Zwielicht in Cordoba
hinaufgestürmt und dann wieder hinuntergestolpert sein, bevor Lenia, die Wäschereibesitzerin, (die ohne Mitgefühl zugesehen hatte, wie er hinaufgegangen war) sich bequemte, ihm mitzuteilen, daß ich auf der anderen Straßenseite über dem Korbladen eine weitere Wohnung besaß. Er hatte sich mit Flüchen an dem Ochsentreiber abreagiert, der ihn auf der Brunnenpromenade über den Haufen gefahren hatte.
»Vielleicht kann Marcus Didius Ihnen bei einer Anzeige gegen den Ochsentreiber behilflich sein?« murmelte Helena mit dem verfeinerten Patrizierspott, dem Laeta in seinem momentanen Zustand nicht gewachsen war.
Ich stellte sie formell vor: »Helena Justina, Tochter von Camillus Verus, dem Senator. Er ist ein Freund von Vespasian, wie Sie wahrscheinlich wissen.«
»Ihre Frau?« fragte Laeta mit zittriger Stimme, alarmiert über den Standesunterschied und bemüht, nicht überrascht zu klingen.
Wir lächelten ihn an.
»Was gibt es für ein Problem?« fragte ich sanft. Es mußte ein Problem geben, sonst hätte sich dieser hohe Beamte nicht hierher geschleppt, vor allem nicht ohne Eskorte.
Laeta warf einen entnervten Blick auf Helena, was bedeutete, ich sollte sehen, daß ich sie los wurde. Nicht einfach. Selbst wenn ich es gewollt hätte. Ganz unmöglich, da sie zwei Monate vor der Geburt stand und das schamlos ausnutzte: stöhnend ließ sie sich in ihren Korbsessel sinken, die müden Füße auf ihre Fußbank gestützt. Sie legte ihre Stola um sich, lächelte Laeta erneut an – und widmete sich dann wieder den Resten ihres Kuchens. Laeta war zu wenig weltgewandt, um vorzuschlagen, er und ich sollten uns in eine Weinschenke verziehen, also richtete Helena sich darauf ein zuzuhören.
Während sie sich die schlanken Finger ableckte, sah ich, daß ihre verschmitzten braunen Augen den Obersekretär musterten. Er schwitzte stark, zum Teil wegen des Aufstiegs zu meiner alten Bruchbude und zum Teil wegen der quälenden Verlegenheit, die er hier empfand. Ich war gespannt, was Helena von ihm hielt. Ja, ich fragte mich, was ich eigentlich selbst von ihm hielt.
»Haben Sie den gestrigen Abend genossen, Falco?«
»Sehr.« Jahre des Umgangs mit schwierigen Klienten hatten mich gelehrt, glatt und überzeugend zu lügen. Ich schien hier einen möglichen Klienten vor mir zu haben. Allerdings hatte ich schon Leute abgewiesen, die wichtiger waren als er.
»Gut, gut … Ich brauche Ihre Hilfe«, gestand er.
Ich hob die Augenbraue, als sei mir diese abwegige Idee nie gekommen. »Was kann ich für Sie tun?«
Diesmal wandte sich Laeta direkt an Helena. »Vielleicht haben Sie eine Webarbeit, der Sie sich gerne widmen möchten?« Er war hartnäckig, aber gescheit genug, es wie einen Witz klingen zu lassen, falls sie immer noch nicht bereit war nachzugeben.
»Leider nicht.« Sie deutete auf den leeren Raum. »Wir warten immer noch darauf, daß der Webstuhl geliefert wird.«
Ich grinste. Helena Justina hatte mir nie die traditionellen Attribute einer guten römischen Ehefrau versprochen: ein zurückgezogenes Leben, unterwürfiges Auftreten, Gehorsam gegenüber ihren männlichen Verwandten, eine dicke, fette Mitgift – ganz zu schweigen von selbstgewebten Tuniken. Alles, was ich bekam, waren Bett und spöttisches Geplänkel. Trotzdem war ich davon überzeugt, daß ich es besser getroffen hatte als die alten Republikaner.
Laeta hörte mit seinem Gezappel auf. Er richtete den Blick fest auf mich, als wolle er so meine exzentrische Gefährtin unsichtbar machen. »Ich brauche Unterstützung von jemandem, der total verläßlich ist.«
Das kam mir bekannt vor. »Sie wollen damit sagen, daß die Aufgabe gefährlich ist!«
»Die Sache könnte Ihnen eine hohe Belohnung einbringen, Falco.«
»Die alte Leier! Ist es ein Auftrag offizieller Natur?«
»Ja.«
»Offiziell wie ›eine Sache unter Freunden‹, offiziell wie ›eine hochstehende Persönlichkeit, deren Namen ich nicht nennen kann, möchte dies‹ oder offiziell wie ›die hochstehende Persönlichkeit darf nie davon erfahren, und wenn Sie in Schwierigkeiten geraten, werde ich Sie nicht kennen‹?«
»Sind Sie immer so zynisch?«
»Ich habe schon öfters für den Palast gearbeitet.«
Helena warf ein: »Marcus Didius hat im öffentlichen Dienst sein Leben riskiert. Seine Belohnung war zögerliche Bezahlung, dazu der verweigerte gesellschaftliche Aufstieg, obwohl man ihm den vorher versprochen hatte.«
»Nun ja, zu Ihrer bisherigen Honorierung kann ich nichts sagen, Marcus
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