Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
unsere Arbeiter ausgeliehen, um unserem Pachtherrn bei der Ernte zu helfen, und seine Arbeiter kamen zu uns, wenn wir soweit waren. Also waren meine eigenen Leute dabei, als die Camillus-Ernte gepreßt wurde. Sie erzählten mir von dem Betrug.«
    »Hat das mit dem Verlust Ihres eigenen Hofes zu tun?« warf Helena plötzlich ein.
    Marius Optatus stellte seinen Weinbecher auf einen Schemel, als wolle er sich nicht von dem Getränk zu irgendwelchen Äußerungen verleiten lassen – und auch nicht von dem Angebot unserer Freundschaft, wenn ich das richtig sah. »Es gab zwei Gründe, warum man mich aufforderte zu gehen. Zum ersten war ich nur Pächter, wie meine Familie es seit vielen Jahrzehnten gewesen ist.«
    »Das war bestimmt ein herber Verlust«, murmelte Helena.
    »Es war mein Zuhause«, sagte er brüsk. »Ich habe meine Mutter vor einigen Jahren verloren. Dann starb mein Vater. Der Pachtherr nahm das als Vorwand, unsere Vereinbarung zu ändern. Er wollte das Land wieder selbst bewirtschaften und weigerte sich, einen neuen Pachtvertrag mit mir abzuschließen.« Optatus mußte schwer um seine Beherrschung kämpfen. »Der zweite Grund war natürlich meine Illoyalität.«
    »Als Sie Aelianus mitteilten, daß sein Vater betrogen worden sei?« Das hatte ihm sicher bei niemandem Pluspunkte eingebracht. Optatus hatte sich für den Außenseiter entschieden, nicht die örtliche Gemeinschaft. Eine verhängnisvolle Entscheidung, gleich wo man lebt.
    »Die Leute hatten gehofft, sie könnten sich an Camillus bereichern.«
    »Einen Ausländer zu betrügen ist immer ein hübsches Spiel«, sagte ich.
    »Und wie hat Ihr ehemaliger Pachtherr Sie ausmanövriert?« wollte Helena wissen.
    »Zu meinem Pech wurde ich krank. Ich hatte Gehirnfieber. Normalerweise hätte ich sterben müssen.« Ein tiefes Unglück verbarg sich hinter dieser Geschichte. Ich hatte das Gefühl, daß er das Schlimmste verschwieg. »Lange Zeit war ich so schwach, daß ich nicht arbeiten konnte. Dann wurde ich unter dem Vorwand von meinem Land gewiesen, ich hätte es vollkommen vernachlässigt. Ich sei ein schlechter Pächter.«
    »Eine sehr schroffe Entscheidung!«
    »Damit hatte ich gewiß nicht gerechnet. Ich stehe zu dem, was ich getan habe – und wäre ich nicht krank gewesen, hätte ich mich dagegen gewehrt. Aber jetzt ist es zu spät.«
    »Hat sich denn niemand für Sie eingesetzt?« brauste Helena auf.
    »Keiner meiner Nachbarn wollte in die Sache verwickelt werden. In ihren Augen war ich zu einem Unruhestifter geworden.«
    Helena war wütend. »Bestimmt wußte doch jeder, daß Sie alles in Ordnung bringen würden, sobald Sie wieder gesund waren?«
    »Jeder, der es wissen wollte «, sagte ich. »Aber kein Pachtherr, der darauf erpicht war, das Pachtverhältnis zu beenden. Und außerdem ist es in solchen Situationen manchmal besser, hinzunehmen, daß es kein Wohlwollen mehr gibt.« Optatus nickte zustimmend. Ihm war anzusehen, daß er nicht mehr über das Thema reden wollte.
    Doch Helena war noch zu wütend. »Nein, es ist abartig! Selbst in diesem späten Stadium sollten Sie Ihren Pachtherrn vor die örtliche Ratsversammlung bringen und Ihre Wiedereinsetzung in den Pachtvertrag verlangen.«
    »Mein ehemaliger Pachtherr«, erwiderte Optatus langsam, »ist ein äußerst mächtiger Mann.«
    »Aber solche Streitigkeiten können vor den Provinzstatthalter gebracht werden.« Helena, mit ihrer tiefsitzenden Abscheu vor Ungerechtigkeit, war nicht bereit nachzugeben.
    »Oder vor den Quästor, wenn er als Vertreter des Prokonsuls im örtlichen Gericht erscheint«, fügte Optatus hinzu. Seine Stimme klang gepreßt. »In Corduba wird es meist so gehandhabt. Der Quästor erspart seinem Prokonsul die Aufgabe, Gesuche anzuhören.«
    Als mir einfiel, daß der neue Quästor Quinctius Quadratus war, der Sohn jenes Senators, der mir in Rom schon unangenehm aufgefallen war, verlor ich mein Vertrauen in die örtliche Gerichtsbarkeit. »Der Quästor mag zwar jung sein, aber er ist ein designierter Senator«, gab ich trotzdem zu bedenken. Nicht, daß mir designierte Senatoren je Ehrfurcht eingejagt hätten. Aber ich war ein Römer im Ausland und hatte das System zu verteidigen. »Wenn er den Statthalter vertritt, sollte er seine Aufgabe ordentlich machen.«
    »Oh, ich bin sicher, daß er das tun würde!« höhnte Optatus. »Vielleicht sollte ich jedoch erwähnen, daß mein vorheriger Pachtherr Quinctius Attractus heißt. Ich müßte mein Gesuch also an seinen Sohn

Weitere Kostenlose Bücher