Zwielicht
sie die Vermutung. Die Gerüchteküche mochte zwar verlauten lassen, Shakaar habe wenig für Politik und Prominenz übrig, doch schien es ihr, als bringe er sich in buchstäblich jeden Bereich der Re-gierungsgeschäfte selbst ein – insbesondere, wenn es um außerplanetare Dinge ging. Dem Föderationsrat lagen Berichte vor – nicht wenige von Captain Sisko persönlich verfasst –, denen zufolge Shakaar schlichten Gemüts war und sich nach einem leichteren, isolier-teren Dasein sehnte. Charivretha aber hatte einen anderen Mann kennengelernt. Einen, dessen beruflicher Erfolg nicht allein von Pflichtgefühl angetrieben wurde, sondern vom Willen.
Der Jubel dauerte einige Momente an, und dann fuhr Silverio fort.
»Des Weiteren schenkt uns der Premierminister Ladungen mit Kava -
Nüssen und Pooncheen -Früchten.« Zwei weitere Erträge Bajors. Die Menge feierte.
Vor lauter Überraschung kribbelten Charivrethas Antennen. Sie wandte sich um und sah zu Akaar, der ihren Blick sofort erwiderte, aber so aussah, als ließen ihn Silverios Ankündigungen völlig unberührt. Schließlich hoben sich seine Mundwinkel kurz an. Hätte Charivretha ihn nicht gut gekannt, wäre ihr das Lächeln nicht aufgefallen.
Die letzten Monate, in denen Bajors Antrag auf Föderationsmitgliedschaft erneut diskutiert worden war, hatten sich um die Frage gedreht, ob die Bajoraner wirklich bereit waren, Teil einer größeren Gemeinschaft zu werden. Ihre Lage am Rande des erforschten Alls machte sie verwundbar – in alter wie in neuerer Geschichte –, weckte in ihnen allerdings auch eine Vorliebe für das Eigenbrötlerische, die zweifelsfrei nicht beabsichtigt und ihnen vielleicht gar nicht bewusst, aber dennoch zu eigen war. Die Bajoraner hatten den Ruf, ein spirituelles, künstlerisches und freundliches Volk zu sein – zumindest im Umgang mit anderen als den Cardassianern, ihren langjährigen Besatzern. Dennoch hatten einige Ratsmitglieder, unter ihnen Charivretha selbst, ihre Fähigkeit angezweifelt, Beziehungen zu Bewohnern anderer Planeten zu pflegen.
Sie wandte sich gerade wieder Silverio zu, als diese ihre kurze Ansprache beendete. »Wir schulden den Bajoranern unseren aufrichtigen Dank, und wir hoffen, sie akzeptieren die Hand der Freundschaft, die wir ihnen hiermit gerne reichen.« Diesmal stimmten auch Shakaar und Asarem in den Applaus ein, während sie rechts und links neben die Präsidentin traten. Einige Momente lang standen die drei Politiker einfach da, als badeten sie in der Euphorie der Menge unter ihnen und in ihrer eigenen Gesellschaft.
Als sie sich schließlich abwandten und von der Brüstung traten, fragte sich Charivretha, ob die erwähnten Nahrungsmittel ein Beispiel bajoranischer Großzügigkeit oder Geschäftstüchtigkeit waren.
So oder so würden sie sich auf die Cardassia zugedachte Hilfe aus-wirken, wenngleich natürlich auch Güter anderer Welten und der Föderation zur Unterstützung der Cardassianer verwendet wurden.
Das Personal auf Deep Space 9 hatte die Hilfstransporte gut im Blick, und dennoch entschied Charivretha, dieser Änderung selbst nachzugehen. Ihre Auswirkungen auf Cardassia waren vermutlich minimal, hatte Bajors personeller Einsatz in dieser Sache doch weitaus mehr Gewicht als die relativ geringen Mengen an Nahrung, die es spendete.
Die zwei Minister begleiteten die Präsidentin an Charivretha und Akaar vorbei. »Ich bin froh, dass Bajor helfen konnte, Ihr Volk vor der Vernichtung zu bewahren«, sagte Shakaar gerade, »aber es freut mich noch mehr, dass unsere Bemühungen in einer neuen Partner-schaft unserer Welten resultierten.«
»Mir geht es ähnlich.« Silverio – Grazia , erinnerte sich das Ratsmitglied amüsiert – legte ihre Hand in Shakaars Armbeuge.
Charivretha und Akaar folgten ihnen in den Kommunikations-raum, wo der Premierminister die Militärangehörigen darüber in Kenntnis setzte, dass der Transport der Europani wieder aufgenommen werden durfte. »Wir sind im Konferenzsaal«, fügte er hinzu und eskortierte die Präsidentin mit Asarems Hilfe hinaus.
Charivretha blieb stehen und dachte über die hohe Kunst der Diplomatie nach, deren Zeuge sie gerade geworden war. Dann sah sie zu Akaar. Er schwieg, lächelte aber wieder auf seine nahezu unsichtbare Weise. Kurz war ihr, als müsse sie etwas sagen – über die Folgen und die Bedeutung des soeben Geschehenen –, erkannte aber, dass dafür immer noch Zeit blieb. Als sie weiterging, schloss Akaar sich ihr an, und sie wusste,
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