Zweyer, Jan - Rainer
der Haustür und fixierten die Klingelknöpfe. »Unten oder oben?«, fragte Baumann.
»Egal«, stöhnte Brischinsky. »Es gibt hier mit Sicherheit ohnehin keinen Fahrstuhl.«
Trotz mehrmaliger Versuche öffnete niemand.
»Alle zur Arbeit«, stellte der Hauptkommissar fest.
»Versuchen wir es beim nächsten Haus.«
Dort meldete sich über die Gegensprechanlage eine Frauenstimme und wenige Momente später standen die Beamten im Wohnzimmer der Familie Breuer und erwehrten sich der Zuneigungsbeweise eines zotteligen Etwas.
»Quita, hierher«, ordnete Ute Breuer ebenso energisch wie erfolglos an. Schließlich griff sie zum Halsband, zog das Tier mit aller Kraft in Richtung Küche und verschloss die Tür. »Tut mir Leid«, entschuldigte sie sich. »Aber sie ist eben sehr lebhaft. Wir haben sie aus Spanien, wissen Sie.«
Brischinsky interessierte die Herkunft der Töle nicht im Geringsten. Trotzdem nickte er voller Anteilnahme. Bevor die stolze Hundebesitzerin weitere Einzelheiten aus dem Leben ihres vierbeinigen Mitbewohners zum Besten geben konnte, brachte der Hauptkommissar ihr Anliegen vor. »Und deshalb interessiert uns alles, an was Sie sich erinnern können«, schloss er seine kurzen Ausführungen.
»Ich habe mich oft mit meinem Mann darüber unterhalten«, antwortete Ute Breuer. »Aber es geht uns ja eigentlich nichts an.«
»Was geht Sie nichts an?«, wollte Brischinsky wissen.
»Ein Mann ist in der Nacht, bevor der Tote gefunden wurde, hier herumgeschlichen.«
»Hier ist jemand herumgeschlichen?«
»Na ja, nicht direkt geschlichen. Mein Mann war noch mit dem Hund Gassi. Da ist ihm der Kerl aufgefallen.«
»Können Sie bitte etwas deutlicher werden?«
»Unsere übliche Route mit dem Hund geht am Haus vorbei und dann am ersten Weg links, Richtung Kunst-und Duftwald.
Wenn Hans-Georg, das ist mein Mann, weiter geradeaus am Sportplatz vorbeigegangen wäre, hätte er vielleicht den Toten gefunden.«
»Und weiter?«
»Da ist ihm der Mann entgegengekommen.«
»Aus Richtung Kunstwald?«
»Nein, aus Richtung Sportplatz. Komisch war, dass der den Gruß von Hans-Georg nicht erwidert hat.«
»Das ist alles?«, fragte Baumann enttäuscht.
»Nein. Seltsam war auch, dass sich der Mann die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht gezogen hatte und im Laufschritt an meinem Mann vorbeilief. Dabei war es warm und es hatte auch nicht geregnet.«
»Wann war das?«, fragte Brischinsky nach.
»In der Nacht zum Montag.«
»Nein, ich meine die Uhrzeit.«
»Gegen elf Uhr abends. Da machen wir immer die letzte Runde mit dem Hund.« Wie zur Bestätigung bellte Quita heftig in der Küche. »Der Mann ist dann auf der Straße in einen Wagen eingestiegen und weggefahren.«
»Konnte Ihr Mann das Modell erkennen?«
Sie machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, dazu war es ja schon viel zu dunkel.«
»Das wissen Sie genau?«
»Er hat es mir schließlich erzählt.« Sie wirkte ein wenig empört.
»Könnte Ihr Mann den Unbekannten beschreiben?«, meldete sich Baumann zu Wort.
»Ich glaube nicht. Auf jeden Fall hat er mir gesagt, dass er das Gesicht wegen der Kapuze nicht sehen konnte.«
»Und die Größe des Mannes? Seine Figur?«
»Tut mir Leid. Da müssten Sie Hans-Georg schon selber fragen. Aber ich glaube nicht…«
Der Hund bellte lauter und kratzte an der Tür.
»Entschuldigung«, sagte Ute Breuer. »Aber ich muss kurz nach dem Hund schauen. Er ruiniert uns sonst die ganze Küche.«
Brischinsky hob verstehend beide Hände. »Kein Problem.
Wir wollten ohnehin gehen. Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen.«
Im Wagen wandte sich der Hauptkommissar an seinen Assistenten. »Und?«
»Etwas sehr dürftig, finde ich. Ein fehlender Gruß und eine ins Gesicht gezogene Kapuze.«
»Vergiss den Wagen nicht.«
»Meinst du das im Ernst?«
Statt einer Antwort sagte der Hauptkommissar: »Fahr zurück zum Präsidium. Mir tut der Fuß weh.«
Als sie wieder in ihrem Büro saßen und sich gerade einen Kaffee eingeschenkt hatten, klopfte es.
Ein Mitarbeiter der Pressestelle trat ins Zimmer, einen Karton unter dem Arm, den er auf Brischinskys Schreibtisch fallen ließ.
»Was soll das?«, fragte dieser.
»Die Protokolle der Gespräche mit den Anrufern, die meinten, die Stimme identifiziert zu haben.«
Brischinsky richtete sich vorsichtig auf und wagte einen Blick in das Innere des Kartons. »Das müssen ja einige Dutzend sein«, beschwerte er sich. »Habt ihr die nicht vorsortiert?«
»Nein«, antwortete der
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