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Zwielicht

Zwielicht

Titel: Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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treiben, und obwohl er einen Hammer anstatt einer Axt schwang, erinnerte er mich an Paul Bunyon.
    »Ich muß mit dir reden«, sagte ich.
    »Ich habe gehört, daß du eine neue Unterkunft gefunden hast«, sagte er trocken, während er den Vorschlaghammer aus der Hand legte.
    Ich blinzelte. »Hat sich das so schnell herumgesprochen?«
    »Worüber willst du mit mir sprechen?« fragte er — nicht direkt feindselig, aber mit unverkennbarer Kühle.
    »Beispielsweise über den Autoscooter.«
    »Was ist damit?«
    »Ich weiß, daß du gesehen hast, was dort geschehen ist.«
    »Ich kann dir nicht folgen.«
    »In jener Nacht konntest du mir ausgezeichnet folgen.«
    Sein unergründliches Gesicht glich einer Keramikmaske, die zerbrochen worden und von einem Betrunkenen im Vollrausch zusammengeklebt worden war.
    Als er schwieg, fuhr ich fort: »Du hast ihn unter deinem Zelt begraben.«
    »Wen?«
    »Den Troll.«
    »Troll?«
    »So nenne ich sie. Du bezeichnest sie vielleicht anders. Im Wörterbuch wird ›Troll‹ mit ›dämonisches Wesen‹, ›Unhold‹ übersetzt, mit ›groteske mythologische Gestalt, die den Menschen feindlich gesinnt ist‹. Ich finde, das trifft die Sache nicht schlecht. Du kannst sie natürlich nennen, wie du willst. Aber ich weiß, daß du sie siehst.«
    »So? Ich sehe Trolle?«
    »Ich möchte, daß du dreierlei verstehst. Erstens: Ich hasse sie und bringe sie um, wann immer ich die Möglichkeit dazu habe — das heißt, wenn ich hoffen kann, nicht erwischt zu werden. Zweitens: Sie haben Jelly Jordan ermordet, weil er sie überrascht hat, als sie sich am Riesenrad zu schaffen machen wollten. Und drittens: Sie werden nicht aufgeben; sie werden zurückkommen, um ihr Werk am Riesenrad zu vollenden, und wenn wir sie nicht daran hindern, wird sich hier in den nächsten Tagen etwas Schreckliches ereignen.«
    »Tatsächlich?«
    »Du weißt genau, daß es so ist. Du hast die Freikarte für das Riesenrad in mein Schlafzimmer gelegt.«
    »Tatsächlich?«
    »Um Himmels willen, sei doch nicht so übervorsichtig«, rief ich ungeduldig. »Wir verfügen beide über außergewöhnliche Gaben. Wir sollten Verbündete sein.«
    Er hob eine Braue und mußte dazu das orangefarbene Auge zusammenkneifen.
    »Ich habe auf anderen Rummelplätzen viele sogenannte Wahrsager und Hellseher kennengelernt, aber du bist der erste Mensch mit echten übersinnlichen Kräften, der mir je begegnet ist.«
    »Tatsächlich?«
    »Und du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der wie ich die Trolle sehen kann.«
    »Tatsächlich?«
    »Du mußt sie sehen?«
    »So?«
    »O Gott, du kannst einen auf die Palme bringen!«
    »Kann ich das?«
    »Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich weiß, daß du gesehen hast, was im Autoscooter geschah, und daß du die Leiche weggeschafft hast...«
    »Die Leiche?«
    »... und daß du mich in bezug auf das Riesenrad warnen wolltest, für den Fall, daß ich das bevorstehende Unheil nicht spüre. Als dann Jelly tot aufgefunden wurde, kamen dir Zweifel. Du hast dich gefragt, ob ich vielleicht nur ein Psychopath bin, denn du wußtest ja, daß Jelly kein Troll war. Aber du hast mich der Tat nicht beschuldigt; du hast beschlossen abzuwarten und mich im Auge zu behalten. Deshalb bin ich zu dir gekommen. Um zwischen uns alles klarzustellen. Ich wollte dir mitteilen, daß ich sie sehe, daß ich sie hasse und daß wir zusammenarbeiten sollten, um sie an ihrem Vorhaben zu hindern. Ich war heute morgen beim Riesenrad, um seine Ausstrahlung zu prüfen, und ich bin sicher, daß heute nichts passieren wird. Aber morgen oder am Freitag...«
    Er starrte mich wortlos an.
    »Verdammt«, sagte ich, »warum bist du nur so wahnsinnig geheimniskrämerisch?«
    »Ich bin nicht geheimniskrämerisch.«
    »Doch.«
    »Nein. Ich bin nur wie vom Donner gerührt.«
    »Was?«
    »Wie vom Donner gerührt. Dies ist nämlich das erstaunlichste Gespräch, das ich je in meinem Leben geführt habe, und ich verstehe kein Wort von all dem, was du da erzählst.«
    Ich spürte, daß er aufgewühlt war, und vielleicht war dieser innere Aufruhr zum größten Teil tatsächlich auf Verwirrung zurückzuführen; aber ich konnte beim besten Willen nicht glauben, daß meine Worte ihn total verblüfften.
    Ich starrte ihn an.
    Er starrte mich an.
    »Es ist wirklich zum Verrücktwerden«, murmelte ich.
    »Oh, jetzt verstehe ich«, sagte er.
    »Was?«
    »Das sollte ein Scherz sein.«
    »O Gott!«
    »Irgendein besonders geistreicher Scherz.«
    »Warum hast du mir dann

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