Zweyer, Jan - Rainer Esch 03
gerade erst aufgestanden. Ich habe mir eben einen Kaffee gekocht, wenn Sie auch eine Tasse möchten…«
Die Polizisten bejahten die Frage.
»Bitte gehen Sie doch schon nach vorne ins Wohnzimmer und machen es sich bequem, ich ziehe mir nur eben etwas über und komme dann sofort.« Der schlanke, braun gebrannte junge Mann verschwand durch eine Tür, hinter der Brischinsky das Schlafzimmer vermutete.
Das Wohnzimmer war lichtdurchflutet und spärlich, aber geschmackvoll eingerichtet. Baumann und Brischinsky setzten sich an einen großen, mit weißen Kacheln gefliesten Esstisch.
Schweigend warteten sie auf den Wohnungsinhaber, der wenig später mit Jeans und Sweatshirt bekleidet und einem Tablett in den Händen zu ihnen kam.
Schäfer stellte die Kaffeekanne und die Tassen auf den Tisch:
»Wenn jemand Milch möchte, muss ich leider passen. Und ich habe auch nur Süßstoff.« Er schenkte den Polizisten Kaffee ein und setzte sich dann. »Was kann ich für Sie tun?«
Brischinsky räusperte sich: »Herr Schäfer, wie Sie sicher wissen, wurde auf dem Bergwerk Eiserner Kanzler einer Ihrer Kollegen, Heinz Schattler, ermordet. Wir wollen den Mord aufklären und hoffen, dass Sie uns dabei helfen können.«
»Ja, natürlich gerne. Aber wie kann ich Ihnen…?« Schäfer sah seine Gäste verunsichert an.
»Haben Sie Heinz Schattler gekannt?«, schaltete sich Baumann in die Befragung ein.
»Gekannt, was soll ich Ihnen dazu sagen? Ja, gekannt habe ich ihn schon, aber…«
»Näher?«, warf Brischinsky dazwischen.
»Nein, näher nicht. Wir haben uns von Zeit zu Zeit unterhalten, so wie Arbeitskollegen bei der Ein-oder Ausfahrt oder in der Kaue eben miteinander sprechen. Über Fußball und so. Oder über die Unsicherheit, was den Arbeitsplatz angeht.
Ansonsten…« Er schüttelte den Kopf.
»Herr Schäfer«, bat der Hauptkommissar, »lassen Sie uns über die Nachtschicht von Sonntag auf Montag dieser Woche sprechen. Wo waren Sie in der Nacht eingesetzt?«
»Das kann ich Ihnen nicht so genau sagen.«
»Warum nicht?«
»Wissen Sie, ich bin EHB-Fahrer und da…«
»EHB-Fahrer?«, unterbrach ihn Baumann.
»Ja, Fahrer einer Einschienenhängebahn, das sind die Bahnen unter Tage, mit denen…«
»Ich weiß, was eine EHB ist«, bemerkte der Hauptkommissar.
»Dann wissen Sie ja sicherlich auch, dass die EHB
normalerweise unter Tage ständig zwischen verschiedenen Betriebspunkten pendelt, um Material oder auch Bergleute zu transportieren.«
»Und wo war das?«, erkundigte sich Brischinsky und gab Baumann mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sich sein Assistent Notizen machen sollte.
»Auf der siebten Sohle. Fast im ganzen Grubengebäude.«
»Dann waren Sie also ständig unterwegs?«
»Nein, nicht immer. Gegen drei Uhr morgens gab’s ‘ne Störung mit der Dieselkatze. Was mit der Elektrik. Da musste ich längere Zeit warten, bis jemand kam und mir bei der Reparatur geholfen hat.«
»Wie lange hat das gedauert?«
»Was? Die Reparatur?«
»Auch. Wie lange mussten Sie auf Ihren Kollegen warten?«
»Insgesamt so etwa neunzig Minuten.«
»Und während dieser Zeit waren Sie allein?«
»Ja, ich kann mich wenigstens nicht daran erinnern, dass ich dort einen Kollegen getroffen hätte.«
»Können Sie mir sagen, wo die Panne passiert ist?«
»Selbstverständlich. In der Nähe des Blindschachtes 2.«
»Wie weit ist es von da zum Querschlag West?«
»Mit der EHB können Sie da nicht direkt hin, da müssen Sie erst zur Hauptförderstrecke und dann…«
»Nein, ich meine zu Fuß.«
»Zu Fuß? Fünfzehn Minuten, vielleicht etwas weniger.«
»Herr Schäfer, auf einer Wetterfolie, mit der die Leiche bedeckt war, haben wir Ihre Fingerabdrücke gefunden. Können Sie uns das erklären?«
»Ach, daher weht der Wind. Herr Kommissar, ich bin als EHB-Fahrer im Transportrevier. Wir transportieren alles, was auf einem Pütt unter Tage so benötigt wird. Auch Wetterfolie.
Es ist möglich, dass ich die Folie ein-oder ausgeladen hab.
Aber das ist Routine. Wissen Sie, wie viel Wetterfolie ich im Jahr anfasse? Das dürften…«
»Danke, das reicht mir als Erklärung aus. Sagen Sie, benötigen Sie für Ihre Arbeit einen Pickhammer?«
»Nee, brauch ich nicht. Warum?«
»War nur ‘ne Frage. Herr Schäfer, hat Schattler Ihnen gegenüber irgendwann erwähnt, dass er Feinde hatte?«
»Nein, aber so gut habe ich ihn, wie gesagt, ja nicht gekannt.«
»Richtig, das sagten Sie. Doch vielleicht haben Sie gehört, dass Schattler
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