Zwergenfluch: Roman
Bosheit ragte das Ungeheuer über ihm auf, und ohne zu überlegen schlug er im Liegen instinktiv noch einmal mit der Axt zu. Diesmal hatte er auf den Unterleib der Bestie gezielt, das einzige Ziel, das sich ihm bot, und er konnte es selbst kaum fassen, als die Schneide der Axt die hier offenbar viel dünneren Schuppen fast mühelos durchdrang und sich tief in den Körper des Monsters grub. Schwarzes Blut schoss aus der Wunde und besudelte ihn.
Die Axt wurde Warlon aus den Händen gerissen. Mit dem Mut der Verzweiflung rollte er sich bis an die Wand des Stollens, gerade noch rechtzeitig, ehe der Koloss sich noch einmal aufbäumte und zurückwich. Die schrecklichen Krallen eines Beines gruben sich kaum eine Armlänge neben ihm in den Boden. Hätte er nur einen kurzen Moment gezögert, hätte die Bestie ihn unter sich zermalmt.
Mühsam nach Atem ringend, sprang Warlon auf. Seine Begleiter kamen herbeigeeilt und schlugen wild auf den riesigen Körper ein. Das Ungeheuer war zwar verwundet, aber das schien seine Wut eher noch zu steigern.
Plötzlich schoss etwas wie ein schwarzer Schatten an ihnen
vorbei und sprang den Zarkhan in selbstmörderischer Manier an.
»Ailin!«, schrie Warlon und konnte kaum glauben, was er sah. Die Priesterin hatte den unteren Teil ihres Gewandes eingerissen, um mehr Bewegungsfreiheit zu bekommen. Die unebenen Panzerschuppen und dornigen Stacheln boten ihren Händen und Füßen genug Halt, dass sie blitzschnell und mit kaum vorstellbarer Geschmeidigkeit am Leib des Ungeheuers in die Höhe kletterte und bis auf seinen Rücken gelangte. Dort verharrte sie einen Moment, ehe sie sich mit tänzerischer Leichtigkeit auf seinen Kopf zubewegte. Am Hals angelangt, ließ sie sich auf die Knie sinken, zog ihr Schwert und bewies, dass sie durchaus damit umzugehen verstand, indem sie es zielsicher wieder und wieder auf dieselbe Stelle niedersausen ließ.
Erneut bäumte der Zarkhan sich brüllend auf, aber diesmal krallte Warlon sich an einer der Schuppen fest und ließ sich mit in die Höhe heben. Wesentlich weniger elegant als Ailin folgte er ihrem Beispiel, gelangte auf den Rücken der Bestie und kroch bis zu der Priesterin vor.
Diese hatte ihre Taktik inzwischen geändert, da der massive Panzer auch ihren wildesten Hieben widerstand. Stattdessen rammte sie ihre Klinge nun beidhändig immer wieder mit aller Kraft in die schmalen Lücken zwischen den Hornschuppen am Hals der Kreatur. Dunkles Blut quoll aus den Wunden und strömte an den Flanken des Ungeheuers hinab.
Warlon verfuhr ebenso, rammte sein Schwert zwischen die Panzerschuppen. Tief drang die Klinge ein. Mit seinem ganzen Gewicht stemmte Warlon sich auf den Griff, trieb das Schwert tiefer und tiefer, bis es bis zum Heft im Leib der Bestie steckte.
In rasendem Schmerz warf sie sich hin und her, und genau wie Ailin musste er seine ganze Kraft aufbieten, um sich an dem Schwertgriff festzuklammern und nicht von ihrem Rücken geschleudert zu werden. Die anderen beiden Krieger hatten keine Chance mehr, in den Kampf einzugreifen, mussten vor dem blindwütig umhertobenden Zarkhan zurückweichen.
Mehrfach trieben Warlon und Ailin ihre Schwerter tief in den Hals des Zarkhan. Allmählich verloren seine Bewegungen an Kraft und sein Brüllen klang immer schmerzerfüllter und kläglicher. Mit einem letzten Zucken blieb er schließlich leblos liegen.
Aber auch Warlon war am Ende seiner Kräfte angelangt. Nur mit Mühe gelang es ihm noch, von dem riesigen Kadaver herunterzuklettern, ohne zu stürzen. Malot und Silon mussten ihn stützen, als er den Boden erreichte - er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Es schien keine Stelle seines Körpers zu geben, die nicht weh tat, doch schien er sich wenigstens keine ernsthaften Verletzungen zugezogen zu haben.
Auch Ailin keuchte vor Erschöpfung, war aber dennoch in wesentlich besserer Verfassung als er.
»Wo habt Ihr das bloß gelernt?«, presste er mühsam hervor.
»Zu unserer Ausbildung gehört nicht nur das Beten«, erwiderte sie spöttisch. »Vor allem Tharlia war stets der Meinung, dass eine Priesterin mit einem gesunden, gut durchtrainierten Körper auch ihre geistigen Fähigkeiten wesentlich besser entwickeln kann. Seit sie das Amt der Hohepriesterin angetreten hat, steht deshalb auch das Besiegen eines Zarkhan auf unserem Lehrplan.«
Warlon zwang sich zu einem Lächeln und winkte ab. Es
dauerte mehrere Minuten, bis er wieder einigermaßen zu Kräften kam und sein hämmernder Herzschlag sich
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