Zwielicht in Cordoba
Provinz, daher hatte seine Rolle Vorrang. Nur so konnte er seine guten Beziehungen mit der einheimischen Bevölkerung aufrechterhalten.
Ich beschrieb die Überfälle auf Anacrites und Valentinus. Der Prokonsul zeigte höfliches Bedauern für den Oberspion und Gleichgültigkeit für das Schicksal eines unbekannten Untergebenen. Er bestritt, irgendwelche Tänzerinnen aus Hispalis zu kennen und wirkte verärgert, daß ich die Frage überhaupt stellte. Doch er wies mich darauf hin, daß die Ädilen in ihrer Heimatstadt die mörderische Diana vielleicht auf ihrer Liste lizensierter Unterhaltungskünstler hatten. Um das herauszufinden, würde ich nach Hispalis reisen müssen.
Er sagte mir, ich dürfe mit seiner vollen Unterstützung rechnen – obwohl er mir wegen der vom Kaiser angeordneten Ausgabenreduzierung in den Provinzen keine Geldmittel zur Verfügung stellen könne. Das traf mich nicht unerwartet. Zum Glück bezahle ich für mein eigenes Sohlenleder, und notwendige Bestechungsgelder konnte ich mir von Laeta zurückgeben lassen.
Ich bat ihn um eine Einschätzung der örtlichen Lokalgrößen. Der Prokonsul sagte, ich sei der Experte, und ich solle mir mein Urteil selbst bilden. Ich folgerte, daß er häufig zumindest bei den Oberschichts-Verdächtigen zu Gast war.
»Offensichtlich ist der Export von Olivenöl ein wichtiger Handelszweig, den Rom absichern will.« Und genauso offensichtlich sah der Prokonsul seine Aufgabe darin, nichts Verfängliches preiszugeben. Aber ich verbiß mir vorläufig jeden Kommentar dazu. »Falls es tatsächlich den Versuch gibt, die Preise ungünstig zu beeinflussen, Falco, müßten wir ihn sofort im Keim ersticken. Die Konsequenzen für den Heimatmarkt, die Armee und die provinziellen Absatzmärkte wären verheerend. Ich möchte jedoch die Empfindsamkeiten der Einheimischen keinesfalls verletzen. Sie müssen tun, was Sie für nötig halten, aber wenn es zu irgendwelchen Beschwerden kommt, fliegen Sie schneller aus der Provinz raus, als Sie Luft holen können.«
»Ich danke Ihnen, Prokonsul.«
»Ist das alles?«
»Nur noch eine Kleinigkeit, Prokonsul.« Ich hatte mir angewöhnt, Leute wie ihn ein paar Mal mit ihrem Titel anzusprechen. Die Gerissenen fallen nie darauf rein. »Sie hatten vor kurzem einen Briefwechsel mit Anacrites, aber er ist dank seines geheimen Ablagesystems nicht auffindbar. Ich hätte gern die Erlaubnis, die hier verbliebenen Dokumente einzusehen.«
»Es ging um finanzielle Dinge. Mein Quästor war der offizielle Kontaktmann.«
»Dabei handelte es sich um Cornelius, der inzwischen seine Karriere anderswo verfolgt – hat er mit Ihnen über die Sache gesprochen?«
»Nur ganz generell.« Ich bekam den Eindruck, daß es in dem Brief nur um einen von den vielen Punkten auf ihrer Tagesordnung ging und daß der Prokonsul sich nicht an die einzelnen Fakten erinnern konnte. Aber dann schien er seine Meinung zu ändern. »Sind Sie der Agent, den Anacrites uns angekündigt hat?« Das war eine Entwicklung, die ich nicht vorausgesehen hatte.
»Nein. Laeta hat sich an mich gewandt, nachdem Anacrites außer Gefecht gesetzt worden war. Valentinus, der Mann, der in Rom ermordet wurde, scheint mir der Wahrscheinlichste für diesen Auftrag des Oberspions. Ich nehme an, daß niemand sonst aufgetaucht ist?«
»Niemand hat Kontakt aufgenommen.«
»Dann können wir davon ausgehen, daß ich diesen Auftrag jetzt ausführe.«
Der Prokonsul entschloß sich, offen mit mir zu sein. »Nun gut, um Sie ins Bild zu setzen: Anacrites wollte wissen, ob der Olivenölmarkt stabil sei. Ich bin lange genug im Geschäft, um daraus zu schließen, daß er den Verdacht hatte, dem sei nicht so. Sonst hätte er kein Interesse daran gezeigt. Ich wies Cornelius an, die Situation sofort zu überprüfen.«
»Konnte man ihm trauen?«
»Cornelius war zuverlässig.« Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, fuhr aber statt dessen fort: »Offenbar herrschte eine gewisse Rastlosigkeit unter den Geschäftsleuten, die Art von Stimmung, die schwer zu definieren und noch schwerer zu packen ist. Ich war beunruhigt. Wir übermittelten einen Bericht. Die Antwort darauf war, daß sofort ein Agent hergeschickt werden würde.« Ich fragte mich, ob Anacrites damals nach dem Festessen den Palast verlassen hatte, um sich mit Valentinus zu treffen und ihm Anweisungen für die Reise nach Corduba zu geben.
»Vielen Dank. Damit wäre das geklärt, Prokonsul. Nach allem, was ich gehört habe, werden Sie Cornelius
Weitere Kostenlose Bücher