Zweyer, Jan - Rainer Esch 03
Zeit. Die macht da erst um sieben dicht.«
Jetzt verstand Brischinsky. »Können Sie mir sagen, wo genau der Kiosk ist?«
»Direkt am Hölkeskampring. Könn Se gar nich verfehlen.«
»Danke.«
Der Polizist wollte sich gerade verabschieden, als ihm noch etwas einfiel. »Sagen Sie, Frau…?«
»Wischnewsky. Ruth Wischnewsky.«
»Frau Wischnewsky, Sie kennen doch die Familie Schattler ziemlich gut, oder?«
»Na ja, ich glaub, dat man dat so sagen kann. Sind ja schließlich Nachbarn, oder?«
»Prima. Was meinen Sie, führten die Schattlers eine glückliche Ehe? Sie können das doch sicher beurteilen…«
Ruth Wischnewsky strich sich geschmeichelt und leicht kokett über ihr Haar. »Wenn Sie dat sagen, Herr Kommissar.
Ich will ja getz hier nich ausse Schule plaudern, aber so richtig koscher war dat nich, wenn Se mich fragen.«
»Was meinen Sie damit?«
»Also… ich mein… man will ja nix Schlechtes über die Nachbarn erzählen und so eine bin ich nun auch nich, dat können Se mir glauben. Manchma, ich mein, nich öfter, eben nur manchma, da kamen da schon ma abends, wenn der Heinz auf Schicht war, sonne Kerls vorbei…«
»Was für Kerls?«
»Na, sonne Kerls eben. Und die blieben dann auch wat länger. Nich die ganze Nacht, eben nur wat länger. Aber lang genug dafür.«
»Wofür?«
»Herr Kommissar…« Ruth Wischnewsky lachte verlegen.
»Eben dafür.«
»Ach so. Dafür…?«
»Ja, genau. Dafür.«
»Und das wissen Sie genau?«
»Getz hören Se ma. Ich war doch nich dabei«, empörte sich die Frau.
»Wobei waren Sie nicht?«
»Mann, sind Se schwer von kapee? Dabei.«
Jetzt verstand Brischinsky. »Und kam so etwas öfter vor?«
»Nee, eigentlich nich. So zwei-, dreimal im Monat.«
»Doch so oft?«
»Finden Se dat oft? Also bei mir…«
Bevor ihn Ruth Wischnewsky in die Geheimnisse ihres Sexuallebens einweihen konnte, verabschiedete sich der Hauptkommissar. »Vielen Dank, Frau Wischnewsky. Sie haben mir sehr geholfen.«
Nachdem Brischinsky sich umgedreht hatte, um zu seinem Fahrzeug zu gehen, schaute ihm die Nachbarin noch einen Moment nach und schloss dann, enttäuscht darüber, nicht mehr erfahren zu haben, ihr Fenster.
Dank seines Ruhrgebietsplans fand der Recklinghäuser Kriminalbeamte den Kiosk ohne Mühe. Da er keinen Parkplatz in der direkten Umgebung des Kiosk entdecken konnte, stellte er seinen Wagen im absoluten Halteverbot ab und hoffte, dass um kurz vor sechs keine Politessen mehr im Dienst des Herner Stadtkämmerers unterwegs waren.
Brischinsky begrüßte die Witwe, als sie den Kioskschalter öffnete.
»Wollen Sie etwas kaufen oder sind Sie dienstlich hier?«
»Beides. Zunächst geben Sie mir bitte eine Schachtel HB.«
Er legte sechs Mark auf das Brett vor dem Schalter und steckte die Zigarettenschachtel und das Wechselgeld in seine Jackentasche. »Und dann würde ich Ihnen gerne noch einige Fragen stellen.«
»Da herum.« Karin Schattler zeigte auf den Hauseingang.
»Moment, ich lass Sie rein.«
Hauptkommissar Brischinsky betrat den Hausflur. Karin Schattler erwartete ihn in der offenen Tür und reichte ihm die Hand.
»Bitte hier.« Sie gab den Weg frei in ihren Lagerraum.
»Möchten Sie einen Kaffee? Oder etwas anderes?«
Brischinsky verneinte. »Frau Schattler, ich möchte Sie nicht lange aufhalten. Sagen Sie, war Ihr Mann eifersüchtig?«
Sie sah ihn überrascht an. »Rasend. Er hat mir immer wieder Szenen gemacht. Warum wollen Sie das wissen?«
»Frau Schattler, es tut mir Leid, aber diese Frage muss ich stellen: Hatte Ihr Mann Grund für seine Eifersucht?«
Karin Schattler lachte kurz auf. »Nein, hatte er nicht.«
»Arbeitskollegen haben uns berichtet, dass Ihr Mann vor etwa zwei Wochen eine Auseinandersetzung mit einem türkischen Bergmann gehabt hat. Dabei soll Ihr Mann den Vorwurf erhoben haben, dieser Bergmann würde Ihnen…
sagen wir… nachstellen.«
Die junge Frau lachte erneut. »Das sieht Heinz ähnlich.
Überall hat er Konkurrenten gewittert. Auch hier im Laden. Er hat mir immer wieder vorgehalten, ich würde meinen Kunden schöne Augen machen. Dabei war ich nur freundlich. Nein, ich kenne keinen Türken, der mir… wie sagten Sie eben…
nachstellt.«
»Sie wissen also nicht, mit wem Ihr Mann Streit hatte? Und es gab für Ihren Mann wirklich keinen Grund…«
»Nein, das sagte ich Ihnen doch bereits«, fiel sie ihm barsch ins Wort.
Brischinsky hatte den Eindruck, dass sein Gegenüber ihm etwas verschwieg. Er blickte prüfend auf Karin
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