Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
alles noch schlimmer. Es hatte keinen Zweck, Helena zu rufen oder mich auch nur bei ihr zu entschuldigen. Sie war nicht da.
    Ich befand mich in der falschen Wohnung.
    Unbegreiflich, wie ich das fertiggebracht hatte – aber der pochende Schmerz in meinem Kopf machte es nur allzu plausibel. Das hier war unsere alte Wohnung. Wir wohnten nicht mehr hier.
    Helena Justina würde in unserem neuen Heim sein, wo sie die ganze Nacht auf mich gewartet hatte. Vorausgesetzt, sie hatte mich nicht bereits wegen meines nächtlichen Wegbleibens verlassen. Eine Tatsache, aus der jede vernünftige Frau geschlossen hätte, daß ich die Nacht mit einem anderen Mädchen verbracht hatte.

V
    Es gab eine dunkle Wohnung im ersten Stock auf der schattigen Seite der Brunnenpromenade. Auf den ersten Blick wirkte die schattige Seite besser erhalten, was aber nur daran lag, daß die Sonne den Verfall, der diese Häuser wie eine modrige Kruste überzog, nicht beschien. An den Fensterläden blätterte die Farbe ab. Die Türen hingen schief. Viele Bewohner verließ der Mut, und sie hörten auf, Miete zu zahlen. Oft starben sie in ihrem Elend, bevor die muskelbepackten Geldeintreiber des Vermieters die Miete aus ihnen herausprügeln konnten.
    Alle, die hier wohnten, wollten eigentlich nur weg: Der Korbflechter mit dem Laden im Erdgeschoß wollte sich nach Kampanien zurückziehen, die Mieter der oberen Stockwerke zogen so schnell ein und aus, daß es viel über die Wohnlichkeit ihrer Behausungen aussagte (das heißt, sie war nicht existent), während Helena und ich als Untermieter des Korbflechters davon träumten, in eine schicke Villa zu entfliehen, wo es fließendes Wasser gab, Pinien um das Gelände und luftige Kolonnaden, in denen man sich kultiviert über philosophische Themen unterhalten konnte … Alles wäre besser als diese winzigen drei Zimmer, deren Treppenabsatz wir uns auch noch mit den spuckenden und fluchenden Bewohnern der oberen Stockwerke teilen mußten.
    Die Eingangstür war abgelaugt und geschliffen und wartete darauf, frisch gestrichen zu werden. Drinnen mußte ich mich durch einen mit Paketen vollgestellten Flur zwängen. Das erste davon abgehende Zimmer hatte kahle Wände und war leer. Im zweiten sah es genauso aus, abgesehen von einem unglaublich obszönen Fresko, das die Wand direkt gegenüber der Tür schmückte. Helena verbrachte Stunden damit, die lüstern ineinander verschlungenen Paare und derben Satyre in schreiend hyazinthroten Umhängen mühsam abzukratzen, die, die Panflöte in der Hand, hinter Lorbeerbüschen lauerten und glubschäugig dem schamlosen Treiben zusahen. Sie kam nur langsam voran, und heute lagen alle feuchten Schwämme und Schaber verlassen in einer Ecke. Ich konnte mir denken, warum.
    Langsam ging ich weiter den Gang hinunter. Hinten gaben die wieder festgenagelten Bodenbretter unter meinen Füßen nicht nach. Ich hatte Tage damit verbracht, sie eben zu bekommen. An den Wänden hing eine Reihe kleiner griechischer Reliefplatten mit olympischen Motiven, die Helena ausgesucht hatte. Eine Nische schien auf die beiden Hausgötter zu warten. Vor dem letzten Zimmer lag eine rotweiß gestreifte Matte, die ich vorher noch nicht gesehen hatte. Darauf schlief ein schmuddliger Hund, der sich erhob und angewidert davonstolzierte, als ich mich näherte.
    »Hallo, Nux.«
    Nux furzte leise und machte dann eine Drehung, um, milde erstaunt, ihr Hinterteil zu beschnüffeln.
    Ich klopfte leise an den Türrahmen und öffnete die Tür. Ein Teil von mir hoffte, daß die Bewohnerin einen Spaziergang unternommen hatte.
    Es gab kein Entkommen. Sie war da. Ich hätte es wissen müssen. Ich hatte ihr befohlen, den Wachhund mitzunehmen, wenn sie ohne mich ausging. Sie neigte nicht dazu, meinen Anweisungen zu folgen, hatte aber in der Zwischenzeit den Hund liebgewonnen.
    »Hallo, Braunauge. Sind das hier die Räume, in denen Falco wohnt?«
    »Offensichtlich nicht.«
    »Erzähl mir nicht, daß er abgehauen ist, um Gladiator zu werden. Was für ein Schwein.«
    »Der Mann ist erwachsen. Er kann tun, was er will.« Nicht, wenn er seine sieben Sinne beisammen hatte.
    Falcos neues Büro war eingerichtet wie ein Schlafzimmer. Ermittlungsarbeit ist ein schmutziges Geschäft, und die Klienten wollen von der Umgebung schockiert sein. Außerdem weiß jeder, daß ein Ermittler die Hälfte seiner Zeit seinem Buchhalter Anweisungen gibt, wie er die Klienten übers Ohr hauen kann, und jeden freien Moment nutzt, um seine Sekretärin zu

Weitere Kostenlose Bücher