Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Aussicht, dem Prokurator – falls ich als erster eintraf – zu erzählen, daß Quadratus so etwas vorhatte. Der hübsche Jüngling mochte zwar ein designierter Senator und der Stellvertreter des Prokonsuls sein, aber verglichen mit dem Mann, den er ausspionieren wollte, war er nur eine temporäre Gallionsfigur. Jeder frettchengesichtige Freigelassene mit Ritterrang und bezahltem Posten würde den Quästor um einen Schriftrollenstab wickeln und ihn ganz unten im Postsack des nächsten Kuriers nach Hause schicken.
    Ich mußte Quadratus finden, bevor das geschah. Ich wollte ihn in einem Stück, unversehrt und unaufgewickelt.
     
    Bei Corduba hatte ich den Fluß überquert. Meine Reise würde mich zu der langen Reihe sanft gewellter Berge bringen, die die ständige Hintergrundkulisse unseres Aufenthalts gebildet hatten. In einem weiten Bogen schlossen sie das Baetistal nach Norden ab, von Hispalis bis Castulo, und wurden fast auf ganzer Länge durch Bergwerksarbeiten verschandelt. Reißende Flüsse mit gewundenen Seen schlängelten sich durch die Berge. Transhumanzpfade, die uralten Auftriebswege, auf denen das Vieh, je nach Jahreszeit, seinen höher oder tiefer gelegenen Weiden zugetrieben wurde, verliefen kreuz und quer durch das Gelände. Inmitten von Eichen und Kastanien erreichte ich kühlere, höhere Regionen.
    Ich reiste mit leichtem Gepäck, schlief im Freien, wo es angebracht schien, oder bat um Unterkunft in der Hütte einer der kleineren Bergwerksunternehmer. Zwei Straßen führten östlich von Corduba weg. Die ganze Zeit war mir im Sinn, daß Helena Justina die untere am Fluß entlang eingeschlagen hatte, die parallel zu der meinen verlief, während ich weiter oben durch diese angenehme Hügellandschaft ritt. Da sie im Gegensatz zu mir nicht ständig auf der Suche nach Quadratus zu isoliert gelegenen Gruben abbiegen mußte, kam sie stetiger voran auf ihrer so nahen Straße, daß ich der Kutsche beinahe hätte zuwinken können.
    Statt dessen war ich hier, fühlte mich absolut jämmerlich und von aller Welt verlassen. Ich konnte es nicht leiden, wenn die stoppelbärtigen Spekulanten nur mit mürrischem Grunzen auf meine Fragen reagierten. Noch weniger konnte ich es ausstehen, wenn sie ausgehungert nach Klatsch und Tratsch waren und mich mit endlosem Geplauder aufzuhalten versuchten. Ich aß Käse und hartes Brot, trank Wasser aus den Bergflüssen. Wenn mir danach war, wusch ich mich, sonst ließ ich es sein. Ich rasierte mich selbst, was noch nie sonderlich gut geklappt hat. Es war schlimmer als bei der Legion. Ich war griesgrämig, einsam, hungrig und enthaltsam.
    Schließlich ging mir auf, daß Quadratus sich bestimmt nicht mit den kleineren, entlegenen Gruben aufhielt. Für den berühmten Tiberius war nur das Beste gut genug. Er mußte zu der riesigen Silbermine unterwegs sein, einem Komplex aus hunderten von Schächten, verpachtet an zahllose Einzelunternehmer, die am östlichen Ende der Bergkette lag. Vermutlich nahm er die Flußstraße und übernachtete in anständigen mansios . Aber er war nicht so verzweifelt wie ich, und ihm fehlte der nötige Druck und Vorwärtsdrang. Es konnte mir immer noch gelingen, ihn zu überholen.
    Das war eine ermutigende Hoffnung. Sie beflügelte mich für einen halben Tag. Dann wurde mir wieder bewußt, daß ich mich auf die Art von Schauplatz begeben mußte, die ich für immer zu meiden geschworen hatte, und ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach.
     
    Der Gestank war es, der mir als erstes den Magen umdrehte. Noch bevor ich ihrer ansichtig wurde, ließ mir die säuerliche Ausdünstung der Sklaven in all ihrem Dreck die Galle hochsteigen. Hunderte arbeiteten hier. Verurteilte Verbrecher, die bis zu ihrem Tod in den Minen schuften würden. Es war ein kurzes Leben. Ich brachte es kaum über mich, den Minenbereich zu betreten, so sehr überflutete mich die Erinnerung daran, daß auch ich einst bleihaltiges Gestein abgeschlagen hatte, unter unsäglichen Strapazen bei miesester Ernährung und den widerlichsten Grausamkeiten ausgesetzt. Angekettet, ausgepeitscht, verflucht, gefoltert. Die Hoffnungslosigkeit, weil man wußte, daß die Schinderei nicht aufhören würde und es keine Fluchtmöglichkeit gab. Die Läuse. Die Krätze. Die Blutergüsse und das ständige Auspeitschen. Dieser Aufseher, der grausamste Mann, dem ich je begegnet war, der sich an Sodomie ergötzte und triumphierte, wenn ein Sklave vor seinen Augen starb.
    Jetzt war ich ein freier Mann. Ich war auch

Weitere Kostenlose Bücher