Zweyer, Jan - Rainer Esch 01
Mercedes, sagst du? Weißt du das Kennzeichen noch?«
»Ja, war einfach zu merken. HER-NE 77.«
Esch lachte kurz auf. »Dann war Fasenbusch der Kerl, der sich mit Finke in der Kneipe in Spohla getroffen hat. Langsam schließt sich der Kreis.«
»Wir wissen aber immer noch nicht, warum Klaus die Unterlagen über Dekontent aufbewahrt hat. Und wie das alles zusammenhängt«, warf Stefanie ein.
»Stimmt vollkommen«, meinte ihr Freund etwas ratlos.
»Kann ich die Unterlagen mal sehen?« fragte Cengiz.
»Klar.« Stefanie reichte ihm den Hefter, der auf dem Tisch lag. »Rainer hat die eben durchgesehen, ihm ist auch nichts aufgefallen.«
Der Türke lehnte sich zurück und begann zu lesen. Rainer und Stefanie unterhielten sich leise und schwelgten in Urlaubserinnerungen.
Plötzlich unterbrach Kaya ihre Unterhaltung. »Rainer, hast du einen Stift und etwas Papier?«
»Natürlich, aber wofür brauchst du das?«
»Wart’s ab.«
Esch brachte ihm Block und Kuli, und Kaya vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Immer wieder machte er sich Notizen und rechnete. Seine beiden Freunde sahen ihm aufmerksam zu, störten ihn aber nicht.
Nach einiger Zeit sah Kaya sie an. »Das is ‘n Ding. Ich glaube, ich hab’s.«
»Was hast du?« fragten Stefanie und Rainer wie aus einem Mund.
»Ich glaube, ich hab die Lösung. Warum Klaus die Unterlagen im Safe deponiert hat.«
Stefanie wurde ungeduldig. »Nun sag schon.«
»Ihr habt doch die Unterlagen gelesen?«
»Ja, klar.«
»Aber nicht richtig, nicht sorgfältig genug. Zu dem Angebot der Firma Dekontent gehört auch ein Gutachten eines Sachverständigen, das technische Details der Anlage enthält, in dem das verseuchte Zeug verbrannt werden soll. Richtig?«
»Richtig«, antworteten beide.
»Gut. Und in dem Gutachten steht, daß die
Verbrennungskapazität der Anlage bei maximal 300
Kilogramm pro Stunde liegt, macht rund 72 Tonnen im Monat.« Er sah die beiden erwartungsvoll an. »Na, immer noch nichts?«
»Nee, spann uns nicht länger auf die Folter«, meinte Rainer.
»Das dauert bei euch aber wirklich lange«, spottete Kaya.
»Also, die Kapazität liegt bei 72 Tonnen pro Monat. Und der Auftrag beläuft sich auf bis zu 2.000 Tonnen im Jahr.«
»Du meinst…«, Stefanie dämmerte es.
»… daß Dekontent mehr Altöle zu entsorgen vorgibt, als die von ihnen angeblich benutzte Anlage an Kapazität hat«, triumphierte Cengiz. »Genau das hat Klaus berechnet. Die Abkürzung Kap. Verbr. heißt Verbrennungskapazität. Bw bedeutet Bergwerke, dreizehn davon arbeiten noch im Revier.
Bei einer durchschnittlichen täglichen Menge von 600
Kilogramm Altöl pro Bergwerk, die die Umweltingenieure in ihren internen Vermerken vorausgesetzt haben, liegt der monatliche Entsorgungsbedarf bei zwanzig Arbeitstagen bei 156 Tonnen, also mehr als doppelt so hoch wie die Kapazität der Anlage. Paßt auf: Die Berechnung sieht so aus.«
Er zeigte ihnen seinen Aufzeichnungen:
13 Bergwerke x 12 Tonnen (600 kg x 20 Arbeitstage) =
156 Tonnen
12 Stunden/täglich x 20 Tage x 300 kg Kapazität am Tag =
72 Tonnen
»Und das heißt Betrug«, stellte Rainer trocken fest.
»Vielleicht noch mehr. Wohin, frage ich euch, schafft Dekontent denn das restliche Altöl? Die Bergwerke jedenfalls übergeben das Zeug ja tatsächlich an Dekontent«, ergänzte der Türke. »Und ich hab hier noch was ausgerechnet.« Er nahm seine Notizen. »Wenn nur 50 Tonnen im Monat nicht ordnungsgemäß entsorgt werden, macht das, bei durchschnittlichen Entsorgungskosten von sagen wir 4.000
DM für die Tonne, einen Reingewinn von über 2,4 Millionen im Jahr.«
»‘ne Menge Geld«, sinnierte Stefanie. »Dafür würden viele vieles tun.«
»Warum ist das aber dem Einkauf der Bergwerks AG nicht aufgefallen?« fragte Esch. »Ich denke, die in der Verwaltung bei euch sind so clever?«
»Keine Ahnung. Vielleicht war da einer geschmiert. Soll ja schon vorgekommen sein«, antwortete Cengiz.
»Oder es hat keiner nachgerechnet. Oder auch das Gutachten nicht richtig gelesen. Der amtliche Stempel hat denen möglicherweise genügt. Auch Klaus ist ja, wenn ihr euch mal das Datum anseht, anscheinend erst später darauf gekommen.«
Stefanie warf einen Blick auf die Berechnungen ihres toten Bruders. »Stimmt. Aber warum ist er nicht zur Polizei gegangen? Ich meine, wenn er den Verdacht hatte, daß Dekontent die Bergwerks AG bescheißt, hätte er doch Anzeige erstatten oder wenigstens seine Vorgesetzten informieren
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