Zwielicht
noch immer schrecklich – umgab ihn wie gif-tiger Nebel, kam stetig näher und raubte ihm den Atem. Nog durchwühlte seinen Geist nach einer Möglichkeit, den Nebel zu beseitigen und Schutz vor ihm und der erstickenden Nähe dieses Grauens zu finden. Doch da war nur Hass.
»Sie haben es abgeschossen!«, zischte er.
Die Brauen des Dings zogen sich zusammen. Es neigte den Kopf zur Seite, verstand die Worte nicht.
»Ein Jem’Hadar schoss mir das Bein weg«, erklärte Nog lauter.
Warum stehe ich hier? , fragte er sich. Warum rede ich mit dieser Kreatur? Er wusste, dass er gehen sollte – sich umdrehen und schnellstmöglich fliehen. Und doch rührte er sich nicht vom Fleck.
Stattdessen sah er, wie der Jem’Hadar sein Bein betrachtete. »Es ist biosynthetisch.«
Der Jem’Hadar nickte. »Sie haben Glück«, sagte er in überraschend neutralem Tonfall. »Sie konnten Ihr Leben zurückfordern.« Es klang, als erwähne er eine simple Tatsache.
Es ist eine simple Tatsache , erinnerte sich Nog, drängte den Gedanken aber gleich wieder beiseite. »Kommt mir nicht wie Glück vor«, spie er aus, und vor seinem geistigen Auge erschien ein neues Bild.
Nog sah sich selbst, wie er einen Phaser auf das Monster vor sich richtete. In der Fantasie zögerte er nicht; er drückte ab und brannte dem Jem’Hadar einen Strahl grellweißer Energie in die Brust, ver-dampfte ihn. »Wäre es für Sie Glück, Ihr Bein für einen Felsklotz im Chin’toka-System zu opfern?«
Es war keine Frage. Nog sollte gehen, solange er noch konnte, doch irgendwie zwang ihn sein Schmerz zum Bleiben. Er wollte – er musste – dieser Kreatur zeigen, welches Leid ihm der andere Jem’Hadar zugefügt hatte.
»Das Chin’toka-System«, wiederholte das Ding. »Es ist mir ein Begriff. Das Dominion unterhielt dort zu Kriegszeiten ein Kommunikationsrelais.« Zum ersten Mal war Nog, als registriere er eine Ge-fühlsregung in der Stimme des Wesens. Verbitterung, vielleicht sogar Wut.
Gut. Er soll fühlen, was ich fühle.
»Damals fielen zweiundsiebzig Jem’Hadar«, fuhr die Kreatur fort, und nun hörte Nog den Zorn in seinen Worten.
» Sie versuchten, uns zu töten!«, widersprach er – verblüfft darüber, die Rettung der Bewohner des Alpha-Quadranten vor den Invasi-onshorden des Dominion mit einem Mal verteidigen zu müssen.
»Es war der Wille der Gründer«, sagte der Jem’Hadar.
Nogs Lautstärke stieg. »Das rechtfertigt gar nichts!«
»Im Gegenteil«, warf sein Gegenüber ein. »Alles, was im Namen der Gründer geschieht, ist richtig.«
»Auch der Schuss auf mein Bein?« Nog stand kurz davor, zu brüllen.
»Ich hege keinerlei Zweifel, dass die Soldaten, gegen die Sie kämpften, auf Ihren Tod aus waren«, antwortete die Kreatur. »Ihre Mission bestand in der Verteidigung des Kommunikationsrelais, und sie taten nur ihre Pflicht. Sie aber bekämpften sie. Der Angriff auf Sie war die einzig angemessene Reaktion.«
Nog kochte. Plötzlich war ihm, als müsse er sich auf das Monstrum stürzen, ungeachtet der Konsequenzen.
»Alles, was im Namen der Gründer geschieht, ist richtig«, wiederholte der Jem’Hadar. »Wäre dem nicht so, stünde ich jetzt nicht hier.« Er lehnte sich vor, bis sein Gesicht wenige Zentimeter von Nogs entfernt war. »Oder Sie.« Die Drohung, die in diesen beiden Worten steckte, unterstrich den Ausdruck in seinem Gesicht.
Nog taumelte zurück, unfähig zur Verteidigung. Diese Kreatur, dieser Soldat des Dominion, würde eines Tages zuschlagen, das wusste er. Bald. Das Ding war ein Killer!
Er drehte sich um, sah zur Wand neben dem Turbolift, hob die Hand und berührte das Kontrollfeld. Die Tür öffnete sich, und er stieg ein. »Ich stehe nicht hier«, murmelte er mit all seinem verbliebenen Mut. Erst als er die hintere Wand der Kabine im Rücken spür-te, sah er sein Padd auf der entgegengesetzten Seite des Korridors liegen. Sein Blick ruhte noch darauf, als sich die Tür wieder schloss.
»Heckluftschleuse«, sagte er, und der Lift begann seine horizontale Reise zum Ende des Schiffes. Nog wollte zur Station zurück und Colonel Kira über den Vorfall informieren, damit sie begriff, wie ge-fährlich der Jem’Hadar war … aber sie würde es nicht verstehen, und das wusste er. Sie glaubte Odo – das taten alle – und würde Nogs Warnungen als Angst interpretieren. Als Folge der schrecklichen Verletzung, die er sich im Chin’toka-System zugezogen hatte.
Trotzdem musste er zurück. Er würde auf die Ops gehen, an einer der
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