Zwielicht
doch sein Gesichtsausdruck verriet, dass er sie auf den Arm nehmen wollte. »Menschen«, sagte er tadelnd, rollte mit den Augen – und dann mussten sie beide lachen. Als sie ihm ihren aktuellen Favoriten unter den Jungennamen verriet – Marcus Dax –, erwiderte er, Marcus Nog klinge viel schöner.
Sie sprachen noch lange miteinander – über ihr Leben in der bajoranischen Einsamkeit, seine Arbeit auf der Defiant , über Colonel Kira, Dr. Bashir, Quark und andere. Sie sprachen sogar von Jake und Ben – und das so, wie sie es wohl beide seit Langem nicht getan hatten. Ohne Frust und Traurigkeit, sondern mit dem Genuss der Erinnerung. Mit Liebe.
Zwei Mal füllte Kasidy ihre Tassen nach, und sie nippten am Tee und am gesalzenen Kakao. Als sie sich schließlich erhoben, damit sie Nog den Rest des Hauses zeigen konnte, fühlte sie sich so stark und zuversichtlich wie lange nicht mehr. Zumindest für den Moment schien auch Nog die Sorgen vergessen zu haben, die ihn bei seiner Ankunft noch gezeichnet hatten.
Sie waren gerade auf dem Weg ins nächste Zimmer, da blieb Kasidy stehen und sah zu Nog hinunter. »Danke, dass du gekommen bist.«
Er lächelte, und dann zeigte sie ihm den Rest des Hauses, das sie, Ben und Jake gebaut hatten.
Kapitel 14
Thirishar ch’Thane ließ die Klappe zurückschnappen und erhob sich. Über die Konsole gebeugt, berührte er einige Kontrollelemente und sah zu, wie die Ebene-fünf-Diagnose ihre Arbeit begann. Worte und Zahlen rasten über die Anzeige. Einen Moment später signalisierte ein Pieplaut das Ende der Testsequenz, und eine Auswertung erschien. Shar ließ seine langen, schmalen Finger über das Bedien-feld gleiten und scrollte sich durch die Liste, um die Ergebnisse der Systemüberprüfung zu lesen. Wie bei den vorherigen vier Diagnostiken, die er den Sekundärkontrollen im Stellarkartografielabor an diesem Tag hatte zuteilwerden lassen, sah er nur grüne Resultate.
Doch die Information, nach der er wirklich suchte, kam erst ganz am Ende: die Verlaufsdauer der Überprüfung, zwei Komma drei Sekunden.
Treffer! Schnell lud er sich die Daten auf ein Padd, dann packte er sein Werkzeug beiseite und verließ das Labor. Aus welchen Gründen auch immer hatte die Errichtung des neuen Stellarkartografielabors den Technikern mehr Ärger bereitet als alles andere in den letzten drei Monaten. Die Primärsysteme hatten ihre Abschlussprüfung vor einer Woche bestanden, die sekundären vor drei Tagen, aber Shar war mit der Datenflussrate nicht zufrieden gewesen. Also hatte er sich entschlossen, einen letzten Verbesserungsversuch zu starten, wenn alle anderen fertig waren. Nun, am Ende seiner Schicht, hatte er sein Ziel erreicht.
Während er durch den Korridor in Richtung der Luftschleusen ging, kam ihm das Schiff nicht nur unheimlich leer, sondern vor allem still vor. Im Dock liefen natürlich weder Impuls-, noch Warpantrieb, doch auch die Geräusche der Ingenieur- und Wartungsteams waren verschwunden. Der Großteil der Besatzung hatte die Defiant am Nachmittag verlassen – mit Commander Vaughns Auftrag, sich am letzten Abend vor dem Start zu entspannen.
Da das Schiff fast leer war, herrschte gedimmtes Licht vor, und obwohl Shar wusste, dass er es sich nur einbildete, kam ihm die Luft kälter und trockener als sonst vor. Das geschah schon mal, wenn er sich lange an Bord oder in Stationsatmosphäre aufhielt – kein problematisches, sondern nur ein unangenehmes Gefühl. Temperatur und Luftfeuchtigkeit der Defiant entsprachen denen der Station, die wiederum nach bajoranischen Optimalwerten ausgerichtet waren.
Shar ertrug sie, hatte sich während seiner Zeit auf der Sternenflottenakademie und an Bord der U.S.S. Tamberlaine sogar eingewöhnt, freute sich allerdings hin und wieder darauf, in sein eigenes Quartier zurückzukehren und sie seinen persönlichen Vorlieben anzupassen.
Nun aber hatte er noch mehr Gründe, sich nach seinem Quartier zu sehnen. Heute würde er mit seiner Zhavey in ihrer Unterkunft zu Abend essen, auf ihre Bitte hin. Er legte keinen Wert darauf und wusste, was sie sich davon versprach: ihn zur Rückkehr nach Andor und zur Teilnahme an seinem Shelthreth zu bewegen. Unter anderen Umständen hätte er die Energie aufgebracht, ihre Einladung abzu-lehnen, doch er wusste, dass er in nur fünfzehn Stunden für drei Monate in den Gamma-Quadranten aufbrechen würde. Dort konnte er jeglichem ihrer Überzeugungsversuche widerstehen.
Als er sich der Luftschleuse näherte,
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