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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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– aber wie viele Provinzbewohner, vor allem Männer von Stand, würden schon die lange Seereise nach Rom unternehmen und dann fast augenblicklich wieder umkehren, ohne alle Sehenswürdigkeiten bestaunt und ohne die gesellschaftlichen Kontakte ausgelotet zu haben? Jeder normale Provinzler, der auf sich hielt, blieb zumindest so lange fort, daß man daheim glaubte, er hätte die römische Gesellschaft erobert.
    Für Touristen war das Verhalten der Cordubaner äußerst suspekt. Es schrie geradezu zum Himmel, daß sie nichts Gutes im Schilde führten.

XIII
    An jenem Abend ging ich mit Helena in den vornehmen Porta Capena-Bezirk zum Essen in einer großen, etwas verblichenen Villa, die einst ihr Zuhause gewesen war. Es war Zeit, ihrer Mutter wieder einmal Gelegenheit zu geben, sich über die unzureichenden Vorbereitungen aufzuregen, die wir für die Geburt unseres Kindes trafen. (Julia Justa hatte zu diesem Thema einiges einstudiert.) Und ich wollte mit Helenas Vater sprechen. Ich hab meine Senatoren gern paarweise.
    Wie üblich hatte ich vor dem Treffen für eine konspirative Zusammenkunft mit Helenas Papa gesorgt, um mich mit ihm abzusprechen. Ich fand Decimus Camillus Verus in den Thermen, die wir beide frequentierten. Er war ein großgewachsener, gebeugter Mann mit schütterem, kurzgeschorenem Haar, der mich schon alarmiert ansah, ehe ich mich zum Essen einlud und von ihm verlangte, er solle den gestrengen Vater gegenüber einem seiner rebellischen Söhne spielen.
    »Meine Orders kommen von höchster Stelle. Ich muß Aelianus befragen. Ich sage es Ihnen im voraus, damit Sie dafür sorgen können, daß er da ist!«
    »Du überschätzt meine väterliche Autorität, Marcus.«
    »Sie sind ein Stoiker!« Ich grinste und erklärte ihm die Situation. Dann lieferte ich Camillus im Gymnasium einen heftigen Schwertkampf, was ihn noch verzagter machte, und wir schieden als Freunde.
    Die meisten an seiner Stelle hätten mich verabscheut, aber seine Haltung zu mir war offen und freundlich: »Ich habe nichts dagegen, daß du mich mit Enkelkindern versorgst, Marcus. Eine neue Generation ist meine einzige Hoffnung auf Verbündete!«
    »Oh, ich bin auf Ihrer Seite, Senator!« Wobei wir beide wußten, daß seine Beziehung zu mir (wie meine zu seiner Tochter) der Hauptgrund dafür war, daß dem illustren Camillus zu Hause das Leben nicht leicht gemacht wurde.
     
    Keiner der beiden Camillus-Söhne, weder Aelianus noch Justinus, waren beim Essen anwesend. Beide waren wache junge Burschen Anfang zwanzig und zu einer maßvollen Lebensweise erzogen – was bedeutete, daß sie keine Gelegenheit ausließen, die Stadt unsicher zu machen. Als gesetzter Bürger von dreiunddreißig, dem demnächst die Ehre der römischen Vaterschaft bevorstand, zeigte ich natürlich nicht, daß ich viel lieber mit ihnen unterwegs wäre.
    »Ist Justinus immer noch so theaterbegeistert?« Der junge Tunichtgut hatte es sich angewöhnt, Schauspielerinnen anzuhimmeln.
    »Sie legen es beide darauf an, mich in Sorge zu versetzen!« erwiderte Camillus senior trocken. Worin diese Sorgen bestanden, behielt er für sich. »Aelianus hat versprochen, in einer Stunde zurückzukommen.« Woraus seine Frau schloß, wie ich sofort bemerkte, daß er und ich schon vorab über diesen Punkt geredet hatten.
    »Zumindest weiß er, wo sein Zuhause ist!« Genau wie Helena verstand Julia Justa sich auf Sarkasmus, nur ihrer war beißend. Sie war eine gutaussehende, schwergeprüfte Frau mit leicht wässerigen braunen Augen und besaß, wie ihre Tochter, eine wache Intelligenz. Vielleicht würde Helena auch einmal so werden wie sie. Momentan pickte meine Liebste verdrießlich in einer Schüssel mit Krabbenklößchen herum. Sie wußte, was als nächstes kam.
    Helenas Mutter holte auf eine Art tief Luft, die mir sehr vertraut war. Auch ich hatte eine Mutter. Die Ansichten dieser beiden Frauen von so unterschiedlicher Herkunft stimmten auf tragische Weise überein, besonders was mich betraf. »Du siehst so aus, als würdest du gleich mit Durchfall hinausrennen, Marcus Didius«, meinte die edle Julia mit einem dünnen Lächeln. Sie kannte sich mit Männern aus. Schließlich war sie mit einem verheiratet und hatte zwei weitere produziert.
    »Ich würde nicht im Traum daran denken, dieses wunderbare Essen so zu beleidigen!« Tatsächlich war es ein bescheidenes Mahl, da sich die Camilli mit heftigen Geldsorgen herumschlagen mußten, wie sie bei Millionären ererbter Vermögen üblich sind.

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