Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
eingeschlafen. Er sah auf seine Uhr. Es konnten nicht viel mehr als fünfzehn, zwanzig Minuten vergangen sein. Kaya hoffte, daß er den Tankwagen nicht verpaßt hatte. Er verfluchte sich für seine Müdigkeit.
Sicherheitshalber schaltete er sein Autoradio ein und hörte WDR 2. Das Mittagsmagazin meldete gerade die neueste Schätzung der Arbeitslosenquoten in NRW, als er einen blauen Tankwagen mit der Firmenaufschrift Dekontent auf das Werksgelände fahren sah.
Nach etwa einer halben Stunde verließ der Wagen das Bergwerk wieder und fuhr Richtung Süden. Kaya startete sein Fahrzeug und folgte dem LKW in einiger Entfernung.
Der Wagen der Firma Dekontent fuhr auf die A 2 Richtung Oberhausen und wechselte am Recklinghäuser Kreuz auf die A 43 nach Wuppertal. Am Herner Kreuz bog er auf den Emscherschnellweg ab und blieb auf der A 42 bis zur Abfahrt Herne-Börnig. Cengiz bemühte sich, den Abstand möglichst nicht zu groß werden zu lassen. Er beobachtete, daß sich der LKW, nachdem er die Autobahn verlassen hatte, links einordnete, in eine zweispurige Straße abbog und nach etwa einem Kilometer eines der Industriegebiete erreichte, die vielfach auf Zechenbrachen errichtet worden waren. Der Türke bemerkte ein Symbol für eine Fabrik, daneben den Namen Friedrich der Große auf einem Hinweisschild. Ihm fiel der Mann seiner Vermieterin ein, der hier früher gearbeitet haben mußte.
Der Tankwagen fuhr auf ein umzäuntes Gelände, das direkt an einem Auslieferungslager des Paketdienstes UPS grenzte, und verschwand hinter einer Halle, die in tristem Grau gestrichen war.
Vor der Halle befand sich ein Bürocontainer. Cengiz stoppte den Wagen in fünfzig Meter Entfernung und stieg aus. Es begann leicht zu regnen. Er schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch und näherte sich der Einfahrt, die das Tankfahrzeug vor wenigen Augenblicken passiert hatte. In diesem Moment kam ein recht dicker Mann hinter der Halle hervor und ging zügig Richtung Containertür. Kaya meinte, den Fahrer des Tankwagens zu erkennen. Er zog seinen Jackenkragen noch höher, aber der Mann nahm von ihm keine Notiz und betrat den Container, ohne sich umzusehen.
An der Einfahrt las Cengiz das Firmenschild: Schuffer GmbH
& Co KG-Transporte, Im-und Export.
Von der Einfahrt aus konnte er an der linken Seite der Halle vorbei sehen. Dort standen zwei Fahrzeuge, ein schwarzer Mercedes und ein roter Golf. Dahinter war etwas, das er als Tankstelle identifizierte. Große Schläuche lagen auf dem Boden, und vor einer Art Zapfsäule parkte der Wagen, den der Türke verfolgt hatte.
Plötzlich öffnete sich die Tür des Containers, und ein elegant gekleideter Mann trat heraus. Kaya war sich sicher, daß er den Kerl schon früher irgendwo gesehen hatte, konnte sich aber nicht erinnern, wo und bei welcher Gelegenheit. Der Mann setzte sich in den Mercedes und fuhr Richtung Einfahrtstor.
Kaya bückte sich, als ob er seinen Schuh zubinden wollte, wurde aber von dem Mercedesfahrer sowieso nicht beachtet.
Da der Wagen direkt an ihm vorbeifuhr, konnte Cengiz aus den Augenwinkeln den Fahrer genauer in Augenschein nehmen.
Sein erster Eindruck war richtig: Er kannte den Mann. Der Fahrer des Wagens war Dieter Fasenbusch.
Cengiz prägte sich das Autokennzeichen ein und erwog, auch dem Mercedes zu folgen, verwarf die Idee aber sofort wieder.
Bevor er seinen Wagen erreicht hätte, wäre Fasenbusch außer Sichtweite gewesen.
Der Türke erholte sich in seinem Auto nur langsam von der Überraschung. Fasenbusch war nicht nur Chef von Take off, sondern hatte anscheinend auch Kontakt zur Firma Dekontent.
Oder auch zur Firma Schuffer GmbH. Oder auch zu allen dreien. Egal, das konnte kein Zufall sein. Die ganze Sache stank zum Himmel.
Cengiz schnappte sich sein Handy und wählte Stefanie Westhoffs Nummer. Sie nahm nicht ab. Er rief bei Rainer an und hatte Glück. Stefanie war bei ihrem Freund. Sie verabredeten, daß Kaya sofort zu Eschs Wohnung kommen sollte.
Der Türke machte sich unverzüglich auf den Weg.
»Und dann wollte ich Fasenbusch hinterher, hätte aber sowieso nicht mehr geklappt«, schloß Cengiz seinen Bericht. »Das Gelände weiter beobachten, wär auch nicht gegangen, das war zu auffällig. Deshalb bin ich zurück.«
Stefanie und Rainer hatten ihrem Freund mit zunehmender Verblüffung zugehört.
»Das gibt’s doch gar nicht«, stöhnte Esch, nachdem Kaya geendet hatte. »Is ja irre.«
Er machte eine Pause und dachte nach. Dann fragte Rainer:
»Ein dunkler
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