Zwielicht in Cordoba
richten.«
Jetzt mußte selbst Helena seinen Standpunkt einsehen.
XX
Ich wollte Optatus erst besser kennenlernen, bevor ich irgendwelche heiklen politischen Dinge zur Sprache brachte, also gähnte ich herzhaft, und wir gingen zu Bett. Er hatte uns zwar von den örtlichen Streitigkeiten und Gaunereien erzählt, aber sowas gibt es überall. Mächtige Männer trampeln auf weniger mächtigen herum. Ehrliche Makler handeln sich die Feindseligkeit ihrer Nachbarn ein. Neuankömmlinge werden abgelehnt und als Freiwild betrachtet. Das Leben in der Stadt gilt als hektisch und gewalttätig, aber auf dem Land ist es noch schlimmer. Hinter jedem Busch schwären bösartige Fehden.
Am nächsten Tag überredete ich Optatus, mir das gesamte Gut zu zeigen. Als erstes inspizierten wir die Olivenbäume, die der Anlaß für den ganzen Ärger waren, wobei Nux ausgelassen um uns herumsprang, überzeugt davon, daß unser Spaziergang nur ihretwegen geschah. Bisher kannte sie nur die Straßen von Rom. Sie sauste herum, die Augen gegen den Wind zu Schlitzen verengt, und bellte die Wolken an.
Optatus erzählte mir, daß sich entlang des Baetis, vor allem in westlicher Richtung auf Hispalis zu, Landgüter und Höfe in allen Größen befanden – riesige Besitzungen, die von mächtigen und wohlhabenden Familien bewirtschaftet wurden, aber auch eine Reihe kleinerer Bauernhöfe, die entweder in Eigenbesitz oder verpachtet waren. Manche der riesigen Landgüter gehörten örtlichen Magnaten, andere römischen Investoren. Camillus Verus, der dauernd knapp bei Kasse war, hatte sich ein eher bescheidenes Anwesen gekauft.
Obwohl es klein war, besaß es doch Entwicklungspotential. Die niedrigen Hügel südlich des Baetis waren landwirtschaftlich so ertragreich wie die Berge im Norden reich an Kupfer und Silber.
Camillus war es gelungen, Land in guter Lage zu ergattern, und es war schon jetzt ersichtlich, daß sein neuer Pächter das Gut in Ordnung bringen würde.
Zuerst zeigte Optatus mir das große Silo, in dem Getreide unterirdisch auf Stroh gelagert wurde, und zwar unter Bedingungen, die es fünfzig Jahre lang haltbar machten. »Der Weizen ist ausgezeichnet, und der Boden hier eignet sich auch noch für andere Getreidearten.« Wir kamen an einem Spargelbeet vorbei; ich stach mir ein paar Stangen mit meinem Dolch. Falls Optatus staunte, daß ich genau wußte, wie man die besten aussucht, wie man vorsichtig die Erde aushebt, bevor man den Schnitt macht, und daß man einen Teil für erneutes Wachstum im Boden läßt, ließ er es sich nicht anmerken. »Es gibt ein paar Rebstöcke, um die man sich aber intensiver kümmern müßte. Dann haben wir Damaszener Pflaumen und Nüsse …«
»Mandeln?«
»Ja. Und dann noch die Olivenbäume, die in sehr schlechter Verfassung sind.«
»Was fehlt ihnen?« Wir standen unter den dichten Reihen, die in ost-westlicher Richtung verliefen, so daß die leichten Winde hindurchstreichen konnten. Für mich war ein Olivenhain nur ein Olivenhain, außer es hüpfte eine ganze Riege leichtbekleideter Nymphen hindurch.
»Sie sind zu hoch.« Manche waren zweimal so groß wie ich, einige sogar noch mehr. »Wenn man sie läßt, werden sie bis zu vierzig Fuß hoch, aber wer will das schon? Als Maßstab geht man davon aus, daß sie nicht höher als der größte Ochse werden sollten, damit man sie leicht abernten kann.«
»Ich dachte, Oliven würden vom Baum geschüttelt, indem man mit Stöcken gegen die Äste schlägt? Und die Früchte dann in Netzen auffängt?«
»Das taugt nichts«, widersprach Optatus ungeduldig. »Stöcke können die zarten Äste beschädigen, an denen die Oliven hängen. Beim Herabfallen können sie gequetscht werden. Die Oliven per Hand zu pflücken ist das Beste. Das bedeutet, man muß jeden Baum in Etappen abernten, immer dann, wenn genau der richtige Reifegrad erreicht ist.«
»Grüne oder schwarze? Welche eignen sich am besten fürs Pressen?«
»Kommt auf die Sorte an. Pausia gibt das beste Öl, aber nur, solange die Frucht noch grün ist. Regia gibt das beste aus den schwarzen.«
Er zeigte mir, wo er eigenhändig die Erde abtrug, um die Wurzeln bloßzulegen und neue Schößlinge zu kappen. Gleichzeitig wurden die obersten Äste stark zurückgeschnitten, damit die Bäume gut erreichbar waren.
»Wird diese unsanfte Behandlung ihnen nicht schaden?«
»Olivenbäume sind zäh, Falco. Ein entwurzelter Baum wird erneut sprießen, solange nur ein kleiner Teil der Wurzeln noch in der Erde
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