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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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umklammert hielt und sie beide geduldig darauf warteten, daß jemand ihnen ein Tau zuwarf.

XXXVI
    Mein gesellschaftliches Leben machte Fortschritte. Ich war schier ausgebucht, nachdem mir zuerst Optatus zünftige Vergnügungen mit den Junggesellen von Corduba versprochen hatte und mir nun eine Freifahrt auf dem Baetis angeboten wurde.
    Wäre die Befragung des älteren Cyzacus der einzige Grund für einen Besuch in Hispalis gewesen, hätte ich vielleicht darauf verzichtet, aber da gab es auch noch den Negotiator Norbanus, der die Überseefrachten von diesem Hafen aus organisierte. Vielleicht gelang es mir sogar, die schwer faßbare und mörderische »Selia« aufzuspüren – vorausgesetzt, die Steine werfende falsche Schäferin hatte ihren richtigen Namen benutzt. Hispalis stellte allerdings ein Problem dar. Auf meiner Karte lag es gute neunzig römische Meilen entfernt – in Luftlinie. Doch der Baetis verlief in unzähligen Windungen. Das konnte eine Reise von einer Woche bis zu vierzehn Tagen bedeuten, nur um Befragungen durchzuführen, bei denen möglicherweise absolut nichts herauskam. Ich konnte es mir nicht leisten, so viel Zeit zu verplempern. Wenn ich Helena Justina betrachtete, wuchs meine Angst und Besorgnis jeden Tag mehr.
    Cyzacus und Gorax hatten zweifellos beabsichtigt, mich meine Zeit grundlos verschwendeten zu lassen. Wenn es den beiden gelang, einen Regierungsagenten vierzehn Tage außer Aktion zu setzen, indem sie ihn auf einem sehr langsamen Lastkahn weit ab vom Schuß festhielten, wären sie bestimmt stolz auf sich gewesen. Sie wollten ihren Vater beschützten und ahnten nicht, daß mir die Tänzerin viel wichtiger war. Vor allem wegen ihr wollte ich nach Hispalis. Ich war mir sicher, daß Cyzacus senior in allen Einzelheiten über das Essen berichtet hatte. Ob er den beiden jedoch auch von den hinterher erfolgten Überfällen erzählt hatte, hing davon ab, wie weit er ihnen traute. Des Dichters Aufenthalt in Rom, der zwar in Hinsicht seines literarischen Ruhms ein Fehlschlag gewesen war, hatte ihn jedoch eindeutig gelehrt, eine fürchterliche keltiberische Nervensäge zu sein.
    Ich hatte bisher zwei Verdächtige befragt, Annaeus Maximus und Licinius Rufius. Zwei weitere würde ich mir in Hispalis vorknöpfen, vorausgesetzt, ich schaffte es je bis dorthin. Doch da war noch ein weiteres Paar, das durchaus in die Sache verwickelt sein konnte, auch wenn es sich dem Essen auf dem Palatin entzogen hatte: der junge Rufius Constans und Quinctius’ Sohn. Sie waren beide zur fraglichen Zeit in Rom gewesen. Optatus meinte, Quinctius Quadratus würde einen schlechten Einfluß auf Constans ausüben – obwohl ich, bevor ich Quadratus nicht selbst kennengelernt und eingeschätzt hatte, davon ausgehen mußte, daß sein ehemaliger Pächter ihm gegenüber voreingenommen war. Doch der vorsichtige griechische Sekretär im Hause von Quinctius Attractus, der mir als erster davon erzählt hatte, daß sich die beiden jungen Männer ins Theater abgesetzt hatten, war mit Einzelheiten sehr zurückhaltend gewesen. Weder die jungen Männer noch ihr Aufenthaltsort waren mir damals wichtig für die Ermittlungen erschienen. Jetzt war ich mir dessen nicht mehr so sicher.
    In diese Richtung konnte ich sofort weiterforschen, da Optatus erfahren hatte, daß die drei Annaeus-Jungs ihr Fest schon in zwei Tagen veranstalten würden. Durch alte Verbindungen war es ihm gelungen, Einladungen für uns beide zu bekommen. Der junge Rufius wollte seinen Großvater nicht damit verärgern, sich offen mit Rivalen zu verbünden, also gab er vor, uns an jenem Abend zu besuchen, und wir würden ihn mitnehmen. Marmarides sollte uns fahren und später diejenigen nach Hause bringen, die noch einigermaßen nüchtern waren. Helena schien sich an das letzte Mal zu erinnern, als ich ohne sie ausgegangen war und hinterher noch nicht mal den Weg nach Hause finden konnte. Sie verabschiedete uns mit deutlicher Mißbilligung. Offenbar nahm Claudia Rufina die gleiche Haltung ein; sie blieb zu Hause bei ihren Großeltern, hing aber anscheinend so an ihrem Bruder, daß sie sich anständigerweise bereit erklärt hatte, ihn nicht zu verraten.
    Ich entschied mich an jenem Abend nur dafür, nichts zu tragen, das Flecke aufwies. Optatus hatte sich regelrecht in Schale geworfen. Er trug ein äußerst schickes Gewand, eingefärbt in dem berühmten baetischen Zinnoberrot undmit erhabenen schwarzen Flechtlitzen am Halsausschnitt und Schulternähten eingefaßt.

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