Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
gesagt. Nur auf türkisch. Deshalb sitzen in unseren Kaffeehäusern auch nur Männer rum. Gelebte Solidarität.«
»Gibt’s da auch Wein?«
»Nee, nur Kaffee.«
»Scheiß Solidarität.«
Der Regen hatte aufgehört.
»Noch zehn Minuten«, sagte Esch. »Dann sollten wir uns vom Acker machen.«
»Bin dabei.«
Beide schauten gelangweilt auf das Betriebsgelände der Firma Schuffer. Cengiz sah den Tankwagen als erster. »Rainer, da kommt die Karre.«
Esch schnappte sich sein Fernglas und beobachtete den Wagen. Der LKW durchquerte den Hof und blieb an der Tankstelle stehen. Der Fahrer stieg aus und verschwand in Richtung Bürocontainer.
»Ich werd verrückt. Adi.«
»Wer?«
»Adi. Der Typ von Samos. Der mit dem Pilsbauch.«
»Ach, dein Kumpel aus schwerer Zeit.«
»Schnauze.« Rainers Blick suchte den Hof ab. »Der ist im Container.«
»Und jetzt? Was machen wir jetzt?« fragte der Türke.
»Abwarten. Machen wir doch schon seit Stunden.«
Cengiz stöhnte.
Nach einigen Minuten erschien der Fahrer wieder, gefolgt von einem anderen Mann, der das Tor zur Halle öffnete und in ihr verschwand. Kurze Zeit später hörten die beiden Beobachter das Starten eines LKW-Motors, und nach einigen Momenten fuhr ein weißgespritzter Tankwagen aus der Halle, wendete auf dem Platz und stellte sich so neben den anderen Wagen, daß sich die Tanksäule zwischen beiden befand.
Schuffer-Trans stand auf beiden Seiten des weißen Fahrzeugs.
»Was soll das denn?« Esch starrte angestrengt durch das Glas. »Wieso denn noch ein Tanker?«
Die Männer hantierten an den Schläuchen und befestigten je ein Ende an den Einfüllstutzen der Tankwagen. Die anderen Enden der Schläuche wurden an der Tanksäule angebracht.
Einer der beiden Männer betätigte einen Hebel, und ein leises Brummen war zu hören.
»Das ist keine Tanksäule«, meinte Rainer. »Das ist ‘ne Pumpe. Die pumpen das Öl von einem Wagen in den anderen.«
»Warum sollten die das machen?«
»Bin ich Hellseher? Irgendeinen Grund werden die schon haben. Sieh mal. Ich glaube, die sind fertig.« Er reichte Cengiz den Feldstecher.
Die Männer auf den Hof rollten die Schläuche wieder zusammen und verabschiedeten sich mit Handschlag voneinander. Der Wagen der Firma Dekontent startete und wurde in die Halle gefahren. Auch der andere Fahrer kletterte wieder in seinen Transporter.
»Der fährt gleich weg«, rief Cengiz. »Los komm, hinterher.«
Er stürmte durch das Gebüsch, der Deutsche dicht hinter ihm.
Rainer schlugen nasse Zweige ins Gesicht. Warum immer ich, dachte er. Kaya erreichte den Weg und spurtete den Hügel herunter, Richtung Teich. Esch versuchte ihm zu folgen. Als er das Gewässer erreichte, war Cengiz schon fünfzig Meter vor ihm. Rainers Brust drohte zu zerspringen. Der Bergmann drehte sich im Laufen um und rief: »Los, mach, beeil dich. Du hast die Autoschlüssel.«
»Bin ich Carl Lewis?«
Der Türke hörte ihn nicht. Rainer fehlte die Luft, um laut zu rufen. Mit letzter Kraft hechelte er die Straße zu seinem Wagen herunter.
Cengiz stand schon an der Beifahrertür. »Die eine oder andere Reval weniger war auch nicht schlecht, was?«
Solche dummdreisten Bemerkungen pflegte Esch immer schon aus grundsätzlichen Erwägungen zu ignorieren. Er öffnete die Fahrertür, ließ Kaya einsteigen und fuhr los. An der Sodinger Straße sahen sie, wie der Tankwagen hinten links unter der Autobahnbrücke verschwand. Mit quietschenden Reifen schoß Rainers alter Golf um die Kurve und folgte dem LKW auf die Autobahn Richtung Dortmund.
»Mach bitte die Heizung an, mir ist kalt.« Cengiz fröstelte.
»Was meinst du, wo will der hin?«
»Bin ich Jesus?« lautete die Gegenfrage.
»Ich dachte ja nur.«
Der Tanker wechselte auf das kurze Stück der Sauerlandlinie zwischen dem Castroper-und dem Dortmunder-Nord-West-Kreuz, um dann auf die A 2 Richtung Hannover zu fahren.
Rainer hielt sich zwei, drei Fahrzeuge dahinter.
»Jetzt gibt es schon zwei personelle Verbindungen von Take off zu Dekontent und zu Schuffer«, überlegte Esch, »das ist wirklich kein Zufall mehr.«
Sein Beifahrer blickte auf das Armaturenbrett. »Rainer, ich fahr zwar Kadett, aber wenn bei mir ‘ne rote Lampe neben der Benzinanzeige aufleuchtet, heißt das für mich tanken. Und zwar ziemlich hastig. Wir sind gleich an der Ausfahrt Bergkamen. Da kommt kurz hinter der Abfahrt ‘ne Tankstelle.
Da könnten wir…«
Esch unterbrach ihn ungeduldig. »Und der LKW? Ist dann über alle Berge.
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