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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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um. »Eine Quästur ist kein Spaziergang.«
    »Ich bin noch nicht richtig eingearbeitet.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Sein Gesichtsausdruck änderte sich nicht. Er hatte keine Ahnung, was Leute, die Bescheid wußten, davon hielten, daß man ihm gleich nach seinem Amtsantritt Jagdurlaub gegeben hatte. Wie sollte er auch? Er war ein unerfahrener Neuling in der Bürokratie. Vermutlich meinte er, der Prokonsul hätte ihm nur eine Freude bereiten wollen. Leute wie er erwarten, daß man ihnen gefällig ist. Pflichten kommen dabei nicht ins Spiel.
    »Natürlich ist der Posten mit einer Menge Verantwortung verbunden«, erklärte er. Ich setzte eine mitfühlende Miene auf und ließ ihn reden. »Schätze, damit werde ich schon fertig.«
    »Der Senat und der Kaiser sind zweifellos davon überzeugt, Quästor.«
    »Natürlich ist vieles reine Routine.«
    »Und es gibt Festangestellte, die daran gewöhnt sind, die Arbeit zu erledigen.«
    »Trotzdem werden einige schwierige Entscheidungen zu fällen sein. Dafür brauchen sie mich.«
    Der Schreiber aus Hadrumetum mit dem verkniffenen Gesicht, den ich im Palast des Prokonsuls kennengelernt hatte, war zweifellos in der Lage, mit jeder Entscheidung fertig zu werden, unter die der Quästor seinen Namen setzen mußte.
    Ich goß Quadratus Wein nach. Mein eigener Becher stand noch randvoll auf der Balustrade. »Was genau ist Ihr Aufgabenbereich?« Er zuckte unbestimmt die Schultern. Diese Jungs werden doch nie mit vernünftigen Anweisungen in die Provinzen geschickt. Ich faßte die Rolle des Quästors für ihn zusammen: »Außer der Vertretung des Prokonsuls bei Gericht müssen Vermögenssteuer, provinzielle Kopfsteuer, Hafensteuer, Erbschaftssteuer und die staatliche Abgabe für die Freilassung von Sklaven eingetrieben werden. Hispanien ist riesig. Baetica mag zwar nicht die größte Provinz sein, aber sie ist die wohlhabendste und bevölkerungsreichste. Die Summen, die Sie zu verwalten haben, müssen bedeutend sein.«
    »Aber es ist kein wirkliches Geld.«
    Ich widersprach. »Für die Kaufleute und Haushaltungsvorstände, die es aufbringen müssen, ist es das aber!«
    »Ach, das haben sie doch alles einkalkuliert … Für mich sind das nur Zahlen. Ich bin nicht verpflichtet, mir die Hände mit Münzenzählen schmutzig zu machen.«
    Die Bemerkung, wie erstaunt ich war, daß er überhaupt zählen konnte, verbiß ich mir. »Auch wenn Sie mit den Penunsen selbst nichts zu tun haben, hat man Ihnen eine Menge anderes anvertraut: ›Das Eintreiben, Auszahlen, Bewachen, Verwalten und Kontrollieren öffentlicher Gelder‹. «
    Quadratus entschied sich für Schnodderigkeit. »Ich gehe davon aus, daß mir die Berichte vorgelegt werden und ich sie abzeichne – oder sie verändere, wenn sie nicht stimmen«, kicherte er. Großes Verantwortungsgefühl drückte ihn nicht. Ich sah schon die fürchterlichsten Möglichkeiten für Veruntreuung vor mir. »Machen wir uns doch nichts vor, Falco – ich besitze einen Titel und ein Siegel, aber in Wirklichkeit sind mir die Hände gebunden. Daran, wie die Dinge gehandhabt werden, kann ich nichts ändern. Das weiß Rom ganz genau.«
    »Sie meinen, weil Sie diesen Posten nur für ein Jahr innehaben?«
    Er schaute mich erstaunt an. »Nein, weil es einfach so ist.«
    Das war die miese Seite des Regierens. Einem unerfahrenen, übermäßig selbstbewußten jungen Mann wurde enorme Macht eingeräumt. Sein einziger Vorgesetzter war der stark beanspruchte Statthalter, der selbst ein gerüttelt Maß an legislativer und diplomatischer Arbeit zu bewältigen hatte. Wenn die festangestellten Beamten, von denen die Provinzen in Wirklichkeit verwaltet wurden, korrupt waren oder die Dinge schleifen ließen, konnte dieser Außenposten des Imperiums auseinanderbrechen. Und bei diesem draufgängerischen und völlig ahnungslosen Junghengst, der ihnen da vor die Nase gesetzt worden war – wer konnte es ihnen verdenken, wenn sie die Lust verloren?
    Etwas Ähnliches war vor über einem Jahrzehnt in Britannien passiert. Ich war dort. Ich wußte Bescheid. Der Iceneraufstand wurde durch eine Kombination gleichgültiger Politiker, tyrannischer Militärkräfte und falsch gehandhabter Finanzkontrolle ausgelöst. Das hatte die örtliche Bevölkerung aufgebracht und führte zu einem regelrechten Abschlachten. Ironischerweise war einer der Hauptauslöser das plötzliche Zurückziehen von Darlehen gewesen, die Seneca gegeben hatte – dieser große Name aus Corduba.
    »Jetzt verstehe ich,

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