Zweyer, Jan - Rainer Esch 03
Schattler.
»Frau Schattler, ich bin wirklich nicht hier, um über Ihr Privatleben zu urteilen. Ich muss einen Mord aufklären.
Deshalb stelle ich solche Fragen.«
Sie musterte den Polizisten verärgert. »Herr Brischinsky, mein Mann ist noch nicht beerdigt und da fragen Sie mich, ob ich ihn betrogen haben. Ich finde, das geht zu weit«, beschwerte sie sich.
»Hm. Vielleicht haben Sie Recht. Also entschuldigen Sie bitte. Das wäre es für heute. Vielen Dank, dass Sie mir Ihre Zeit geopfert haben.«
Baumann erwartete ihn bereits in ihrem Büro. »Also, der vorgesetzte Fahrsteiger von Schäfer hat dessen Angaben im Wesentlichen bestätigt. Der hatte wirklich ‘ne Panne. Ein Kontaktstecker der Batterie hatte sich gelöst. Eine Kleinigkeit.
Das hätte Schäfer auch selbst reparieren können, aber die haben da so ihre Vorschriften. Da darf nur ein Elektriker ran.
Wegen Schlagwetterschutz, du weißt schon… Den Betriebsrat, den Grottes, habe ich ebenfalls noch auf dem Bergwerk angetroffen. Der konnte sich gut an den Vorfall auf dem Parkplatz erinnern. Und jetzt rate, wie der türkische Bergmann heißt, mit dem Schattler den Streit vom Zaun gebrochen hat?«
»Keine Ahnung. Spuck’s aus.«
»Cengiz Kaya«, sagte Heiner Baumann triumphierend, »der Letzte auf unserer Liste.«
»Ach nee!«
»Ach ja. Da staunst du, was?«
»Etwas. Hast du die Adresse von Kaya?«
»Klar. Der wohnt in Herne. Mont-Cenis-Straße 69.«
»Wo wohnt der? In der Mont-Cenis-Straße?«
»Genau. Warum verwundert dich das so?«
»Weil Karin Schattler in der Mont-Cenis-Straße in Herne einen Kiosk betreibt. Und weil sie heute sehr unwirsch auf meine Fragen über die Eifersucht ihres Mannes reagiert hat.
Und weil eine Nachbarin sie in Verdacht hat, es mit der ehelichen Treue nicht so genau zu nehmen.«
»Ist ein Ding!«
»Dat isses. Da werden uns Herr Cengiz Kaya und Frau Karin Schattler aber noch so einiges zu erklären haben.«
16
»Kaya«, meldete sich der junge Bergmann schlaftrunken am Telefon, dessen penetrantes Klingeln ihn nach einer anstrengenden Nachtschicht drei Stunden zu früh aus dem Bett riss.
»Baumann. Kripo Recklinghausen. Ich hoffe, wir haben Sie nicht geweckt?«, erkundigte sich der Polizist.
»Doch, haben Sie. Um was geht es?«
»Herr Kaya, wir würden uns gerne etwas ausführlicher mit Ihnen unterhalten. Wäre es möglich, dass Sie in einer Stunde zu uns ins Polizeipräsidium Recklinghausen kommen?«
»Mit mir? In einer Stunde? Warum denn das?«
»Routineangelegenheit. Wegen des Todes eines Ihrer Kollegen vom Bergwerk Eiserner Kanzler.«
»Aber Sie haben doch schon meine Fingerabdrücke, warum muss ich denn dann…?«
»Ich sagte ja schon, Routineangelegenheit. Wir haben nur ein paar Fragen. Dauert nicht lange. In einer Stunde, ja?«
Baumann legte grußlos auf.
Cengiz hielt unschlüssig den Hörer in der Hand und wählte schließlich Rainers Nummer. Es meldete sich nur der Anrufbeantworter.
»Rainer, ich bin’s, Cengiz. Die Kripo will mich sprechen. Im Recklinghäuser Präsidium. Es ist jetzt kurz nach elf. Wenn du in den nächsten zwanzig Minuten wieder zurück bist, ruf mich doch bitte an. Ich weiß nicht so genau, was ich machen soll.
Danke.«
Eine halbe Stunde später saß der Bergmann in seinem Wagen und fuhr, ohne mit seinem Freund Rainer Esch gesprochen zu haben, zur Kripo Recklinghausen.
»Bitte nehmen Sie doch Platz, Herr Kaya.« Brischinsky schob Cengiz einen Stuhl zu. »Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn wir unsere Unterhaltung auf Band aufnehmen?«, fragte er.
»Nein, nichts. Aber warum…«
»Es ist einfacher für uns«, antwortete Baumann.
Cengiz befriedigte diese Antwort nicht im Geringsten.
»Herr Kaya,« begann der Hauptkommissar das Verhör, »was sind Sie von Beruf?«
»Bergmechaniker.«
»Und welche Aufgaben haben Sie auf dem Bergwerk? Wo ist Ihr Einsatzort?«
»Ich bin Hauer im Revier 32. Das ist auf der siebten Sohle.«
»Ist das weit weg vom Querschlag West?«, platzte Baumann dazwischen, was ihm einen ärgerlichen Blick seines Vorgesetzten einbrachte.
»Nein, so etwa zwanzig Minuten… aber ich verstehe nicht, was das alles…«
»Bitte beantworten Sie nur unsere Fragen. In der Nacht zum Montag dieser Woche hatten Sie Nachtschicht, nicht?«
»Ja, stimmt. Aber das wissen Sie doch schon.«
Ohne auf seine Feststellung einzugehen, fuhr der Hauptkommissar fort: »Was haben Sie während der Nachtschicht gemacht?«
»Lassen Sie mich nachdenken… Ja, ich
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