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Zwielicht in Cordoba

Titel: Zwielicht in Cordoba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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für Brutstätten von Familienfehden und faszinierenden Eifersuchtsdramen hielt. Gut, die Provinzler hatten zweifellos ihren Spaß, aber das Geldverdienen stand im Vordergrund. Andererseits, wenn im Laufe meiner Ermittlungen jegliche starken Gefühle geleugnet wurden, fand man normalerweise kurz darauf Leichen mit Messern im Rücken.
    Wir hatten die Villa Rustika erreicht. Ich hörte Nux bellen, wahrscheinlich aus Protest, weil Helena sie eingesperrt hatte. Bevor Optatus der Schmerz über sein entwurzeltes Bäumchen wieder einfiel, zog ich mich lieber eilends zurück.

XXII
    Corduba liegt am Nordufer des Flusses Baetis, mit einem weiten Blick über eine fruchtbare, landwirtschaftlich genutzte Ebene. Marmarides fuhr Helena und mich am nächsten Tag dorthin. Wo das schiffbare Wasser sich zu sumpfigen Tümpeln und Kanälen verengte, überquerten wir es auf einer steinernen Brücke, von der allgemein behauptet wurde, sie würde eine von Julius Cäsar erbaute ersetzen. Selbst im April hätte man den Fluß an dieser Stelle auch ohne weiteres zu Fuß durchqueren können.
    Corduba war iberischen Ursprungs, wurde dann aber eine römische Stadtgründung von Marcellus, dem ersten römischen Statthalter in Spanien. Später hatten sowohl Cäsar als auch Augustus den Ort zur Veteranenkolonie gemacht, also wurde hier allgemein Latein gesprochen, und aus diesen ersten Anfängen rührte wohl auch die Blasiertheit her, die Optatus mir beschrieben hatte. Hier gab es Menschen mit allen Arten von Stammbäumen.
    Selbst während der Kolonisierungszeit war es hier turbulent zugegangen. Das iberische Festland war vor dreihundert Jahren von Rom überfallen worden – doch es hatte uns zweihundertfünfzig Jahre gekostet, es ganz und gar zu dem unseren zu machen. Die zahllosen, untereinander zerstrittenen Stämme hatten genug Ärger verursacht, aber Spanien war darüber hinaus die Aufmarschroute der Karthager. Später wurde es jedesmal, wenn prominente Männer in Rom uns in den Bürgerkrieg trieben, zu einem beliebten Zankapfel für Rivalen. Corduba hatte immer wieder Belagerungen aushalten müssen. Trotzdem verfügte die Stadt im Gegensatz zu den meisten großen Provinzzentren, die ich besucht hatte, vor allem an den Grenzen des Reiches, über kein permanentes Militärlager.
    Baetica, die Provinz mit den meisten natürlichen Ressourcen, hatte sich lange vor dem unzugänglicheren Landesinneren nach Frieden gesehnt – und nach der Möglichkeit, seine Reichtümer auszubeuten. Zu Hause auf dem Forum Romanum stand eine goldene Statue von Augustus, errichtet von wohlhabenden Einwohnern Baeticas aus Dankbarkeit dafür, daß er ihnen endlich ein friedliches Leben gebracht hatte. Wie friedlich es wirklich war, würde ich noch zu prüfen haben.
    Wir passierten ein kleines Wachhaus und überquerten die Brücke. Dahinter lagen die dicken Stadtmauern, ein gewaltiges Stadttor und die für diese Gegend typischen Häuser mit Lehmziegelfundamenten und Holzwänden. Später fand ich heraus, daß die Stadt über eine tüchtige Feuerwehr verfügte, um mit den Bränden fertig zu werden, die in eng bebauten Städten, in denen Lampenöl billig zu haben ist, an der Tagesordnung waren. Es gab auch ein Amphitheater, wo laut der vielen Plakate einiges los zu sein schien; diverse bluthungrig klingende Gladiatoren erfreuten sich großer Beliebtheit. Aquädukte führten Wasser von den Bergen im Norden der Stadt heran.
    Corduba besaß eine gemischte, kosmopolitische Bevölkerung, aber als wir uns den Weg durch die gewundenen Straßen zum Verwaltungszentrum bahnten, merkten wir, daß es innerhalb dieser Mischung strikte Trennungen gab – römische und spanische Bezirke wurden durch eine von West nach Ost verlaufende Mauer sauber geteilt. Bezeichnungen auf Wandplatten unterstrichen diese Teilung. Ich stand auf dem Forum, das als römisch ausgewiesen war, und dachte, wie seltsam eine solche strikte Trennung in Rom selbst wirken würde, wo Menschen aller Klassen und Herkunft bunt durcheinander gewürfelt sind. Die Reichen mögen zwar versuchen, sich in ihren Villen abseits zu halten, aber wenn sie irgendwo hin wollen – und um in Rom etwas zu gelten, muß man sich sehen lassen –, müssen sie sich damit abfinden, von der knoblauchessenden Menge angerempelt zu werden.
    Ich konnte mir gut vorstellen, daß die schicken römischen Administratoren und die reservierten, in sich gekehrten Baeticaner bald in einem völlig übereinstimmen würden: mich abzulehnen.
     
    Wie alle

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