Zwielicht in Cordoba
Olivenbäume, deren knorrige Stämme aus niedrig sprießendem Grün aufragten, mit viel steinigem Boden zwischen den einzelnen Bäumen. In der fetteren, roten Erde, die später kam, wechselten sich Olivenhaine mit Obstbäumen, Kornfeldern und Gemüseäckern ab.
Siedlungen oder selbst Bauernhöfe gab es nur wenige. Die mansios waren bescheiden, und die Wirte schauten alle erstaunt, daß ihre kahlen kleinen Räume von einer hochschwangeren Senatorentochter inspiziert wurden. Im allgemeinen gingen sie davon aus, daß Römer mit einem Gefolge reisten. Und die meisten Römer würden in der Tat dafür sorgen, daß sie von einem Haufen von Freunden, Freigelassenen und Sklaven begleitet wurden. Wir taten einfach so, als sei uns unsere Eskorte vorübergehend verloren gegangen.
Natürlich hatte es keinen Zweck, Marmarides etwas vorzumachen. Er wußte, daß wir ohne Begleitung reisten, und das schien ihn höchstlich zu amüsieren. »Sie sind also nach Baetica gekommen, um hier Ihre Sommerferien zu verbringen, Herr?«
»Genau. Ich freue mich schon darauf, in einer Espartohängematte in der Sonne zu liegen. Sobald wie möglich werde ich mich unter einem Olivenbaum ausstrecken, den Hund zu meinen Füßen und einen Krug Wein neben mir.«
Stertius mußte Marmarides aus Nordafrika mitgebracht haben. Er war so schwarz wie die baetischen Oliven. Ich versuchte zu vergessen, daß ich jedem mißtraute, den ich hier traf, und ihn als willkommene Verstärkung zu betrachten. Allerdings hätte ich es lieber gesehen, wenn er so breit und kräftig gebaut gewesen wäre wie sein Herr (Stertius hatte die Figur eines Mastschweins). Marmarides war eher schlank, wohingegen ich mir jemanden gewünscht hätte, der sich lächelnd in einen Kampf begab, seinem Gegner den Hals umdrehte und fünf Minuten später die ganze Sache vergaß.
Das Gesicht unseres Fahrers legte sich in satirische Falten, und er lachte uns fröhlich an. »Stertius denkt, daß Sie ein Regierungsagent sind und die Dame, die Sie begleitet, ins Ausland geschickt worden ist, um dort in Schande ihr Kind zur Welt zu bringen!«
»In Baetica nimmt man offenbar kein Blatt vor den Mund.«
»Brauchen Sie Hilfe bei Ihrer Agentenarbeit?« bot er hoffnungsvoll an.
»Vergiß es. Ich bin nur ein Müßiggänger, der Ferien macht.«
Wieder brach Marmarides in Gelächter aus. Tja, es ist nett, wenn ein Mann Freude an seiner Arbeit hat. Das konnte ich von mir nicht behaupten.
Einige der Herbergswirte schienen zu glauben, daß wir im Auftrag des Quästor der Provinz eine unangekündigte Prüfung durchführten. Ich ließ sie in dem Glauben, weil ich hoffte, es würde die Qualität des Abendessens verbessern. Eine vergebliche Hoffnung.
Kein Zweifel, die Wirte fürchteten sich vor der Bürokratie. Vielleicht hatten sie die Erfahrung gemacht, daß der Quästor bei der Prüfung ihrer Steuerabgaben gute Arbeit leistete. Schwer zu sagen, ob die römische Finanzverwaltung hier generell so gut funktionierte oder ob das nur für Cornelius galt, den jungen Freund von Aelianus, der seinen Posten gerade abgegeben hatte. Offenbar mußte Quinctius Quadratus, sein Nachfolger, sich seine Sporen erst noch verdienen.
»Erzähl mir mehr über das Landgut deines Vaters, Helena.« Ich hatte die Gelegenheit einer der ebeneren Strecken ergriffen, mich zu ihr in die Kutsche zu setzen.
»Es ist recht klein, nur ein Bauernhof, den er gekauft hat, als er mit dem Gedanken spielte, Aelianus nach Baetica zu schicken.« Camillus senior besaß den gesetzlich vorgeschriebenen millionenschweren Landbesitz in Italien, der ihn für den Senat qualifizierte, aber mit zwei Söhnen, die er für die gehobene Laufbahn auszurüsten hatte, mußte er zusehen, daß er sein Investitionsportefeuille erweiterte. Wie bei den meisten wohlhabenden Männern verteilten sich seine neuerworbenen Besitztümer über die Provinzen, um übermäßige Verluste bei Dürreperioden oder örtlichen Aufständen zu vermeiden.
»Hat Aelianus auf dem Gut gewohnt?«
»Ja, obwohl ich annehme, daß er nach Möglichkeit das süße Leben in Corduba genoß. Auf dem Gut gibt es ein rustikales Haus, in dem er ruhig seine Freizeit verbringen sollte – na, wer’s glaubt, wird selig.« Natürlich war Helena dazu erzogen worden, ihren männlichen Verwandten Respekt entgegenzubringen – eine gute römische Tradition, um die keine römische Frau sich scherte. »Aelianus fand einen Pächter, der jetzt einen Teil des Hauses bewohnt, aber es wird genug Platz für uns
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