Zweyer, Jan - Rainer Esch 03
sollst das alleine machen.«
»Angekommen.«
Immer noch schimpfend, machte sich Scholz an seine Arbeit.
»Bitte verstehen Sie das«, versuchte Zaborsky zu erläutern.
»Unter Tage sind elektrische Geräte nur dann zugelassen, wenn hundertprozentig sicher ist, dass von ihnen keine Funken ausgehen, die eine Schlagwetterexplosion auslösen können.«
Baumann, der dem Dialog interessiert und belustigt zugehört hatte, erschrak: »Explosion? Hier kann doch aber nichts passieren, oder?«
»Eigentlich nicht.«
Baumann missfiel das Wort ›eigentlich‹ außerordentlich.
»Aber Methangas oder gefährliche
Kohlestaubkonzentrationen können sich überall bilden. Dann würde ein Funke genügen und… Wir haben zwar Sensoren und natürlich auch Mitarbeiter, die laufend das gesamte Grubengebäude überwachen, aber trotzdem.«
Baumann schwitzte noch stärker. »Hör mal, Chef, sollten wir nicht langsam… Ich meine, die Spurensicherung kann ja den Rest übernehmen, oder?«, wandte er sich fast flehentlich an seinen Vorgesetzten. »Die Zeugen lassen sich doch oben auch viel besser verhören, meinst du nicht?«
»Hmm… Herr Zaborsky, wenn die Spurensicherung fertig ist, können Sie die Leiche bergen. Herr Humper, wir möchten die beiden Herren hier«, er zeigte auf Kusche und Frühsee,
»nachher noch sprechen.«
»Selbstverständlich.«
»Danke. Und den Steiger der Nachtschicht bitte auch.«
»Ich glaube nicht, dass der noch auf der Zeche ist«, antwortete Humper.
»Aber seine Anschrift haben Sie doch sicher?«
»Natürlich.«
»Gut. Wir können dann gehen.«
Zum ersten Mal in seinem Leben empfand Baumann wirklich tiefe Dankbarkeit gegenüber einem Vorgesetzten.
4
Die Büroräume der Detektei Look und Listen lagen in der Uferstraße 2 im Süden Recklinghausens. Zur Herner Innenstadt waren es nur wenige Minuten zu Fuß, während eine Autofahrt im Berufsverkehr in die Recklinghäuser Innenstadt gut dreißig Minuten in Anspruch nehmen konnte.
Eschs Büro bestand aus zwei weiß gestrichenen Räumen.
Direkt vom Hausflur aus betrat man das erste Zimmer, welches das eigentliche Büro darstellte. Eingerichtet war es mit schwarzen Regalen, in dem die juristische Fachliteratur, die Rainer sein Eigen nannte, nicht mehr als einen halben Regalboden füllte. Den restlichen Platz nahmen Modelleisenbahnzeitschriften, alte Ausgaben des Spiegel und allerlei Mitbringsel von seinen diversen Griechenlandurlauben ein.
In der Mitte des Raumes stand ein etwas überdimensionierter Eckschreibtisch, auf dem unübersehbar ein schon fast antiquarisch zu nennender Computer nebst Drucker thronte.
Vor dem Schreibtisch warteten zwei mit schwarzem Leder bezogene Freischwinger auf Kunden. Rainer selbst hatte sich einen Chefsessel gegönnt, in dem er, wie er glaubte, ungemein wichtig aussah.
Der andere Raum beherbergte die Küche. Hier hatte Esch jegliche Investitionen für überflüssig gehalten, so dass der Raum immer noch so aussah wie ein Sperrmüllhaufen, was er im Grunde auch war. Freunde und gute Bekannte hatten zur Einrichtung das beigesteuert, was bei ihnen in aller Regel im Keller vergammelte, nur den Kühlschrank hatte Esch selbst gekauft, allerdings gebraucht, für dreißig Mark beim türkischen An-und Verkauf direkt um die Ecke.
Die Toilette befand sich auf dem Flur und der dafür erforderliche Schlüssel hing, mit einem dicken Holzklotz versehen, direkt neben der Eingangstür. Auf dem Klotz stand in dicken, roten Buchstaben Klo.
Kurz vor elf Uhr schellte es. Esch öffnete seine Bürotür und hielt den Atem an. Vor ihm stand eine traumschöne Frau. Ihr Alter schätzte er auf Ende zwanzig, Anfang dreißig. Sie war groß, schlank und dunkelblond. Die junge Frau trug Jeans, ein weißes T-Shirt und darüber einen schwarzen, leicht taillierten Blazer, dazu schwarze, nicht sehr hochhackige Schuhe. Diese Frau war einfach toll.
»Karin Schattler«, stellte sie sich mit einer etwas rauchigen Stimme vor. »Sind Sie Herr Esch?«
»Ja, richtig.« Esch reichte ihr die Hand zur Begrüßung. »Bitte kommen Sie doch herein.« Er trat zur Seite und bot ihr einen Platz auf einem Freischwinger an.
Nachdem sie sich gesetzt hatte, fragte er: »Möchten Sie einen Kaffee?«
»Nein, danke.«
»Etwas anderes? Ein Wasser vielleicht.«
»Nein, vielen Dank.«
Rainer griff zu seinen Zigaretten und hielt ihr die Schachtel Reval hin. »Rauchen Sie?«
»Nein, ich hab’s mir abgewöhnt.«
Er legte die Packung enttäuscht zur Seite.
»So habe
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