Zwergenzwist im Monsterland
ich vierhundert? Ein kleines Versehen. Es muß natürlich fünfhundert heißen! Parasito, würdest du bitte?«
»Nie und nimmer, solange ein Schuhbert in der Nähe ist!« schrie Tap triumphierend.
»Was?« Miserattos Stimme war mit einem Anflug von Panik unterlegt. »Was passiert mit meinen Schuhen?«
»Ja«, sagte Stupido heiser. »Aufknoten!«
Und genau das geschah mit Miserattos Stiefeln. Die Schnürsenkel schienen sich aus eigener Kraft zu lösen. Das Messer ruhte nicht länger an meiner Kehle, so daß ich den Kopf frei bewegen konnte. An Parasitos und Stupidos Fußbekleidung vollführte sich das gleiche Schauspiel. Sechs Schnürsenkel hatten sich gelöst, streckten sich auf das Dreifache ihrer ursprünglichen Länge und stießen die Hände der Lehrlinge beiseite, als sie die Bänder zu ergreifen suchten. Dann trafen sich die Schnürsenkel und bildeten neue Knoten, so daß Miseratto, Stupido und Parasito durch ihre Stiefel auf kameradschaftliche Weise miteinander verbunden waren.
»Ich warne dich!« schrie Miseratto, während ihm die Füße weggezogen wurden. »Heilung für unsere Meister oder sechshundert Goldstücke!«
Die sechs Stiefel begannen auf und ab zu tanzen.
»Sagte ich sechshundert? Siebenhundert!«
Das Tanzen nahm an Intensität zu.
»Achthundert!« Miseratto, Stupido und Parasito hakten sich unter, um nicht umzufallen. Die Schuhe entfernten sich tanzend von dem Schuhbert und mir. »Nein! Tausend!« Die Höhe der einzelnen Sprünge nahm zu, und die drei hopsten über den Hof. »Morgen bei Mondaufgang, oder es wird dir wirklich leid tun!«
Als die drei Lehrlinge das Ende des Innenhofes erreicht hatten, sandte sie der letzte Sprung direkt über die Große Halle.
»Tausend sind nicht genug!« Miseratto schrie mit aller Kraft. »Zwölf…«
Dann wurden ihre Stimmen endlich abgeschnitten.
»Was wird mit ihnen geschehen?« fragte ich den Schuhbert.
»Vielleicht erreichen sie den Großen Kanal«, antwortete der Schuhbert. »Und dort werden sie versinken.« Er grinste breit. »Na, ist das Schuhbert-Power?«
Ich konnte dem kleinen Kerl nur zustimmen. Er konnte mit Schuhen wirklich umgehen.
»Wuntvor!«
Die Stimme meines Meisters ertönte über den Platz. Er kam auf mich zu, seine Magierkollegen im Schlepptau. Die Masse der Helden und magischen Kreaturen ergoß sich ebenfalls wieder in den Innenhof, allerdings versuchte Snarks, kaum daß er Tap erspäht hatte, möglichst unauffällig mit der Umgebung zu verschmelzen: Zufälligerweise befand sich jederzeit ein Busch oder ein Felsen zwischen ihm und dem Schuhbert.
Mein Meister hielt ein paar Schritte vor mir an.
»Es ist Zeit für unsere Entscheidung«, begann er.
»In der Tat?« fragte ich.
»In der Tat«, pflichtete er mir bei. »Höre gut zu, Lehrling, was in den nächsten Minuten gesagt wird, denn dein Leben wird aller Wahrscheinlichkeit nach davon abhängen.«
Kapitel Sieben
Der arbeitsame Magier wird sich eines schönen Tages mit den Schattenseiten des Lebens konfrontiert sehen. Angenommen, er hat einen Auftrag angenommen und muß zu seinem Leidwesen feststellen, daß auch der Erzfeind seines Auftraggebers, den er bekämpfen sollte, einen Magier angeheuert hat. Der erfahrene Magier, ohnehin gegen jede Eventualität gewappnet, wird seine Anstrengungen verdoppeln, während er mystische Barrieren gegen den anderen Zauberer erstellt.
Nun hat der Feind Assassinen angeworben und mit verzauberten Waffen versehen, die unseren hypothetischen Magier auf der Stelle töten könnten. Der gut vorbereitete Magier wird in solchen Fällen jene Reserven in sich erwecken, die er sich in langen Jahren der Übung angelegt hat.
Aber nun wird es wirklich gefährlich. Die Entdeckung, daß in den Diensten des Feindes eine Dämonenherde steht, wirft in unserem Freund die Frage auf: Was nun?
Ab erstes gilt: Keine Panik! Denke daran, einen kühlen Kopf zu bewahren, und erinnere dich an diese Worte, die bereits zu allen Zeiten Zauberern in vergleichbaren Situationen weitergeholfen haben: Im Zweifelsfall fliehen!
aus: – LEHREN DES EBENEZUM, Band LXXXII
So war also endlich der Augenblick, der Entscheidung gekommen. Ich war erleichtert. Endlich konnte ich all die lästigen kleinen Dinge, die sich ereignet hatten, hinter mir lassen, um mich ganz auf meine Queste zu konzentrieren.
»Verschwinde von mir!« schrillte Snarks.
»Du vermagst höchstens, das Unausweichliche ein wenig hinauszuzögern«, erwiderte der Schuhbert ruhig, während er den
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