Zwielicht in Cordoba
Didius.« Laeta kannte sich damit aus, anderen Dienststellen die Schuld zuzuschieben. Ein Naturtalent. »Mein eigenes Sekretariat hat einen untadeligen Ruf.«
»Wie erfreulich!« höhnte ich. »Doch meine Begeisterung für die saubereren Gewohnheiten Ihres Büros heißt nicht, daß ich den Auftrag annehme.«
»Ich habe Ihnen noch nicht gesagt, worum es sich handelt«, meinte er.
»Bei Jupiter, nein, das haben Sie nicht! Ich platze vor Neugier.«
»Sie sind ironisch.«
»Ich bin grob, Laeta.«
»Tja, es tut mir leid, daß Sie diese Haltung einnehmen, Falco.«
In dem Gesagten schwang leises Bedauern darüber mit, daß er mich mit einer Einladung zu dem Fest der Ölhersteller beehrt hatte. Ich ging darüber hinweg. »Man hatte mir gesagt, Sie seien ein guter Agent.«
»Gut heißt wählerisch.«
»Also lehnen Sie meinen Auftrag ab?«
»Ich warte darauf, zu hören, was es ist.«
»Ah!« Sein Gesicht zeigte große Erleichterung. »Ich kann Ihnen versprechen, daß ich persönlich die Verantwortung für Ihre Bezahlung übernehmen werde. Über welche Summe reden wir dabei übrigens?«
»Ich lege die Bedingungen fest, wenn ich den Auftrag annehme – und ich nehme ihn nur an, wenn ich weiß, was es ist.«
Es gab kein Entkommen. Er schaute unbehaglich und rückte dann damit heraus: »Ein Teilnehmer unseres gestrigen Essens wurde übel zugerichtet auf der Straße gefunden.«
»Dann müssen Sie einen Arzt rufen und die zuständige Kohorte der Wache informieren!«
Ich wich Helenas Blick aus, mir war klar, daß sie sich wieder Sorgen um mich machte. Wenn ich gewußt hätte, daß sich das Gespräch um Zusammengeschlagene drehen würde, hätte ich Laeta sofort vor die Tür gezerrt.
Er verzog den Mund. »Das ist nichts für die Wache.«
»Was ist an diesem nächtlichen Überfall denn so besonderes? Heimkehrende Nachtschwärmer werden ständig überfallen.«
»Er lebt im Palast. Also war er nicht auf dem Heimweg.«
»Ist das von Bedeutung? Wer ist der Mann?«
Ich hätte selbst auf die Antwort kommen müssen, schon allein des hohen Status meines Besuchers und seiner starken Erregung wegen. Und doch traf es mich ganz unerwartet, als Laeta mit einer gewissen Großspurigkeit antwortete: »Anacrites, der Oberspion!«
VII
»Anacrites?« Ich lachte kurz auf, wenn auch nicht über das Mißgeschick, das dem Spion widerfahren war. »Dann sollte Ihre erste Frage lauten, ob ich es nicht gewesen bin!«
»Das hatte ich in Erwägung gezogen«, schoß Laeta zurück.
»Die nächste Frage sollte lauten, ob es etwas mit seiner Arbeit zu tun hat. Vielleicht bin ich, ohne daß Sie davon wissen, bereits in die Sache verwickelt.«
»Ich war der Meinung, daß Sie nicht mehr bereit seien, für ihn zu arbeiten, nachdem er Sie bei Ihrer Syrienreise in Schwierigkeiten gebracht hat.«
Ich ging nicht darauf ein. »Wie ist es passiert?«
»Er muß aus irgendeinem Grund ausgegangen sein.«
»Anacrites war nicht auf dem Heimweg? Er lebt tatsächlich im Palast?«
»Das ist verständlich, Falco. Er ist ein freier Mann, aber er hat eine hohe Stellung. Da sind Sicherheitsrisiken zu bedenken.« Laeta hatte offenbar intensiv über den Luxus nachgedacht, den Anacrites für sich in Anspruch nahm: hier kochte wieder die Eifersucht zwischen den beiden Dienststellen hoch. »Soviel ich weiß, hat er in eine große Villa bei Baiae investiert, doch die ist nur für den Urlaub – den er selten nimmt – und zweifellos für seinen späteren Ruhestand …«
Laetas offensichtlich gründliche Kenntnis des Privatlebens seines Rivalen faszinierte mich – genauso wie der Gedanke, daß Anacrites sich eine Villa im ultraschicken Baiae leisten konnte. »Wie schwer ist er verletzt?« warf ich ein.
»Es heißt, daß er möglicherweise nicht überlebt.«
»Wer sagt das?«
»Offenbar wurde er von einem Anwohner entdeckt und gerettet. Der Mann hat heute morgen einen Sklaven zum Palatin geschickt.«
»Und wie hat er Anacrites identifiziert?«
»Das weiß ich nicht.«
»Wer hat Anacrites’ Zustand überprüft? Sie waren nicht bei ihm?«
»Nein!« Laeta schien überrascht.
Ich hielt mich zurück. Das Ganze sah nach einem fürchterlichen Durcheinander aus. »Ist er immer noch bei diesem wohltätigen Bürger?« Laetas Schweigen bestätigte das. »Also gut. Sie glauben, daß Anacrites von einem oder mehreren Leuten, über die er Ermittlungen anstellte, zusammengeschlagen und möglicherweise ermordet wurde. In der Verwaltung bricht Panik aus. Sie, als Leiter des
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