Zwergenfluch: Roman
verweigerte.
»He, hört mal her, wisst ihr, was heute Nacht in den Hellhöhlen passiert ist?« Ein junger Arbeiter war aufgeregt in die Schenke gestürmt. »Der alte Toluran ist tot! Muss völlig durchgedreht sein. Hat vor seinem Tod noch drei Luanen erschlagen, darunter ein Jungtier, das er erst kurz zuvor auf die Welt geholt hat. Danach hat ihn die Herde zu Tode getrampelt. Seine Ablösung hat es gerade erst entdeckt.«
»Das musste ja mal so kommen. Ich wusste immer, dass der Kerl verrückt ist«, kommentierte einer der Zecher.
»Wer interessiert sich schon mehr für Pflanzen und Tiere als für ein ehrliches Handwerk und verrichtet deshalb freiwillig Frauenarbeit?«, pflichtete ihm ein anderer bei. »Allerdings habe ich ihn bisher nur für einen harmlosen Spinner gehalten. Kann mir gar nicht vorstellen, dass er seine geliebten Tiere erschlägt.«
Andere Stimmen meldeten sich zu Wort, und überall in der Schankstube brachen Diskussionen aus. Barlok beteiligte sich nicht daran, hörte nicht einmal zu, was die anderen spekulierten oder angeblich schon lange gewusst hatten.
Er kannte Toluran nicht persönlich, hatte aber wie wohl jeder in Elan-Dhor von dem seltsamen Kauz gehört, der als einziger Mann als Luanen-Hüter in den Hellhöhlen arbeitete. Es hieß, er würde die Tiere lieben und pflegen, und das besser als jede Frau. Barlok gehörte nicht zu denen, die es für natürlich hielten, dass ein Zwerg einfach so ohne Grund plötzlich wahnsinnig wurde, nur weil er zuvor schon ein paar sonderbare Interessen und Eigenarten gehabt hatte. Es erschien ihm kaum vorstellbar, dass jemand wie Toluran seine geliebten Tiere tötete. Noch merkwürdiger jedoch war, dass die gewöhnlich äußerst behäbigen und phlegmatischen Luanen daraufhin so in Panik geraten sein sollten, dass sie ihn niedergetrampelt hatten.
Irgendetwas stimmte an der Geschichte nicht, und obwohl dergleichen nicht zu seinen Aufgaben gehörte, beschloss Barlok, sich selbst ein Bild davon zu machen. Er trank seinen Wein aus, legte eine Münze auf den Tisch und verließ den Drachentrunk , ohne auf sein Wechselgeld zu warten.
Die Hellhöhlen lagen fast genau am entgegengesetzten Ende der Stadt. Barlok durchquerte die Bereiche, in denen Getreide und andere Nutzpflanzen angebaut wurden, und näherte sich der etwas abseits liegenden Luanen-Höhle. Zahlreiche Zwerge, hauptsächlich die hier arbeitenden Frauen, drängten sich vor dem Eingang, wo zwei Angehörige der Stadtgarde postiert waren, um die Schaulustigen am weiteren Vordringen zu hindern. Als sie Barlok erblickten, grüßten die beiden Krieger ehrerbietig und ließen ihn ohne Protest passieren.
Im Inneren der Höhle hielten sich weitere Gardisten auf. Die meisten waren damit beschäftigt, die nun wieder friedlich grasenden Luanen in einem Bereich der Höhle zusammenzutreiben
und dafür zu sorgen, dass sie auch dort blieben. Nahe der hinteren Wand lagen zwei der getöteten Tiere. Ein Offizier der Garde deckte gerade ein Tuch über den Leichnam Tolurans. Dicht neben ihm lag das tote Jungtier. Es war schrecklich zugerichtet, offenbar war die Herde auch darüber hinweggetrampelt. Gestorben war es jedoch an einer großen Wunde, die in seiner Seite klaffte.
Barlok trat auf den Offizier zu. Als dieser sich umwandte, erkannte er, dass es sich um Torliok handelte, einen in seinen Augen äußerst fähigen Krieger, mit dem er schon mehrfach auf einen Becher Wein zusammengesessen hatte.
»Tragische Sache«, kommentierte er, nachdem sie sich begrüßt hatten. »Hätte ich von Toluran nicht erwartet. Aber warum interessierst du dich dafür?«
»Ich habe gerade von dem Unglück erfahren und kann mir auch nur schwer vorstellen, dass der Alte zu so etwas fähig ist. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mir gern selbst ein Bild von der Sache machen.«
»Meinetwegen«, stimmte Torliok achselzuckend zu. »Aber ich wüsste nicht, was es hier groß zu untersuchen gibt. Der Sachverhalt ist eigentlich völlig klar. Anscheinend hat der Alte den Verstand verloren und hat drei Luanen mit seinem Schwert getötet.«
»Einfach so?«
»Muss wohl so sein. Die Frauen, die in den vorderen Höhlen gearbeitet haben, erklären übereinstimmend, dass seit dem Abend niemand außer ihm hergekommen wäre.«
»Zumindest haben sie niemanden gesehen«, sagte Barlok.
»Sie behaupten, sie hätten auf jeden Fall bemerkt, wenn jemand an ihnen vorbeigekommen wäre. Toluran war allein, also muss er die Tiere getötet haben, denn die
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