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Zweyer, Jan - Rainer Esch 01

Zweyer, Jan - Rainer Esch 01

Titel: Zweyer, Jan - Rainer Esch 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glück ab Glück auf
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und hatten von dort durch die Büsche hindurch einen freien Blick auf das, was Kaya für eine Tankstelle gehalten hatte. Der Bürocontainer war von ihrem Standort nur teilweise einzusehen; dessen Eingangstür wurde durch eine Hallenecke verdeckt.
    »Los, hier rein«, sagte Esch und zwängte sich unter das Gehölz. Kaya folgte ihm, rutschte auf dem glitschigen Boden aus, geriet ins Stolpern und stieß heftig gegen einen Busch.
    Regenwasser lief herab und beiden in den Nacken.
    »Verdammt, kannst du nicht aufpassen?« knurrte Rainer.
     
    »Meinst du, nur bei dir regnet’s?« blaffte Cengiz zurück.
    »Wir hätten einen Regenschirm mitnehmen sollen. Hier wird man ja naß bis auf die Knochen.«
    »Das hättest du dir eher überlegen sollen. Weißt du eigentlich, wie spät es ist?« Cengiz sah auf seine Armbanduhr.
    »Kurz vor halb eins. Wenn wir Pech haben, sind wir um fünf noch hier.«
    Und sie hatten Pech. Zusammengekauert hockten sie unter den Büschen, die gegen den immer stärker werdenden Regen keinen Schutz boten. Sie waren völlig durchnäßt.
    Nach zwei Stunden hatte die Feuchtigkeit Eschs Zigaretten erreicht. Er versuchte mehrmals, eine Reval anzuzünden, deren Zigarettenpapier aber so aufgeweicht war, daß ihm die Kippe zwischen den Fingern zerbröselte.
    »Rauchen ist eh ungesund«, spottete der Türke.
    »Halt die Schnauze.«
    »Is ja gut. Reg dich ab. Hab ich nicht so gemeint.«
    Sie schwiegen wieder. Rainer fragte sich ernsthaft, ob eine Frau wie Stefanie es wert war, elend an einer Lungenentzündung zu krepieren. Kaya plagten ähnlich düstere Gedanken. Sicher waren sich beide darin, daß ihre Überlebenschancen mit jeder Minute, die sie sich länger im Unterholz aufhielten, drastisch sanken.
    Der Deutsche brach sein Schweigen zuerst. »Wie lange sitzen wir jetzt hier? Vier Stunden.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Noch ‘ne Stunde, und meine Haut schält sich ab. Feuchtigkeitsschaden. Kommt sonst nur bei dem Versuch vor, den Ärmelkanal schwimmend zu durchqueren.
    Außerdem brauch ich ‘ne Zichte, einen heißen Tee und ‘nen Brandy. So ‘ne Scheiße. Und ich Idiot komme selbst noch auf die Idee. Du hättest mich ruhig davon abhalten können.«
    »Wie du richtig bemerktest, war es dein toller Einfall. Nur um bei Stefanie Boden gutzumachen, stimmt’s?«
     
    »Und warum läßt du dich auf den Mist hier ein? Könnten ähnliche Beweggründe dazu geführt haben, daß du hier mitmachst?«
    Cengiz fühlte sich ertappt und antwortete nicht.
    »Volltreffer. Mitten ins Schwarze. Der Kandidat hat hundert Punkte.« Esch wischte sich zum hundertsten Mal die Wassertropfen von der Stirn. »Hab ich mir doch gedacht.« Ein Kloß entstand in seinem Hals. Er würgte ihn hinunter. »Komm, ehrlich. Hast du was mit ihr?« Jetzt war es raus. Die nächsten Sekunden entschieden über sein Leben.
    »Du bist wirklich ein Arschloch«, antwortete der Türke.
    Rainer stand auf, baute sich drohend vor Kaya auf und schrie ihn wütend an: »Noch so ‘ne Bemerkung, und ich werde ausländerfeindlich. Der Konflikt um Zypern ist gemessen an dem, was dir dann blüht, ein Hochzeitsspaziergang.«
    Kaya zahlte mit gleicher Münze zurück: »Dann schlag doch zu, wenn das die einzige Antwort ist, die dir einfällt, du fleischgewordene teutonische Sekundärtugend. Du hast ein Machogehabe drauf, dagegen ist jeder Caféhausbesitzer in Ankara ein Waisenknabe. Du hast Probleme mit Stefanie, und der einzige Grund dafür kann natürlich nur ein anderer Kerl sein. Auf den Gedanken, daß du vielleicht das Problem sein könntest, bist du natürlich noch nicht gekommen.«
    »Doch, bin ich. Aber es ist ja immerhin möglich, daß du nicht ganz unschuldig bist.«
    »Wenn du damit auf deine eben gestellte Frage zurückkommen willst, kann ich dich beruhigen«, brüllte Cengiz. »Ich habe meine türkischen Finger bis jetzt von deiner Freundin gelassen und werde das, solange ihr zusammen seid, auch zukünftig tun. Ich bin zwar in diesem Scheißland geboren, habe aber ein Stück türkisches Ehrgefühl mit der Muttermilch eingesogen.«
     
    Rainer wurde die Absurdität der Situation plötzlich bewußt, und er mußte lachen. »Auch irgendwie Machoscheiße, was du da gerade gesagt hast. Trotzdem, find ich gut.«
    Kaya stutzte. »Stimmt. Ist Quatsch. Aber auch wahr.«
    Ihr emotionaler Ausbruch ebbte ab. Esch meinte versöhnlich:
    »Frauen. Lehr mich einer, die Frauen verstehen.«
    Cengiz stimmte zu. »Da haste recht. Hat mein Opa auch schon

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