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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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hoch, um hinaus sehen zu können.
     
    Petronius und ich sahen uns mit ernster Miene um, während die Mitglieder der Zweiten Kohorte sich bemühten, ihren Mißmut darüber zu verbergen, daß wir ihre Arbeit überprüften. Wir fanden nichts Bemerkenswertes, nichts, das uns mehr über den Mann oder seinen Beruf verriet. Trotzdem kam mir die Art seiner Unterkunft auf traurige Weise bekannt vor.
    Beim Verlassen der Wohnung blieb ich stehen. Das Licht unserer Laternen fiel zufällig auf den Pfosten der Eingangstür. Dort hatte jemand vor Jahren ein sauberes Piktogramm eines einzelnen Auges angebracht. Ich kannte das verblichene Symbol. Es ist ein Zeichen, das Privatermittler benutzen.
    Petro und ich sahen uns an. Mit nun geschärfter Aufmerksamkeit nahm ich mir noch einmal das unauffällig wirkende Türschloß vor. Der sauber gearbeitete, mit einem Löwenkopf verzierte Schlüssel, den die Zweite bei der Leiche gefunden hatte, verriet mir, daß Valentinus sich nicht mit einem der üblichen Bolzenschlösser begnügt hatte, sondern ein kompliziertes eisernes Drehschloß anbringen ließ, das ohne den dazugehörigen Schlüssel schwer zu knacken oder aufzubrechen war. Dann entdeckte Petro eine Handbreit über dem Boden zwei winzige Metallstifte, einer an der Tür selbst befestigt, der andere am Rahmen. Ein klassischer Trick: zwischen die beiden Stifte war ein menschliches Haar gespannt worden. Es war zerrissen, vermutlich, als die Zweite zum ersten Mal hier gewesen war.
    »Nichts für ungut, Jungs, aber wir sollten die Sache besser noch mal überdenken«, sagte Petro mit unschuldiger Miene.
    Er und ich gingen in die Wohnung zurück. Ruhig und sorgfältig durchsuchten wir die Zimmer erneut, als sei Valentinus ein Kumpel von uns gewesen. Diesmal sah die Zweite uns fasziniert zu, während wir alles auseinandernahmen.
    Unter dem Bett fanden wir ein am Bettrahmen festgebundenes Schwert, das rasch herausgezogen werden konnte. Obwohl die Fenster eigentlich außer Reichweite waren, konnte man den Tisch unter das eine und die hochgestellte Bank unter das andere schieben, hinausgreifen und entdecken, daß jemand zwei sehr nützliche Haken an den Außenwänden angebracht hatte. An dem einen hing eine Amphore mit gutem Rotwein aus Setinum zum Wärmen in der Sonne. Neben dem anderen, viel schmaleren Fenster, durch das sich nur ein sehr schlanker Mann hätte zwängen können, war ein ordentlich aufgerolltes, haltbares Seil befestigt, das lang genug war, um das Balkondach in dem darunterliegenden Stockwerk zu erreichen. Unter den meisten Fußbodenbrettern war nichts Interessantes verborgen, obwohl wir auf einige Briefe von seiner Familie stießen (Eltern und ein Vetter, die ein paar Meilen außerhalb Roms lebten). Geld fanden wir nicht. Genau wie ich besaß Valentinus wahrscheinlich ein Bankfach im Forum, dessen Zugangsnummer sicher in seinem Kopf verwahrt war.
    Ein Dielenbrett im Schlafzimmer hatte sogar Nägel mit falschen Köpfen. Es ließ sich ganz leicht heben, wenn man an einem Knebel zog, die Finger darunter zwängte und gegen einen dort angebrachten Hebel drückte, der zur Seite glitt. Unter dem Brett war ein kleiner, verschlossener Holzkasten eingebaut. Schließlich fand ich den Schlüssel, versteckt in einer Aushöhlung unter dem Sitz des Schemels aus dem Vorderzimmer. In seinem Geheimversteck hatte der Tote zusätzliche, knappe Notizen über seine Arbeit verwahrt. Er war jemand gewesen, der ordentlich und regelmäßig Buch führte. Das wußten wir bereits: Valentinus’ Hut war mit einem doppelten Futter ausgestattet. Darin hatte Petro Abrechnungszettel von der Sorte gefunden, wie ich sie nur zu gut kannte.
    Einige Aufträge des toten Mannes, die er wahrscheinlich aus purer Not angenommen hatte, glichen den ermüdenden Affären, denen auch ich mich oft für private Auftraggeber widmen mußte. Der Rest war anders. Valentinus war mehr als ein Privatermittler gewesen – er war ein Spion. Seine Abrechnung enthielt viele Beschattungsstunden. Und obwohl keine Namen der Beschatteten angegeben waren, erschienen die letzten Einträge seiner Abrechnungen alle unter dem Decknamen »Corduba«. Corduba ist die Hauptstadt der römischen Provinz Baetica.
    Wir meinten zu wissen, wer hierfür sein Auftraggeber gewesen war. Eine der Abrechnungen aus seinem Hut war bereits zur Zahlung freigestempelt worden. Der Stempel war ein großes Oval, darauf zwei Elefanten mit verschlungenen Rüsseln: Anacrites’ Chalzedon-Siegel.

X
    Petronius ließ mich auf

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