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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Korrespondenzbüros – einer völlig anderen Abteilung – werden in die Sache verwickelt.« Oder er hatte sich selbst eingemischt, was wahrscheinlicher war. »Und doch wird der Oberspion den ganzen Tag, wahrscheinlich ohne ärztliche Versorgung, an einem Ort gelassen, wo entweder er oder der hilfreiche Bürger erneut überfallen werden können. Und in der Zwischenzeit hat sich niemand von offizieller Seite die Mühe gemacht herauszufinden, wie schwer Anacrites verletzt ist oder ob er etwas über das Geschehene sagen kann?«
    Laeta machte keine Anstalten, diese Dummheit zu entschuldigen. Er legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander. »So ausgedrückt«, sagte er mit der Haltung eines wichtigen Beamten, der bei einer Pfuscherei ertappt worden ist, »klingt es, als sollten Sie und ich uns schnellstens dorthin begeben, Falco.«
    Ich warf Helena einen Blick zu. Sie zuckte resigniert die Schultern. Helena wußte, daß ich Anacrites nicht ausstehen konnte, aber sie wußte auch, daß ein Verwundeter Hilfe von jemand Vernünftigem braucht. Eines Tages könnte das Blut, das in die Gosse fließt, meines sein.
    Ich hatte noch eine Frage: »Anacrites beschäftigt einen ganzen Stall voll von Agenten. Warum sind die nicht gebeten worden, sich darum zu kümmern?« Laetas Blick wurde unstet, also sprach ich den eigentlichen Grund an: »Weiß der Kaiser, was passiert ist?«
    »Er weiß es.« Ich war mir nicht sicher, ob ich dem Sekretär glauben sollte oder nicht.
     
    Zumindest eine Adresse hatte Laeta mitgebracht. Sie gehörte zu einer mittelgroßen Wohnung am südlichen Ende des Esquilin – einem ehemals verrufenen Bezirk, der jetzt verschönt worden war. Ein berühmter Friedhof mit einst üblem Leumund war in fünf oder sechs öffentliche Gärten umgewandelt worden. Sie waren immer noch ein geeigneter Ort für Straßenprostitution und Raubüberfälle, daher waren die Straßen übersät mit zerbrochenen Weinkrügen, und die Anwohner hielten die Köpfe gesenkt, vermieden Blickkontakt. In der Nähe der Aquädukte boten einige gepflegte Privathäuser dem mutig die Stirn. Im ersten Stock eines vierstöckigen Mietshauses, eine sauber gefegte, von den üblichen Lorbeerbäumen bewachte Treppe hinauf, lebte ein pedantischer, unverheirateter Architekt namens Calisthenus. Er hatte den ganzen Tag zu Hause verbringen müssen, weil er das Opfer einer Straßenschlägerei nicht allein lassen wollte, das sich plötzlich erholen und mit der Sammlung kampanischer Kameen seines Retters verschwinden konnte.
    Laeta weigerte sich übertrieben vorsichtig, seinen Namen zu nennen. Ich übernahm das Reden: »Mein Name ist Didius Falco.« Ich war geübt darin, meiner Stimme in solchen Situationen Autorität zu verleihen; kein Grund, näher zu erklären, welchen Posten ich bekleidete. »Wir sind gekommen, um den Verletzten abzuholen, den Sie so freundlich aufgenommen haben – falls der Mann noch lebt.«
    »Schon, aber er ist immer noch bewußtlos.« Calisthenus fand offenbar, daß er unsere offizielle Aufmerksamkeit verdiente. Ich verbarg meine Abneigung. Er war eine dünne, bleiche Trauerweide und sprach mit müdem Ton. Er tat so, als beschäftigten ihn große Ideen und er sei ein bedeutender Tempelentwerfer. In Wahrheit baute er wahrscheinlich kleine Ladenzeilen.
    »Wie haben Sie ihn gefunden?«
    »Das ließ sich nicht vermeiden. Er blockierte meinen Hauseingang.«
    »Haben Sie in der vergangenen Nacht irgendwelchen Lärm gehört?«
    »Keinen übermäßigen. Die Gegend hier ist ziemlich laut. Man gewöhnt sich daran, trotz des Krachs zu schlafen.« Und jeden Ärger zu ignorieren, solange er nicht die eigene Schwelle blockierte.
    Wir wurden zu einem kleinen Kämmerchen geführt, in dem normalerweise ein Sklave nächtigte. Anacrites lag auf einer schmalen Pritsche, bewacht von dem Sklaven, der auf einem Hocker saß und verärgert schaute, weil seine Decke mit Blut besudelt wurde. Der Spion war in der Tat bewußtlos. Er sah so elend aus, daß ich ihn für einen Augenblick kaum wiedererkannt hätte.
    Ich sprach ihn mit seinem Namen an; keine Reaktion.
    Ein Tuch lag in einer Schüssel mit kaltem Wasser. Ich wischte ihm das Gesicht damit ab. Alle Farbe war aus ihm gewichen, und seine Haut fühlte sich eisigfeucht an. Der Pulsschlag an seinem Hals war kaum zu spüren. Anacrites war sehr weit weg, vermutlich auf einer Reise, von der es keine Wiederkehr gab.
    Ich hob den Umhang an, der ihn bedeckte, wahrscheinlich sein eigener. Er trug immer noch die

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