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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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was die Leute meinen, wenn sie von Ihnen sprechen«, sagte Quadratus plötzlich. Ich fragte mich, wer »die Leute« wohl waren, die ihm von mir erzählt hatten. Er wollte wissen, wie gut ich wirklich war – und wie gefährlich.
    Ich hob eine Augenbraue und genoß sein Unbehagen, als er fortfuhr: »Sie sitzen da und trinken in aller Gemütsruhe Ihren Wein. Aber irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß Sie denken: ›Das ist ein recht trinkbarer Jahrgang, wenn auch ein bißchen süß.‹ Sie befinden sich in einer vollkommen anderen Welt, Falco.«
    »Der Wein ist ganz passabel. Baetica bekommt zuviel Wind vom Süden. Das ist nicht gut für die Trauben.«
    »Jupiter, Sie wissen aber auch alles! Ich bewundere das. Wirklich.« Er meinte es aufrichtig. »Sie sind ein absoluter Profi. Darin würde ich Ihnen gern nacheifern.« Das mochte ja sein – aber nicht, wenn es bedeutete, daß er für geringen Lohn arbeiten, sandiges Brot essen und zu viel Miete für ein Elendsloch in einem schäbigen Mietshaus zahlen mußte.
    »Man muß nur gründlich sein.« Mir stand nicht der Sinn nach seinen heuchlerischen Komplimenten oder seiner Unwissenheit über die wirkliche Welt.
    »An was denken Sie, Falco?«
    »Nichts verändert sich«, sagte ich. »Ständig werden uns Lektionen erteilt – und wir lernen nichts daraus.«
    Quadratus hatte seine Sinne noch einigermaßen beisammen, aber seine Sprechweise wurde immer lallender. Ich hatte viel weniger getrunken. Mir war der Appetit daran vergangen. Genau wie der Appetit auf Philosophie.
    Unten im Garten huschten schwach erkennbare Gestalten herum, offenbar mit einer plumpen Form von Versteckspiel beschäftigt. Ich sah einen Moment lang zu, spürte mein Alter und wandte mich wieder an den Quästor. »Was gedenken Sie, Tiberius Quinctius Quadratus, also als Quästor zu tun, um die Bildung eines Ölkartells in Baetica zu verhindern?«
    »Gibt es denn eins?« fragte er mich plötzlich so naiv wie die zweitklassigen Jungfrauen, die quietschend zwischen den beschnittenen Myrtenbäumchen auf der Terrasse unter uns herumrannten.

XXXVIII
    Ich erhob mich, schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter und reichte ihm den Weinkrug. »Genießen Sie den Abend.«
    »Was für ein Kartell?« nuschelte er viel zu ernst.
    »Dasjenige, das es in dieser ehrbaren Provinz, wo die Geschäftsleute so moralisch sind und die Beamten ihre Pflichten mit höchster Redlichkeit erfüllen, natürlich nicht geben kann!«
    Ich trat zurück in das überheizte Zimmer. Überall war Wein vergossen. Das illustre Großmaul und seine Kumpane brüllten vor Lachen, hatten glänzende und hochrote Gesichter. Sie hatten das glückselige Stadium erreicht, sich über ihre eigene Dämlichkeit kaputtzulachen. Marius Optatus war verschwunden, was ich ihm nicht vorwerfen konnte, aber da wir uns eine Kutsche teilten, war es etwas lästig. Er hatte vermutlich einen Gutsverwalter gefunden und diskutierte mit ihm über die Feinheiten der Korbherstellung aus Kastanienzweigen. Seine Interessen waren von praktischer Natur.
    »Tolle Fete!« lobte ich meinen Gastgeber. Er schaute erfreut. »Ist Ihre Schwester da?«
    »Eingesperrt in ihr Schlafzimmer und tut so, als wisse sie von nichts!«
    Vielleicht würde Aelia Annaea etwas kultivierte männliche Gesellschaft begrüßen. Es konnte einen Versuch wert sein.
    Als ich über die Feiernden hinweg und hinaus in den Flur kletterte, ertönte hinter mir ein Chor betrunkener Juchzer. Ein armer Kerl lag bereits lang ausgestreckt neben einem Nippesschränkchen, die Augen in dem qualverzerrten Gesicht fest geschlossen. Meiner Schätzung nach würden sie alle in weniger als einer Stunde über das Balkongeländer kotzen. Doch ein oder zwei würden es nicht bis dahin schaffen. Schlechte Aussichten für die Porphyrvasen und die seidenbedeckte, auf Elfenbeinfüßen ruhende Leseliege des Vaters meines Gastgebers. Seine gesammelten Werke griechischer Literaten waren bereits von trampelnden Füßen ordentlich zertreten oder als Fliegenklatsche zusammengerollt worden.
     
    Die Daumen in den Gürtel gehakt, bahnte ich mir vorsichtig meinen Weg durch Gruppen ausgelassener, völlig überdrehter reicher Kinder. Nicht gerade beruhigend für einen Vater, dessen erster Nachwuchs in wenigen Wochen zur Welt kommen sollte. Annaeus Maximus hätte sich auch einen besseren Zeitpunkt für den Besuch seiner Güter in Gades ausdenken können.
    Wie ich fast erwartet hatte, erfuhr ich nichts, was mir bei meiner Ermittlung weiterhalf,

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