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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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anständigen Touristen begaben wir uns als erstes zum Forum. Es befand sich im nördlichen Sektor der Stadt. Als wir uns nach dem Weg erkundigten, erfuhr ich, daß der Palast des Statthalters am anderen Ende in der Nähe des Flusses lag. Abgelenkt durch mein Geplauder mit Helena hatte ich ihn nicht bemerkt, als wir daran vorbeifuhren. Helena und Marmarides, die sich gerne die Sehenswürdigkeiten ansehen wollten, gingen allein los. Helena hatte einen von ihrem Bruder zurückgelassenen Stadtplan mitgebracht. Sie würde mir alles Sehenswerte später zeigen.
    Ich war verpflichtet, dem Prokonsul meine Aufwartung zu machen. Die sonnendurchflutete Provinz Baetica besaß vier Gerichtsbezirke – Corduba, Hispalis, Astigi und Gades. Daher standen meine Chancen vier zu eins, den Statthalter zu Hause vorzufinden. Da die Parzen sich ein Spiel daraus machen, mich mit Enttäuschungen zu überhäufen, erwartete ich das Schlimmste. Aber als ich im Palast des Prokonsuls vorsprach, war er da. Welch angenehme Überraschung! Das hieß jedoch nicht, daß ich so ohne weiteres zu dem mächtigen Mann vorgelassen würde.
    Ich schloß eine Wette mit mir ab, wie rasch ich ein offizielles Gespräch würde deichseln können. Bei meinem Vorgehen war Fingerspitzengefühl geboten, da Geheimhaltung nötig war. Eine simple Bitte um eine Audienz brachte nichts. Als ich das würdevolle Siegel von Claudius Laeta, Leiter der amtlichen Korrespondenz des Kaisers, vorwies, zeigten die Bürohengste, die seinen Namen auf Tausende langweiliger Kommuniqués geschrieben haben mußten, nur mildes Interesse. Einer der Burschen sagte, er würde sehen, was er tun könne, und verschwand dann im Flur, um mit einem Freund über das gestrige Besäufnis zu quatschen. Ich setzte die düstere Miene eines Rechnungsprüfers auf, der die Aufgabe hat, überflüssige Angestellte zu eliminieren. Zwei andere lässige Burschen steckten die Köpfe zusammen und überlegten, was sie heute zum Mittagessen bestellen sollten.
    Mir blieb nur noch eines übrig: unsaubere Tricks.
    Ich lehnte mich an einen Beistelltisch und putzte mir die Fingernägel mit dem Dolch. »Lassen Sie sich nur Zeit«, lächelte ich. »Wahrscheinlich interessiert es den Prokonsul ja nicht sonderlich, daß sein Urgroßvater endlich gestorben ist. Aber ich habe nun mal die leidige Aufgabe, ihm zu erklären, warum der alte Miesepeter sein Testament geändert hat, und ich weiß einfach nicht, wie ich das machen soll, ohne eine gewisse kleine illyrische Maniküre zu erwähnen. Wenn ich nicht aufpasse, kommt am Ende auch noch zur Sprache, warum die Frau Seiner Hochwohlgeboren nicht wie angewiesen aufs Land gefahren ist, und dann käme ihr kleines Dingeldongel mit dem Wagenlenker ans Licht. Jupiter weiß, daß sie Stillschweigen hätten bewahren sollen, aber natürlich mußte ihr Arzt reden, und wer kann es ihm verdenken, wenn man erfährt, wo die Ersatzepauletten des Prokonsuls angenäht waren …« Im Türrahmen erschienen die Köpfe des Tintenklecksers und seines Freundes aus dem Flur, die mich genau wie die anderen mit offenem Mund glubschäugig anstarrten. Ich strahlte sie an. »Besser, ich halte jetzt die Klappe, obwohl es bereits im ganzen Senat die Runde macht. Aber Sie haben es zuerst von mir gehört! Denken Sie daran, wenn die Trinkerei losgeht …«
    Ich log natürlich. Mit Schreibern trinke ich nie.
    Der aus dem Flur sauste los, kam atemlos wieder angeschossen und schob mich regelrecht zu seinem Dienstherrn. Der Prokonsul schaute etwas überrascht, aber er wußte ja auch noch nicht, daß er eine Berühmtheit geworden war. Seine loyalen Schriftrollenschubser würden wie eine Traube vor der Tür zusammenströmen und Weinbecher gegen die lackierten Paneele drücken in der Hoffnung, noch mehr zu belauschen. Da die fragliche Person unter einem Purpurbaldachin auf einem Podium am anderen Ende des Raumes saß, der die Länge eines Wettkampfstadions hatte, würde unser prosaisches Gespräch über Handelsangelegenheiten nicht bis zu den heißen Ohren der Klatschmäuler dringen. Im Raum befanden sich aber immer noch ein paar Schreiber und Becherträger, die dem mächtigen Mann aufwarteten. Ich fragte mich, wie ich sie loswerden konnte.
    Der Prokonsul von Baetica war typisch für Vespasians Neueinstellungen: er sah aus wie ein Schweinezüchter. Sein gebräuntes Gesicht und die häßlichen Beine hatten bestimmt nicht dagegen gesprochen, ihn hier zwischen der staubigen Ansammlung zeremonieller Ruten und Äxte und unter

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