Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge
Ara-Duun, die durch zahllose Rampen und Gänge miteinander verbunden waren.
Lirandil und Tomli wurden in den Palast geführt, die Menge musste vor dem Tor bleiben. Tomli drehte sich noch einmal um und sah, wie die Bürger der Stadt ihn anstarrten. Sie erwarteten Dinge von ihm, die er kaum zu erfüllen vermochte. Selbst Meister Saradul hätte es mit den Leviathanen nicht ohne Weiteres aufnehmen können. Schließlich war es nicht damit getan, sie mit Steinen zu bewerfen, wie es ein paar der Stadtbewohner offenbar glaubten.
Lirandil schien Tomlis Gedanken zu erraten, denn er sagte zu ihm: »Denk nicht darüber nach, was andere von dir wollen, Tomli. Versuch stattdessen das zu tun, von dem du glaubst, dass es das Richtige ist.«
»Wenn ich das nur wüsste«, seufzte der Zwergenjunge.
»Ich bin überzeugt, dass du es erkennen wirst, wenn es so weit ist.«
»Es war nur Glück, dass ich das Mauerstück daran hindern konnte, all die Leute zu erschlagen.«
»Das würde ich dem Fürsten so allerdings nicht sagen«, mahnte Lirandil.
Tomli und Lirandil wurden durch einen langen, breiten Gang und ein hohes Säulenportal in einen riesigen Saal geführt.
Goldene Leuchter hingen von der Decke, aber es steckten keine Kerzen in den dafür vorgesehenen Fassungen, sondern Leuchtsteine, die der Fürst für viel Geld aus Ara-Duun hatte herbeischaffen lassen. Ihr schimmerndes Licht erfüllte den Saal.
Der Fürst konnte noch nicht sehr lange regieren, denn er war ein recht junger Mann. Rechts und links neben seinem breiten Thron standen Palastwachen mit Hellebarden.
Der Hauptmann sank auf ein Knie und verbeugte sich tief. »Tomli der Magier und sein Begleiter. Von ihm glauben die Leute auf der Straße, dass er die Stadt vor den Leviathanen retten kann.«
Der Fürst erhob sich von seinem Thron. Er war prächtig gekleidet und trug eine goldene Kette um den Hals, deren Anhänger das Symbol mit den zwei Schiffen zeigte, das Zeichen der Stadt Hiros. An seinem Gürtel baumelte ein Dolch, dessen Griff mit Edelsteinen besetzt war, und an jedem seiner Finger steckte ein goldener Ring.
Er hatte eine tellerförmige Lederkappe auf dem Kopf, und sein Spitzbart war grün gefärbt, was in den vornehmen Kreisen von Hiros zurzeit Mode war. Tomli hoffte nur, dass diese Gepflogenheit nicht bis nach Ara-Duun vordrang und auf die Zwerge übergriff.
»Man berichtet Wunderdinge über dich«, sagte der Fürst zu ihm. Dann wandte er sich Lirandil zu, musterte ihn von oben bis unten und fuhr fort: »Sowohl Zwerge als auch Elben kommen nur selten nach Hiros. Aber mein Großvater erzählte mir von einem Elben, der einige Jahre hier in der Stadt gelebt hat und der ihm so manchen guten Dienst leistete. Häufig war er in Begleitung eines Whanur-Kindes.«
»Das Whanur-Kind ist heute der Wirt der Herberge ›Zur letzten Hoffnung‹«, erklärte Lirandil.
Der Fürst schaute ihn durchdringend an. »So seid Ihr tatsächlich dieser Elb, von dem mein Großvater sprach?«
»Ja, ich bin Lirandil der Fährtensucher.« Er griff in eine Tasche an seinem Gürtel und holte ein bronzenes Amulett hervor. »Dies hat er mir einst gegeben.«
Der Fürst nahm es entgegen. »Es ist das Namensamulett meines Großvaters«, stellte er fest. »Ihr wisst, dass der Name eines Fürsten von Hiros nicht mehr ausgesprochen werden darf, sobald er seine Herrschaft angetreten hat?«
Lirandil nickte. »Ja, das ist mir durchaus bekannt.«
»Er ist von diesem Zeitpunkt an nur noch ›Der Fürst von Hiros‹, sonst nichts.«
»Euer Großvater gab mir das Amulett für die Dienste, die ich ihm erwies. Unter anderem verhandelte ich für ihn mit den Wüsten-Orks und brachte eine Einigung mit den Sandlingern zustande, derzufolge am Stadtrand nichts angepflanzt werden darf, sodass die Wüstenschiffe bis fast an die Stadttore heranfahren können.«
»Mein Vater sagte mir einst, dass ich einem Elben mein Vertrauen schenken soll, wenn dieser mir gegenüber ein bestimmtes Wort erwähnt«, sagte der junge Fürst. »Es ist der Beweis, dass es sich tatsächlich um jenen Elben handelt, der schon meinem Großvater diente.«
»Das Wort lautet ›Sandblume‹«, erklärte Lirandil. »Aber ich bin mit jeder anderen Überprüfung meiner Person und Glaubwürdigkeit einverstanden.«
Doch der Fürst schüttelte den Kopf und seufzte erleichtert. »Ich habe große Hoffnung, dass Ihr die verfluchten Leviathane verjagen könnt – oder Euer kleiner bärtiger Freund hier«, fügte er hinzu.
»Ich kann mit den
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