Zwergenzwist im Monsterland
Krankheit zu denken, hatte der Zauberer die junge Hexe vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren versucht. Er war wahrhaftig ein großer Zauberer. Wie oft hatte er mich aus vergleichbaren Gefahren gerettet? Diesem Gedanken folgte ungebeten ein anderer. Wie würde ich die kommende Reise ohne Ebenezum an meiner Seite überleben?
Ich wollte mich wieder Norei zuwenden und mit ihr über meine Zweifel sprechen. Aber meine Liebste war nirgendwo in der Nähe zu sehen. War es soweit gekommen? Hatte ich Norei endgültig verloren? Mußte ich für immer allein über die Welt wandern, ohne eine mitfühlende Seele, bei der ich mein schweres Herz ausschütten konnte?
Zu meinen Füßen ertönte eine kleine Explosion.
»Ein fröhliches Hallo nach Schuhbert-Art!« jubilierte eine schrille Stimme. »Du hast nicht zufälligerweise meinen Studenten gesehen?«
»Deinen Studenten?« Erst nachdem mir die Frage entschlüpft war, fiel mir ein, daß er nur Snarks meinen konnte.
»Ja, den grünen Kerl«, antwortete der Schuhbert und erhärtete damit meinen Verdacht. »Der Schuft hatte mich in die Schusterei der Universität geführt. Ich kann dir sagen, die Zeit verfliegt geradezu beim Betrachten wirklich guter Schuhe. Und sie sind auch noch alle magisch!« Der Schuhbert pfiff anerkennend vor sich hin. »Da gab es ein paar rubinrote Pantöffelchen, die mir wirklich den Atem…«
Etwas kitzelte mich an der Kehle. Es war ein Messer, das sich am Ende eines Armes befand, der wiederum zu Parasito gehörte, dem großen, stummen Mitglied der Vushtaer Lehrlingsgilde.
»Was für eine Überraschung!« sagte Miseratto. Er zog seine Kappe und verbeugte sich, wie ich fand, in reichlich affektierter Weise. »Dich hier in der Universität direkt nach einem Kampf zu finden. Was für ein glücklicher Zufall! Ich glaube, wir hatten unsere Diskussion noch nicht ganz beendet.«
Ein riesiger Schatten verdeckte das Sonnenlicht. Ich blickte in Stupidos grinsendes Gesicht.
»Ja«, sagte der Koloß. »Disko – uh, Diksus…« Er schluckte. »Ja«, versuchte er es von neuem. »Beendet.«
»Wir glauben weiterhin«, fuhr Miseratto mit übertrieben wirkender Freundlichkeit fort, »daß einem speziellen Freund von uns gerade die Adern durchgepustet worden sind, und er deshalb zu deiner Rettung verspätet erscheinen dürfte.«
»Ja«, kicherte Stupido, »Rettung.«
»Und so haben wir gewartet, bis der Hof sich etwas geleert hatte, um noch einmal mit dir zu reden«, fuhr Miseratto fort.
Ich schielte um mich, soweit das Messer an meiner Kehle mir Raum dazu ließ. Es stimmte. Meine unmittelbare Umgebung sah recht verlassen aus. »Dann hielten wir den Zeitpunkt für gekommen, dich an unsere kleine Aufgabe zu erinnern: sofortige Heilung für unsere Meister oder vierhundert Goldstücke in bar, zahlbar…«
»He«, ertönte ein dünnes Stimmchen neben meinem Fuß. »Wirst du von diesen Typen angemacht?«
»Huch?« Miseratto drehte sich um. »Was war das denn?« In ihrer Hast hatten sie offensichtlich meinen kleinen Gefährten übersehen. Miseratto sah nach unten. »Was ist denn das für ein Kriechtier?«
»Ein Kriechtier mit Schuhbertschubkraft!« kam die stolze Antwort.
Miseratto begann zu lachen. »Ganz gleich, über welche Verteidigung ein Kriechtier verfügt, das Ergebnis ist immer das gleiche: Matsch!«
»Ja.« Ein Leuchten erhellte Stupidos geistdurchflutetes Antlitz, als er seinen Fuß hob. »Matsch!«
Der Schuhbert begann zu tanzen, das kleine Gesicht vor Konzentration verzerrt. Die Schnürsenkel von Stupidos erhobenem Stiefel schlangen sich um die Arme des Mannes.
Der riesenhafte Lehrling verlor daraufhin sein Gleichgewicht und landete mit einem bemerkenswerten Krachen auf dem Boden.
»Was ist passiert?« wollte Miseratto wissen.
»Ja«, Stupido kämpfte hart mit den Wörtern, die einfach keinen Satz bilden wollten. »Was… urk… Stiefel… öh, Knoten. Nein, aufknoten!« Er deutete glücklich auf seinen Stiefel, befriedigt darüber, das richtige Wort gefunden zu haben.
»Was?« wiederholte Miseratto ungläubig. »Egal, wir werden das später regeln, nachdem Parasito sich etwas von unserem Lehrling hier genommen hat. Etwas, was dich an uns erinnert, Wuntvor, zur Sicherheit – sagen wir ein Stück von deinem Ohr.«
Der Druck von Parasitos Messer gegen meine Kehle verstärkte sich.
»Keine Bange«, fügte Miseratto hinzu, »du kriegst es wieder, wenn du die vierhundert in Gold abgeliefert hast.« Er räusperte sich und lächelte dann. »Sagte
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