Zwielicht in Cordoba
recht, ihn für seinen Charme zu bewundern.
»Jemand hat mir erzählt, Quadratus, daß Sie kurz davor stehen, mit dem Rufius-Mädchen Eheverträge abzuschließen?«
Er sah mich mit festem Blick an. »Dazu kann ich nichts sagen. Mein Vater wird zu gegebener Zeit eine Eheschließung verkünden.«
»Sie sind also noch nicht bereit?«
»Es muß alles seine Richtigkeit haben.«
»Aber gewiß. Das ist für jeden eine wichtige Entscheidung.«
»Da kommen persönliche Dinge ins Spiel – und ich muß an meine Karriere denken.«
Ich hatte richtig geraten. Er würde nie eine Verbindung in Baetica eingehen.
»Erzählen Sie mir etwas über sich, Falco.«
»Oh, ich bin ein Niemand.«
»Eselsmist und Stiertestikel!« sagte er grob. »Da habe ich aber was anderes gehört.«
»Wieso, was haben Sie denn gehört?«
»Daß Sie ein politischer Kanalreiniger sind. Sie übernehmen Aufträge für den Kaiser. Es gibt da ein Gerücht, daß Sie ein Problem in den britannischen Silberminen ausgeräumt haben.« Ich schwieg. Mein Auftrag in Britannien war nur einem sehr kleinen Kreis bekannt. Eine äußerst heikle Angelegenheit. Berichte über die Mission waren verbrannt worden, und mochte sich der Vater des Quästors in Rom auch für noch so wichtig halten, er hätte nie davon erfahren dürfen. Falls er wirklich etwas wußte, würde es den Kaiser alarmieren.
Über das, was ich als Sklave verkleidet in den Minen bei Vebiodunum erlebt hatte, sprach ich nie. Dreck, Ungeziefer, Auspeitschungen, Hunger, Erschöpfung, der widerliche Aufseher, dessen freundlichste Bestrafung darin bestand, den Missetäter zu erwürgen, während seine einzige Belohnung eine Stunde erzwungener Sodomie war … Mein Gesichtsausdruck mußte sich verfinstert haben. Doch Quadratus bemerkte nichts.
Mein Schweigen hielt ihn nicht von seinen eigenen Gedankengängen ab. »Sie sind nicht zufällig ein Spezialist für Schürfrechte, Falco? Sie wirkten recht interessiert, als ich Aelia Annaeas Erbe erwähnte. Hier sind Sie in der richtigen Provinz dafür. Wir haben Eisen, Silber, Kupfer und Gold in großen Mengen. Vieles davon in Corduba – über all das muß ich für meine Arbeit Bescheid wissen«, erklärte er.
»Die aes Marianum «, erwiderte ich ruhig. »Die berühmte Kupfermine bei Corduba, die das hochwertige Erz für sämtliche römischen Bronzemünzen liefert. Tiberius wollte sie verstaatlichen. Er ließ Sextus Marius, den Millionär, dem sie gehörte, vom Tarpeischen Felsen auf dem Kapitol werfen.«
»Wieso das?«
»Er war wegen Inzest angeklagt.«
»Das ist widerwärtig.«
»Es war eine abgekartete Sache.« Ich lächelte. Beinahe hätte ich hinzugefügt, daß sich die Dinge nie ändern – aber der unverwüstliche Optimist in mir hoffte, daß derlei unter Vespasian nicht mehr geschehe.
»Erstaunlich, was Sie alles wissen, Falco!«
»Ich sammle Informationen.«
»Aus beruflichen Gründen?«
»Ich bin Privatermittler. Informationen sind die Grundlage meines Geschäftes.«
»Dann muß ich mich wohl in acht nehmen«, grinste Quadratus. »Mein Vater gehört dem Senatskomitee an, das für die Münzminen zuständig ist.«
Das verstärkte mein Unbehagen: Ein weiterer wichtiger Geschäftszweig in Baetica, in dem Quinctius Attractus seine dreckigen Pfoten hatte. Zum Glück war ein kaiserlicher Prokurator der eigentliche Verantwortliche für die aes Marianum Mine. Als Ritter und Staatsdiener war seine einzige Sorge, daß er die Sache um seiner selbst willen gut machte. Das war die Kehrseite der Regierung, in die sich selbst die Quinctii nicht einmischen konnten.
»Soso. Ihr Vater sitzt im Senatskomitee, ja?« Es paßte ins Bild. Attractus wollte seinen Einfluß in jedem Bereich der Provinz geltend machen. Den Sitz im Komitee zu bekommen war bei seinen ausgeprägten Interessen in Baetica sicher keine Schwierigkeit gewesen. »Ich bin überrascht, daß Ihre Familie nicht selbst am Erzabbau beteiligt ist.«
»O doch, das sind wir«, lachte der junge Quadratus. »Es gibt eine Silbermine bei Castulo, die von einer Gesellschaft geführt wird. Mein Vater ist an der Konzession beteiligt, ist ein führendes Mitglied der Fördergesellschaft. Ich vertrete ihn, während ich hier bin. Wir besitzen auch eine eigene Kupfermine.«
Ich hätte es wissen müssen.
»Erstaunlich, daß Sie noch Zeit für diese Familiengeschäfte finden«, warf ich kühl ein. Ich hatte ihn schwadronieren lassen, bis ich meinte, ihn einigermaßen zu kennen, aber jetzt war seine Zeit
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