Zwielicht in Cordoba
zu treten, aber ich mußte mich schützen. Also warf ich mich mit dem ganzen Körper gegen sie und pinnte sie dann mit der Schulter fest, damit ich beide Hände frei hatte, ihr das Messer abzuringen. Diesmal klappte es. Das Messer fiel klirrend zu Boden. Sofort wurde sie schlaff, spannte sich aber gleich darauf wieder gewaltig an. Ihr Arm entglitt meinem Griff.
Ich hielt sie immer noch gegen die Wand gepreßt, aber ihr zuckender Körper war so glitschig wie ein lebendiger Fisch. Ich ließ das eine Knie hochschnellen und konnte so verhindern, daß sie das Messer wieder erreichte. Aber sie entwand sich mir, ließ sich fallen, kroch in Windeseile unter den Tisch, richtete sich auf und brachte ihn zum Kippen. Salbentöpfchen, Fläschchen und Kästen fielen in einem Hagel von Glassplittern krachend zu Boden, Puderwolken und schwere Parfümgerüche stiegen auf. Ich ließ mich nicht davon irritieren, und das Anheben des schweren Tischs hatte sie die Sekunde gekostet, die ich brauchte, um auf sie zuzuhechten und den einzigen Körperteil zu packen, den ich mit beiden Händen umfassen konnte: ihren Hals.
»Halt still, oder ich würg dich, bis dir die Augen aus dem Kopf quellen!« Sie wollte sich wehren. »Glaub mir!« warnte ich sie erneut und schüttelte das Gewirr billigen Schmucks ab, in dem sich mein Fuß verheddert hatte. Um meiner Warnung Gewicht zu verleihen, drückte ich fest zu. Sie würgte. Ich war außer Atem. Sie erkannte, daß alles Wehren vergeblich war, und stand still. Ich spürte, wie sich ihr Unterkiefer versteifte, als sie mit den Zähnen knirschte und sich zweifellos schwor, nichts zu sagen und mich zu beißen, wenn sie konnte.
»Meine Güte, wie intim!« Ihre Augen ließen mich wissen, wohin sie mich wünschte. Ihre Hände zuckten, bereit, mich zu packen. Wieder drückte ich fester zu. Sie blieb vernünftig. »Wie kommt es nur, daß alle hübschen nackten Mädchen, in deren Armen ich liege, mich töten wollen?« Ihre Antwort war ein haßerfüllter Blick. Nun ja, die Frage war sowieso nur rhetorisch gewesen. Während sie mich anfunkelte, drehte ich sie plötzlich herum, so daß sie nun mit dem Rücken zu mir stand und ich mich Frontalangriffen nicht mehr so schutzlos ausgeliefert fühlte. Den einen Arm fest um ihren Hals geschlungen, bückte ich mich und griff nach dem Dolch, den ich stets im Stiefel trage. Das verbesserte meine Lage erheblich. Ich ließ sie sehen, was ich da hatte. Dann drückte ich ihr die Spitze unter die Rippen, damit sie merkte, wie scharf die Klinge war.
»Und jetzt werden wir reden.«
Sie stieß ein wütendes Gurgeln aus. Ich verstärkte den Druck auf ihre Luftröhre, und sie wurde wieder ruhig. Dann schob ich sie rüber zum Tisch, den sie praktischerweise geleert hatte, und drückte ihr Gesicht auf die Platte hinunter. Ich lag auf ihr. Das hatte zwar seinen Reiz, aber ich war zu beschäftigt, es zu genießen. Frauen festzuhalten ist nicht so einfach; sie sind zu geschmeidig. Die Götter mögen wissen, wie Vergewaltiger das schaffen – gut, sie benutzen Terror, was auf Selia keine Wirkung hatte. Ich stach ihr die Dolchspitze in den gut geölten Rücken. »Ich kann dir Narben beibringen, die du dein Leben lang nicht mehr los wirst, oder dich einfach töten. Denk daran.«
»Verdammtes Schwein.«
»Ist Selia dein wirklicher Name?«
»Verpiß dich.«
»Sag mir, für wen du arbeitest.«
»Für jeden, der bezahlt.«
»Du bist eine Agentin.«
»Ich bin Tänzerin.«
»Nein, spanische Tänzerinnen kommen aus Gades. Wer hat dich nach Rom geschickt?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»Dieser Dolch hier rät dir, dein Hirn anzustrengen.«
»Na gut, dann bring mich doch um.«
»Sehr professionell! Glaub mir, echte Tänzerinnen geben viel schneller nach. Wer hat dich für den Auftritt bei dem Festessen an jenem Abend engagiert?«
»Der, der im Palast für das Unterhaltungsprogramm zuständig ist.«
»Das war Perella. Hör auf zu lügen. Wer hat dich für das bezahlt, was du und deine zwei Kumpane hinterher getan habt?«
»Die gleiche Person.«
»Oh, du gibst also zu, daß du gemordet hast?«
»Ich geb gar nichts zu.«
»Ich will seinen Namen wissen.«
»Du willst, daß man dir die Eier mit einem stumpfen Messer absäbelt!«
Ich seufzte. »Tut mir leid, daß du dich so widerspenstig gibst.«
»Dir wird noch sehr viel mehr leid tun, Falco.« Damit hatte sie wahrscheinlich recht.
»Jetzt hör zu! Du magst zwar Valentinus umgebracht haben, aber du hast Anacrites’
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