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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verging, und das insgeheim in schummerigen Ecken. Nach außen hin spielte er die Rolle eines strengen, aber gerechten Aufsehers. In Britannien hatten seine Vorgesetzten schließlich die Wahrheit erfahren, und es war wohl mir zu verdanken, daß er nach dem großen Aufräumen, das ich dort in Gang gesetzt hatte, ins Ausland gehen mußte, um einen neuen Posten zu finden. Typisch für meine Art von Glück, daß es gerade hier war.
    »Ich bin froh, daß wir dieses kleine Gespräch hatten«, sagte ich sehr ruhig. »Es tut immer gut, die Bekanntschaft mit einem alten Freund aufzufrischen!«
    Ich kehrte ihm den Rücken zu. Die Verachtung in meiner Stimme war hart wie Eisen und genau so kalt. Meine Weigerung, den Schweinehund gegen mich aufzubringen, war der beste Weg, genau das zu erreichen. Überall lagen Werkzeuge und Holzstücke herum. Unfähig, meine Gelassenheit zu ertragen, schnappte sich Cornix eine Keilhaue und stürzte sich auf mich. Das war sein Fehler.
    Auch ich hatte mich nach möglichen Waffen umgesehen. Ich griff mir eine Schaufel, schwang sie und schlug ihm die Haue aus der Hand. Ich war wütend und hatte nicht die geringste Angst. Er war außer Form und dämlich, und er dachte, er hätte es immer noch mit jemand total Entkräftetem zu tun. Nach drei Jahren Training war ich zu stark für ihn. Das hatte er bald erkannt.
    »Du hast zwei Möglichkeiten, Cornix. Gib auf und verschwinde – oder finde raus, was Schmerz bedeutet!« Er brüllte vor Wut und stürzte sich mit bloßen Händen auf mich. Da ich wußte, was Cornix mit seinen schlackeverdreckten Fingern am liebsten tat, war ich entschlossen, ihn nicht zu nahe an mich herankommen zu lassen. Ich benutzte mein Knie, meine Fäuste, meinen Fuß. Dabei mobilisierte ich mehr Wut, als ich es je für möglich gehalten hätte, obwohl ich, wie die Götter wissen, lange genug mit der Erinnerung an den Mistkerl gelebt hatte.
    Das Gerangel war kurz und häßlich. Langsam wurde seinem dummen Ochsenhirn klar, daß er hier mehr einsetzen mußte als gewöhnlich. Er begann härter zu kämpfen. Ich genoß die Herausforderung, aber ich mußte vorsichtig sein. Er besaß eine brutale Kraft und hatte keine Skrupel, davon Gebrauch zu machen. Ich hielt ihn mir mit Hieben und Tritten vom Leib, doch es gelang ihm, mich zu packen. Bei seinem Gebrüll und dem vertrauten widerlichen Körpergeruch wurde mir übel. Dann konnte ich mich für einen Moment befreien. Jemand anderer kam mir zu Hilfe. Ein Zuschauer, den ich vorher kaum bemerkt hatte, reichte mir schnell einen Stützbalken für die Stollen. Der roh behauene, runde Holzknüppel war furchtbar schwer, obwohl ich das kaum spürte. Ich schwang den Balken mit aller Kraft in Brusthöhe. Cornix krachte mit einem erfreulichen Knacken gebrochener Rippen zu Boden.
    »Oh, nett! Das hab ich von dir gelernt, Cornix!«
    Ich hätte ihn mit dem Knüppel ohne weiteres den Schädel einschlagen können. Aber warum sich auf sein Niveau herablassen? Statt dessen hob ich den Balken über den Kopf und ließ ihn auf seine Schienbeine donnern. Sein Schrei klang süß in meinen Ohren. Wenn ich jetzt ging, war er außerstande, mich zu verfolgen. Plötzlich fühlte ich mich in vieler Hinsicht wesentlich besser.
     
    Ich wollte mich bei meinem Retter bedanken und erlebte eine Überraschung. Zum zweiten Mal war ich den Fängen dieses brutalen Schlägers durch das Eingreifen einer Frau entkommen.
    Ich war mir sicher, sie schon mal gesehen zu haben, obwohl es ihr an der Art Schönheit mangelte, die mein Hirn normalerweise registriert. Sie war in einem Alter, wo das keine Rolle mehr spielt, aber noch voller Elan und Energie, was sie gerade mit ihrem forschen Eingreifen bewiesen hatte. Sie sah aus wie diese dicklichen Weiber, die am Markt Eier verkaufen. Ihre Kleidung war in einem undefinierbaren Braun gehalten, umwickelt mit zusätzlichen Lagen aus ungebleichtem Leinen, dazu unordentliche Zottel strohartiger Haare, die unter einem Kopftuch hervorlugten. Eine abgetragene Schultertasche hing quer über ihrem Busen, der noch nicht mal einen Galeerensklaven in Erregung versetzt hätte, wenn er nach fünf Jahren zum ersten Mal wieder Land betrat. Aus einem Gesicht von der Lebendigkeit feuchten Mörtels musterten mich verwaschene Augen. Sie zeigte keine Befangenheit, sich hier an einem Ort zu befinden, der sonst ausschließlich Männern vorbehalten zu sein schien. Die meisten von ihnen hatten sie noch nicht mal bemerkt.
    »Sie haben mir das Leben gerettet,

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