Zwielicht
Unterlagen durch. Die Übersetzung in Föderationsstandard nahm die untere Hälfte der Darstellung ein. Die eigentliche Schriftsprache der fremden Rasse war ein Spiegel ihres Körperbaus: Die komplexen Symbole ähnelten den Formen und Farben, die Vaughn über ihre Leiber hatte tanzen sehen.
Müde und frustriert schloss er die Augen und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über die Lider. Die Texte boten nichts, was ihm und der Besatzung bei dem Versuch helfen könnte, das Meer aus Wolken zu durchstoßen, das den Planeten umgab. Seit fünfzehn Minuten dachte Vaughn schon darüber nach, wie er seine Nachricht ans Flottenkommando formulieren würde. Er musste das Schicksal der Vahni unterstreichen, ein Gefühl von Dringlichkeit suggerieren und …
»Brücke an Captain« , erklang Lieutenant Dax’ Stimme aus dem In-terkom. Nach dem Unglück der Sagan und Ensign Roness’ Verlust hatte sie einige Schichten pausiert, dann aber auf ihre Rückkehr in den aktiven Dienst bestanden. Bisher schien sie sich gut erholt zu haben.
»Vaughn hier, sprechen Sie.«
»Sir, wir haben etwas gefunden.«
Vaughn ließ die Hand sinken und öffnete die Augen. Der Vahni-Text begrüßte ihn, doch in seinem Geist sah er nur die Brückenbesatzung. »Ich bin unterwegs«, sagte er, schaltete den Monitor aus und verließ den Bereitschaftsraum. Kurz darauf betrat er das Kom-mandozentrum der Defiant . »Bericht.«
Beim Klang seiner Stimme sah Dax über ihre Schulter, dann erhob sie sich vom zentralen Sessel. »Wir haben die Wolkendecke nach Stellen gescannt, die die Sensoren durchdringen können – und wir sind fündig geworden.«
Vaughn blieb neben ihr stehen und sah zum Hauptbildschirm. Die Atmosphäre hatte sich gewandelt und erlaubte an manchen Stellen klare Sicht durch die Wolken. Die bräunlichen Flecken darunter mussten Land sein. »Was halten Sie davon, Ensign ch’Thane?«
»Ich vermute, es geht auf die konstanten Wolkenbewegungen zu-rück, Sir«, antwortete er. »Diese Seite des Planeten liegt diametral entgegengesetzt zu der, auf der wir den Ursprung des Impulses vermuten. Sollten die atmosphärischen Störungen auf diese Stelle zu-rückgehen, ist es nur logisch, dass sie hier in verringerter Zahl auftreten.«
»Wir wissen nicht, wie lange die Lücken offen sein werden«, sagte Dax. »Sensoren, Transporter und das Komm-System gelangen dank der energetischen Strömungen immer noch nicht hindurch, aber diesmal könnte es mit einer Sonde klappen.«
Vaughn sah zu ihr und nickte. »Kümmern Sie sich darum.«
Fünf Minuten später startete eine zweite Sonde. Während sie auf eine der Wolkenlücken zusteuerte und sie dann durchquerte, sahen Vaughn und der Rest der Besatzung zu, denn die Bildschirmdarstel-lung auf der Brücke passte sich ihrem Flug und ihrer Entfernung an.
Mehrfach störten die sich windenden Wolken das Bild, doch die Offiziere blieben bei der Sonde, bis diese ihre Zielhöhe erreicht hatte und ihre Reise rund um den Planeten begann. Mit ein wenig Glück würde sie am Morgen zurückkehren und ihnen verraten, was sich dort unten befand.
Vaughn bezweifelte, dass ihm diese Informationen gefallen würden.
Kapitel 28
Die schweren Türflügel des Sicherheitsbüros öffneten sich surrend.
Kira trat ein und auf den Tisch zu, ein Padd in der Hand. Ein halbes Jahr war vergangen, und noch immer überkam sie ein seltsames Ge-fühl des Verlustes, wann immer sie herkam und nicht Odo vorfand.
Hinter ihr schloss sich die Tür mit einem lauten Klick.
»Colonel?« Sichtlich verwundert blickte Ro von dem Monitor auf ihrem Schreibtisch auf.
»Klingt, als überrasche Sie mein Besuch.«
»Na ja, schon«, gestand Ro. »Allerdings nur, weil ich Ihnen gerade eine schriftliche Bitte um einen Gesprächstermin am morgigen Tag zukommen lasse.« Sie sah zurück zu ihrem Computerinterface und berührte eine Taste. »Schätze, das kann ich mir jetzt sparen.«
»Weswegen wollten Sie mich sehen?«, fragte Kira. Ein Blick auf die Sicherheitsmonitore verriet ihr, dass alle Zellen derzeit leer waren.
Ro lehnte sich zurück. »Wegen Quark.«
Kira lächelte humorlos. Diese Antwort war nicht gerade überraschend. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der skrupellose Ferengi Odos Abwesenheit nutzen und seine Versuche, das Gesetz zu brechen oder wenigstens neu zu interpretieren, ausweiten wür-de. Nichts anderes hatte sie von ihm erwartet. Die personellen Ver-
änderungen der vergangenen Monate mussten ihm ein Gefühl der Sicherheit
Weitere Kostenlose Bücher