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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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von der grenzenlosen Leere, die ich durch den LKW hindurch vor mir gesehen hatte.
    »Was hat das zu bedeuten, Slim?«
    Ich antwortete nicht sofort, sondern nahm mir Zeit zum Überlegen, doch dieses Nachdenken führte zu nichts, und schließlich gab ich seufzend zu: »Ich weiß es nicht. Die Ausstrahlung dieses Lastwagens... sie hat mich nicht völlig k. o. geschlagen, aber in gewisser Weise war sie noch schrecklicher als die Vision des zukünftigen Infernos in der Schule. Aber ich weiß nicht, was ich gesehen habe. Nur... ich glaube, daß wir durch diese Kohlen-Gesellschaft erfahren werden, warum in dieser verfluchten Stadt so viele Trolle hausen.«
    »Ist das sozusagen der Brennpunkt?«
    »Ja.«
    Natürlich würde ich vor dem nächsten Morgen keine Erkundigungen über die Kohlen-Gesellschaft Blitz einziehen können. Dazu war ich viel zu erschöpft. Ich brauchte Zeit, um mich zu erholen, neue Kräfte zu sammeln und zu lernen, zumindest die ständig auf mich einströmenden Bilder, die von Häusern, Straßen und Menschen ausstrahlten, zu ignorieren.
    Zwanzig Minuten später wurde es dunkel. Man hätte meinen sollen, daß die Nacht einen Schutzmantel über die Schäbigkeit und Gemeinheit dieser widerlichen Stadt breiten und ihr ein halbwegs respektables Aussehen verleihen würde, aber dem war nicht so. In Yontsdown hatte die Nacht nicht wie anderswo die Wirkung von Bühnen-Make-up. Irgendwie betonte sie noch die schmutzigen, schmierigen, verrauchten und verkommenen Einzelheiten der Straßen und verstärkte den düsteren, mittelalterlichen Charakter der Architektur.
    Als wir sicher waren, daß wir die Trolle im LKW abgehängt hatten, hielten wir in einem anderen Motel an — dem Van Winkle Motor Inn, einem zweistöckigen Gebäude, das etwa viermal so groß war wie das Traveler's Rest. Wir gaben vor, nach unserer langen Fahrt sehr müde und ruhebedürftig zu sein, und verlangten Zimmer im rückwärtigen Teil des Motels, wo vom Verkehrslärm nichts zu hören wäre. Auf diese Weise konnten wir unseren Kombi auf dem hinteren Parkplatz abstellen, so daß er von der Straße aus nicht zu sehen war — eine Sicherheitsvorkehrung für den zwar nicht sehr wahrscheinlichen, aber doch immerhin möglichen Fall, daß die beiden Trolle aus dem LKW noch nach uns Ausschau hielten.
    Unser Zimmer hatte beige gestrichene Wände und war mit billigen, stabilen Möbeln eingerichtet. Zwei billige Drucke von Schnellseglern in voller Fahrt bildeten die einzige Dekoration. Die Kommode und die Nachttische waren mit Brandflecken von Zigaretten verunziert, der Badspiegel war fast blind, und die Dusche war nicht so heiß, wie wir sie uns gewünscht hätten; aber wir wollten hier ja ohnehin nur eine Nacht verbringen und am nächsten Morgen ein kleines Haus mieten, wo wir ungestört unser Komplott gegen die Trolle schmieden konnten.
    Nach einer Dusche fühlte ich mich entspannt genug, um mich wieder in die Stadt zu wagen — mit Rya dicht an meiner Seite, und nur bis zum nächsten Restaurant, wo wir ein gutes, wenn auch nicht gerade erlesenes Abendessen bekamen. Unter den Gästen waren neun Trolle. Ich bemühte mich, nur Rya anzusehen, denn der Anblick der Schweineschnauzen, der blutfarbenen Augen und der hechelnden Reptilzunge hätte mir gründlich den Appetit verdorben.
    Doch obwohl ich sie nicht anschaute, spürte ich ihre Bösartigkeit. Sie war für mich so deutlich wahrzunehmen wie kalter Dampf, der von Blöcken Trockeneis aufsteigt. Während ich diese kalten Strahlen unmenschlichen Hasses mühsam ertrug, lernte ich allmählich, die Hintergrundgeräusche von Yontsdown — die ständig vorhandene negative Ausstrahlung — zu filtern, und als wir das Restaurant verließen, fühlte ich mich besser als irgendwann seit unserer Ankunft in dieser Stadt der Verdammten.
    Im Motel brachten wir die Säcke mit Waffen und anderen illegalen Gegenständen in unser Zimmer, weil wir befürchteten, daß nachts Gepäck aus dem Kofferraum gestohlen werden könnte.
    Im Bett hielten wir einander im Dunkeln fest, ohne zu sprechen und ohne jeden Gedanken an Sex. Wir wollten nur die Nähe und Wärme des anderen spüren, weil das ein wirksames Abwehrmittel gegen Angst und Verzweiflung ist.
    Rya schlief schließlich ein.
    Ich lauschte den nächtlichen Geräuschen.
    Der Wind hörte sich hier in Yontsdown nicht an wie anderswo, sondern bösartig... räuberisch. Von Zeit zu Zeit hörte ich das ferne Dröhnen schwerer Lastwagen, und ich fragte mich, ob die Kohle auch nachts aus

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