Zwielicht in Cordoba
Frau!« murmelte er. Ich wußte zwar nicht, wen er damit meinte, aber es hörte sich wie eine zutreffende Einschätzung meiner erwählten Lebensgefährtin an.
Wieder wurde er bewußtlos. Tja, in Rätseln zu sprechen ist das, was man von Spionen erwartet.
Helena Justina beachtete ihn nicht. »Sag deiner Mutter nichts davon, daß wir reisen«, wies sie mich an.
»Und du sagst deiner auch nichts davon!« erwiderte ich nervös.
TEIL ZWEI
SPANISCHE PROVINZ BAETICA
– CORDUBA
Mitte April, 73 n. Chr.
Den Händler betrachte ich als tatkräftigen Mann, darauf erpicht, zu Geld zu kommen. Aber es ist ein gefährlicher Beruf und oft Verhängnissen unterworfen. Andererseits sind es die Landwirte, welche die tapfersten Männer und robustesten Soldaten hervorbringen, ihr Beruf ist in höchstem Maße anerkannt, ihr Lebensunterhalt ist bestens abgesichert und wird mit der geringsten Feindseligkeit betrachtet, und jene, die dieser Beschäftigung nachgehen, werden kaum je unzufrieden sein.
Cato der Ältere
XVII
»Sie bezahlen pro Meile«, sagte der Kutschenvermieter.
Ich glaubte ihm nicht. Das hätte ja bedeutet, ich bräuchte am Ende des Mietzeitraums nur eine falsche Meilenangabe zu machen. Er war Ex-Legionär. Wie konnte er so leichtgläubig sein?
»Und wo ist der Haken bei der Sache?« fragte ich.
Er grinste, fand es anerkennenswert, daß ich zumindest die Höflichkeit besaß, sein System zu hinterfragen, statt sofort mit betrügerischer Absicht darauf einzugehen. »Kein Haken.«
Der Kutschenvermieter war ein breitschultriger ehemaliger Infanterist mit Namen Stertius. Ich war mir nicht sicher, was ich von ihm halten sollte. Meine Mission ließ mich jedem mißtrauen. Dieser Mann besaß im südbaetischen Hafen Malaca ein Mietwagenunternehmen – hauptsächlich Ochsenkarren, auf denen von überall entlang der Küste Amphoren mit Fischsoße zur Hafenstadt befördert wurden, aber auch Einspänner, Karren und Kutschen für Reisende. Sein Geschäft war eine ideale Tarnung, falls er mit Spionage zu tun hatte: er sah alle, die kamen und gingen. Stertius hatte in der römischen Armee gedient, konnte also leicht von der Legion rekrutiert worden sein, um für Anacrites zu arbeiten. Selbst Laeta konnte ihn irgendwann für sich eingespannt haben. Und aus Ortsverbundenheit hatte er sich vielleicht sogar mit den Männern zusammengetan, deren Machenschaften ich untersuchen sollte – oder mit der Tänzerin.
Helena setzte sich in der ruhigen, unaufdringlichen Art einer Frau, die damit etwas zum Ausdruck bringen will, auf unseren Gepäckhaufen. Wir waren eine Woche lang auf See gewesen, dann am falschen Ort gelandet und hatten daher jetzt eine längere Überlandfahrt vor uns. Sie war sehr müde, saß in der brennenden Sonne und fand es überflüssig, daß ich aus einer einfachen, geschäftlichen Transaktion ein langes Palaver machte. Sie streichelte Nux, als sei der Hund ihr einziger Freund.
Mir war immer noch etwas schwummrig von der Schiffsüberfahrt. Es war möglich, die ganze Strecke von Rom nach Gades auf dem Landweg zu bewältigen, wenn man genügend Zeit hatte. Jemand wie Julius Cäsar, der in seinen Memoiren gut dastehen wollte, war stolz darauf, Hispanien trockenen Fußes erreicht zu haben. Die meisten Leute, die ihr Leben nicht vertrödeln wollten, bevorzugten den schnelleren Seeweg, und Helena und ich waren sowieso nicht in der Verfassung für Zwangsmärsche. Also hatte ich zugestimmt, das Schiff zu nehmen. Eine Woche auf See war die reinste Folter für jemanden wie mich, der schon beim Anblick eines Segels seekrank wird. Ich hatte die ganze Strecke stöhnend über der Reling gehangen, und mein Magen hatte immer noch nicht begriffen, daß wir wieder an Land waren. »Ich bin etwas verwirrt. Erklären Sie mir Ihr System.«
»Sie zahlen mir eine, wie ich offen zugebe, saftige Summe als Anzahlung.« Stertius besaß den typischen Sarkasmus eines alten Soldaten. Er hatte nach Jahrzehnten in Nordafrika seinen Abschied von der Armee genommen, die Meerenge nach Spanien überquert und sein Unternehmen gegründet. In geschäftlicher Hinsicht traute ich ihm bis zu einem gewissen Grad, obwohl ich allmählich die Befürchtung hegte, daß er seinen Spaß daran hatte, hilflose Kunden mit geheimnisvollen Mysterien zu verunsichern. »Falls Sie Ihre Vorauszahlung nicht aufbrauchen, erhalten Sie eine Vergütung. Wenn Sie die Summe überschreiten, muß ich Ihnen natürlich mehr berechnen.«
»Ich brauche die
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