Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
meisten echten Brüdern, die sich schon von Kindesbeinen an gezankt haben.
    »Machen Sie sich nichts draus«, sagte ich. »Es gibt schon viel zu viele Tragödien auf dieser Welt und beinahe genug Satiren. Zumindest wird bei Ihren Träumereien auf einem Floß auf dem Baetis Ihr Gedankenfluß nicht ständig roh unterbrochen.« Damit der gescheiterte Poet nicht meinte, ich wolle mich über ihn lustig machen, fuhr ich rasch fort: »Als der Tumult losging, war ich gerade dabei, Gorax zu erklären, daß Ihr Vater und ich uns bei einem sehr angenehmen Essen in Rom kennengelernt haben.«
    »Vater macht nach wie vor die Geschäftsreisen ins Ausland«, bestätigte Cyzacus junior.
    »Und worum ging es bei dieser? Um das Knüpfen von Kontakten?«
    Cyzacus und Gorax wechselten Blicke. Der eine hielt sich für einen Intellektuellen, und der andere war eine zusammengeschlagene Kampfmaschine – aber keiner von beiden war dumm.
    »Sie sind der Mann aus Rom!« sagte mir Cyzacus mit saurer Miene auf den Kopf zu.
    Gorax knurrte: »Wir haben Sie erwartet.«
    »Das hatte ich auch gehofft. Ich war schon dreimal hier!« überging ich ihre düsteren Anspielungen. »Jedesmal war das Büro geschlossen.«
    Wieder tauschten sie Blicke aus. Was immer sie mir erzählen würden, es war vorher abgesprochen. Jemand hatte sie bereits dazu angehalten, mir die Sache so schwer wie möglich zu machen.
    »Na gut«, sagte ich dann in freundlicher Vertraulichkeit. »Corduba scheint eine Stadt zu sein, in der es keine Geheimnisse gibt. Ich weiß nicht, wie eng Sie mit Ihrem Vater zusammenarbeiten, aber ich muß ihm ein paar Fragen über das Ölgeschäft stellen.«
    »Vater hält sich die meiste Zeit in Hispalis auf«, sagte der echte Sohn. »Dort hat die Gilde der Flußschiffer ihr Hauptquartier. Er ist ein bedeutender Mann in der Gilde.« Es schien ihm außerordentlich zu gefallen, daß er mir so wenig weiterhelfen konnte.
    »Dann sollte ich besser sehen, wie ich nach Hispalis komme«, erwiderte ich unbeirrt. Wieder bemerkte ich, wie die Brüder nervös herumdrucksten. »Wird die Ladung auf diesem Lastkahn bald flußabwärts befördert? Kann ich eventuell mitfahren?«
    Sie sagten mir, wann der Lastkahn ablegen würde. Wahrscheinlich waren sie erleichtert, mich an ihren Vater loszuwerden. Meiner Erinnerung nach war er ein zäher Bursche. Gorax bot mir sogar an, mich kostenlos auf dem Lastkahn nach Hispalis mitfahren zu lassen. Das war einer der wenigen Vorteile der Ermittlungsarbeit. Wenn ich Leute befragte, schienen sie oft ganz erpicht darauf, mein Fahrgeld zu bezahlen, um mich loszuwerden, am liebsten, wie in diesem Fall, an einen hundert Meilen entfernten Ort.
    »Ist es nicht ein bißchen unbequem für die Flußschiffer«, fragte ich, »so viele Geschäfte in Corduba abzuwickeln, während sich der Sitz der Gilde in Hispalis befindet?«
    Der Dichter lächelte. »Es funktioniert. Wir von Cyzacus et Filii agieren hier wie dort als Vermittler.«
    Auch ich schenkte den beiden ein Lächeln. »Viele Leute haben mir erzählt, daß Cyzacus et Filii die einflußreichsten Flußschiffer auf dem Baetis sind.«
    »Das stimmt«, bestätigte Gorax.
    »Das heißt also, wenn sich die Ölhersteller zur Förderung ihrer Geschäfte zusammenschlössen, wäre Ihre Firma als Vertreter der Flußschiffer-Gilde ebenfalls daran beteiligt?«
    Der jüngere Cyzacus wußte genau, daß ich damit auf das mögliche Kartell anspielte. »Die Flußschiffer und die Ölhersteller kümmern sich ausschließlich um ihre eigenen Interessen.«
    »Oh, dann muß ich etwas falsch verstanden haben. Ich hatte den Eindruck, Ihr Vater sei nach Rom gereist, um an Verhandlungen über ein neues System von Preisabsprachen teilzunehmen.«
    »Nein, seine Reise nach Rom hing mit einem Besuch der Gildeniederlassung in Ostia zusammen.«
    »Ah, so! Sagen Sie mir, hat Ihr Vater ab und zu mit Tanzmädchen zu tun?«
    Sie lachten beide. Es klang völlig aufrichtig. Sie sagten mir, ihr Vater habe schon seit fünfzig Jahren kein Mädchen mehr angeschaut und waren als treuergebene Söhne auch tatsächlich davon überzeugt, wie ich ihnen anmerkte.
    Dann mußten wir mit diesen Ausweichmanövern aufhören, weil ein verzweifelter Schrei ertönte. Mein Fahrer Marmarides paddelte immer noch in bewährter römischer Legionsmanier (die er im Dienste seines Herrn Stertius gelernt haben mußte) auf dem Rücken im Fluß, hatte den Wachmann am Kinn gepackt, um dessen Kopf über Wasser zu halten, während der Wachmann seinen Weinkrug

Weitere Kostenlose Bücher