnen und auch nicht verstehen, wie andere darüber so in Begeisterung geraten konnten. Ihn langweilten sie nur.
    Obwohl es völlig untypisch für Zwerge war, galt seine große Leidenschaft allem Lebenden, vor allem Tieren und Pflanzen. Manchmal bedauerte er, dass er ausgerechnet als Zwerg geboren war und nicht als Angehöriger irgendeines Volkes, das an der Oberfläche lebte. Naturgemäß gab es nur wenige und zudem meist wenig abwechslungsreiche Pflanzen wie das Glühmoos in der Tiefenwelt unter dem Schattengebirge, und noch weniger Tiere, sah man von Schädlingen wie Ratten und wilden Bestien wie den Zarkhanen und ähnlichen Ungeheuern ab, denen selbst Toluran nicht begegnen wollte.
    Schon oft hatte er deshalb mit dem Gedanken gespielt, Elan-Dhor zu verlassen und an die Oberfläche zu gehen, wo es mehr Pflanzen- und Tierarten geben sollte, als er sich überhaupt nur vorstellen konnte. Abgesehen von einigen kurzen Ausflügen hatte Toluran jedoch nie den Mut für einen solchen Schritt aufgebracht. Er mochte für Zwerge ungewöhnliche Eigenarten und Leidenschaften haben und den Kontakt mit anderen so gut es ging meiden, aber seine Furcht, die Sicherheit Elan-Dhors zu verlassen, war größer als seine Neugier. An der Oberfläche gab es nicht nur eine üppige Fauna und Flora, sondern auch andere Völker, vor allem Menschen. Wollte er nicht völlig allein und schutzlos bleiben, würde er dort unter ihnen leben müssen, und dieser Gedanke schreckte ihn ab.
    Trotz aller Widrigkeiten hatte Toluran jedoch einen Weg gefunden, auch in der Tiefenwelt seiner Leidenschaft nachzugehen. Er war Luanen-Hüter geworden.

    Zufrieden mit sich und seinem inzwischen fast dreihundertjährigen Leben saß er auf einem Felsen, genoss die Ruhe und den Frieden um sich herum und ließ seinen Blick über die Herde schweifen. An der Oberfläche herrschte jetzt Nacht, sodass abgesehen vom schwachen Schein des Mondes kaum Licht durch die Schächte hereindrang. Das Glühmoos an der Decke und in unregelmäßigen Abständen an den Wänden und den Tropfsteinsäulen brennende Lampen verbreiteten jedoch genügend Helligkeit, dass er die gesamte Höhle überblicken konnte.
    Besonders glitt sein Blick immer wieder zu einem jungen Muttertier und seinem Nachwuchs, bei dessen Geburt er selbst erst vor kaum einer Stunde mitgeholfen hatte. Beide waren offensichtlich wohlauf. Die Mutter hatte sich von der Geburt gut erholt, und das Jungtier fühlte sich bereits recht sicher auf seinen kurzen Beinen und vollführte wilde Sprünge.
    In Momenten wie diesen hätte Toluran nirgendwo anders sein wollen. Wenn er alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwog, hätte er es kaum besser treffen

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