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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Ergänzt wurde das Ganze durch zwei nicht zusammenpassende antike Fingerlinge und einen schwachen Hauch von Balsam auf seinen sorgfältig rasierten Wangen. Seine ganze Aufmachung vermittelte den Eindruck, daß er etwas im Schilde führte. Trotzdem wurde er von dem jungen Rufius noch weit übertroffen.
    Es war meine erste richtige Begegnung mit besagtem jungen Mann. Wir trugen alle nur Tuniken – Prunkgewänder sind nicht Usus in den Provinzen – und seine war von feinster Qualität. Ich hatte mir eine einigermaßen ordentliche angezogen und Optatus seine beste. Trotzdem stach Rufius Constans uns aus. In dem lässig getragenen weißen Leinen, dem glänzenden Niellogürtel, den seinen Füßen angepaßten Kalbslederstiefeln und sogar einem Halsring (Jupiter!) schien er sich vollkommen zu Hause zu fühlen. Sicher besaß er Truhen voll von dem Zeug. Hier hatten wir also einen reichen, hoffnungsvollen Jüngling, der sich aufs Schickste gekleidet zu einem Abend unter Freunden aufmachte – und trotzdem war er so nervös wie ein Floh.
    Schön war Constans nicht, aber ganz passabel. Seine Nase in dem jungen ungeformten Gesicht war nur ein schwacher Abklatsch von der seiner Schwester, aber etwas an der Art, wie er schüchtern in die Welt guckte, erinnerte an sie. Mit seinen knapp zwanzig Jahren wirkte er noch unfertig, und es fehlte ihm an Imposanz, die er für eine Elitekarriere im öffentlichen Dienst brauchen würde, wie sie sein stolzer Großvater für ihn vorgesehen hatte. Vielleicht gab er mir auch nur das Gefühl, daß ich alt war.
    »Ich wollte Sie schon die ganze Zeit fragen«, sprach ich den jungen Mann beiläufig an, »wie Ihnen das Theater gefallen hat?«
    »Was?« Er hatte eine helle Stimme und ruhelose Augen. Mag sein, daß jeder zwanzigjährige Bursche, der sich in einer ruckelnden Kutsche Knie an Knie mit einem älteren, lebenserfahrenen Mann befindet, automatisch unsicher wirkt. Oder er hatte vielleicht etwas zu verbergen.
    »Ich hätte Sie während Ihrer Rom-Reise mit Ihrem Großvater beinahe kennengelernt. Aber Sie und Quinctius Quadratus hatten beschlossen, an jenem Abend ins Theater zu gehen.« War es nur Einbildung, oder nahm ich da einen gehetzten Blick wahr? »War es was Gutes?«
    »Kann mich nicht erinnern. Ein Mime, glaube ich. Tiberius nahm mich hinterher in eine Weinschenke mit, daher ist alles ziemlich verschwommen.«
    Noch war es zu früh am Abend, um ihn unter Druck zu setzen. Ich lächelte und ließ ihm die Lüge durchgehen. Zumindest war ich davon überzeugt, daß es eine Lüge war. »Wenn Sie abends in Rom ausgehen, müssen Sie sehr vorsichtig sein. Man kann leicht überfallen werden. Dauernd werden Leute auf der Straße zusammengeschlagen. Sowas haben Sie nicht mitbekommen, nehme ich an?«
    »O nein.«
    »Das ist gut.«
    »Es tut mir leid, daß ich die Gelegenheit verpaßt habe, Sie kennenzulernen«, fügte Rufius hinzu. Er war zur Höflichkeit erzogen worden.
    »Sie haben auch einiges Aufregende verpaßt«, erwiderte ich.
    Um was es sich handelte, sagte ich nicht, und er zeigte keine Neugier. Offenbar ein außergewöhnlicher junger Mann.
    Bitterkeit erfüllte mich. Ich dachte immer noch an den toten Valentinus und sogar an Anacrites, als die Kutsche vor der eleganten, außerhalb der Stadt gelegenen Residenz der Annaei vorfuhr.
     
    Lucius Annaeus Maximus Primus, Lucius Annaeus Aelius Maximus und Lucius Annaeus Maximus Novatus (um Großmaul, Knallkopp und Frettchen offiziell die Ehre zu geben) wußten, wie man eine Fete organisierte. Geld spielte keine Rolle, genau so wenig wie Geschmack. Die Haussklaven waren in vollem Einsatz. Es tat sich wesentlich mehr als bei den steifen Festivitäten, die ich hier während der Parilia beobachtet hatte. Befreit von der elterlichen Autorität waren unsere Gastgeber ganz sie selbst, nämlich ein ausgelassenes, übermütiges Trio. Ich war froh, daß sie nicht meine Söhne waren.
    Sie hatten sämtliche Blumengirlanden von Corduba aufgekauft. Das mit Fresken geschmückte Haus ihres Vaters roch wie alle Gärten im alten Tartessos zusammen, die Luft war von Pollen erfüllt, ein Alptraum für empfindliche Nasen. Zusätzlich zu dem Lampenrauch, dem Blumenduft und dem durchdringenden aromatischen Geruch für diesen Anlaß besonders sorgfältig zurechtgemachter junger Körper, hatten sich die Jungs noch ein ägyptisches Thema für den Abend ausgedacht. Es umfaßte ein paar selbstgemachte, hundeköpfige Götter, einige Schlangen aus Korbgeflecht, zwei

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