Zwielicht in Cordoba
zu tun. Dann können wir immer noch überlegen, ob wir es im Tagesanzeiger veröffentlichen oder nicht. Überlassen Sie das mir. Ich bringe ihn zum Tempel des Äskulap auf der Tiberinsel, verpflichte die Leute dort zur Geheimhaltung, aber gebe ihnen Ihren Namen, damit man Sie über die weiteren Entwicklungen informiert.«
Laeta dachte angestrengt darüber nach, ließ sich schließlich auf meinen Plan ein. Ich sagte, ich wolle noch ein paar Dinge überprüfen und winkte ihn weg.
Dann untersuchte ich den Eingang, in dem man Anacrites gefunden hatte. Es war leicht zu sehen, wo und wie er verletzt worden war. Etwas unter Brusthöhe entdeckte ich einen häßlichen Klumpen blutverklebtes Haar an der Hauswand. Der Spion mußte sich aus irgendeinem Grund gebückt haben, obwohl er keine Spuren eines Schlages aufwies, der ihn hätte zusammensacken lassen. Ich schaute mich weiter um, fand aber nichts von Bedeutung.
Der verwundete Mann hatte lange genug in dem Tragestuhl gesessen. Ich befahl den Trägern, mit mir zu kommen, führte sie zur Tiberinsel, wo ich Anacrites heraushievte und sie entließ. Statt den kranken Mann bei den verwahrlosten, ausgestoßenen Sklaven zu lassen, die hier ärztlich versorgt wurden, mietete ich einen weiteren Stuhl. Diesen führte ich weiter westlich am Flußufer entlang in den Schatten des Aventin. Dann brachte ich den bewußtlosen Spion in eine Privatwohnung, wo ich sicher sein konnte, daß er gut behandelt wurde.
Er mochte immer noch an der Wunde der letzten Nacht sterben, aber niemand würde ihn mit anderen Mitteln in den Hades befördern.
VIII
Obwohl ich mich auf einer barmherzigen Mission befand, wurde ich nicht gerade freundlich empfangen. Ich hatte Anacrites drei Treppen hochgeschleppt. Selbst als Bewußtloser machte er Ärger, ließ mich unter seinem Gewicht zusammensinken und verfing sich mit seinen leblosen Händen im Geländer. Endlich oben angekommen, fehlte mir der Atem, ihn zu verfluchen. Mit der Schulter stieß ich die Tür auf, die einmal rot gewesen und jetzt zu einem faden Rosa verblichen war.
Ein wütendes altes Weib schrie mir entgegen. »Wer ist das? Zerr ihn nicht hier rein. Dies ist eine friedliche Gegend!«
»Hallo, Mutter.«
Der Mann, der ihr Gesellschaft leistete, war weniger barsch und dafür witziger. »Jupiter, es ist Falco! Der kleine verirrte Junge, der ein Schild um den Hals braucht, damit er heimfindet, das heißt, wenn er nüchtern genug ist, es zu lesen …«
»Halt die Klappe, Petro. Ich heb mir hier gleich ’nen Bruch. Hilf mir, ihn irgendwo hinzulegen.«
»Du brauchst gar nichts zu sagen!« kreischte meine Mutter. »Einer deiner Freunde steckt in der Klemme, und du erwartest, daß ich mich um ihn kümmere. Es ist Zeit, daß du erwachsen wirst, Marcus. Ich bin eine alte Frau. Ich brauche meine Ruhe.«
»Du bist eine alte Frau, der ein bißchen Aufregung nur gut tun kann. Das hier ist genau das richtige. Der Mann ist kein Betrunkener, der unter einen Karren gefallen ist, Mama. Er ist ein Beamter, der fast umgebracht wurde, und bis wir den Grund dafür herausgefunden haben, müssen wir ihn verstecken. Ich würde ihn mit nach Hause nehmen, aber es könnte sein, daß man dort nach ihm sucht.«
»Ihn mit nach Hause nehmen? Du kannst doch das arme Mädchen, mit dem du zusammenlebst, nicht auch noch damit belasten!« Ich zwinkerte dem bewußtlosen Anacrites zu. Er hatte gerade einen Unterschlupf gefunden. Den besten in Rom.
Petronius Longus, mein großer, grinsender Freund, hatte Mandeln knabbernd in der Küche meiner Mutter gehockt und Mama mit dem inzwischen berühmten Abschluß meiner Festnacht ergötzt. Als er meine Bürde erblickte, wurde er ernst, und nachdem er mir geholfen hatte, Anacrites auf ein Bett zu hieven und die Wunde am Kopf des Spions gesehen hatte, trat ein grimmiger Ausdruck in Petros Gesicht. Ich dachte, er würde etwas sagen, aber er preßte nur die Lippen zusammen.
Mama stand mit verschränkten Armen an der Tür. Sie war eine kleine, nach wie vor energiegeladene Frau, die ihr Leben damit verbracht hatte, Menschen aufzupäppeln, die es nicht verdienten. Blicke aus Augen so schwarz wie Oliven flackerten über den Spion hinweg und schossen Blitze ab, die funkelten wie Signalfackeln bei der Ankündigung einer internationalen Katastrophe. »Na, der wird kaum Ärger machen. Er wird nicht lange hier sein!«
»Tu dein Bestes für den armen Kerl, Mama.«
»Kenne ich ihn nicht?« murmelte Petronius mir leise zu.
»Sprich lauter!«
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